
Kunst ist immer umstritten: Ist sie gut? Ist sie schlecht? Wenn es um Kunst im öffentlichen Raum geht, umso mehr. „Ist das Kunst oder kann das weg?“ ist ein geflügeltes Wort, das auf Werke des Künstlers Joseph Beuys zurückgeführt wird. In Castrop-Rauxel diskutiert man seit Wochen über diese Frage, schon bevor überhaupt ein Kunstwerk errichtet wurde. Es geht um ein geplantes Europakunstwerk, das die Stadt nichts kosten wird. Aber das offenbar wenig Interesse und auch recht viel Ablehnung erfährt.
In der Politik bekam das Projekt vor einigen Wochen Zustimmung, als die Politik einstimmig beschloss, die fünf Vorschläge zur Abstimmung zu stellen. Daraufhin stimmten einige Menschen ab, allerdings trotz wochenlanger Abstimmungsphase, die über viele Kanäle bekannt gemacht wurde, nur wenige. Darum geht es vor der nächsten Sitzungsperiode, die in dieser Woche im Betriebsausschuss 1 (19.4.) auch das Europakunstwerk zum Thema hat.
Als durchaus prominenter Kritiker hat sich nun Nils Bettinger (FDP) öffentlich positioniert: „Ich finde, man muss auch mal nein sagen dürfen“, schreibt der Fraktions- und Stadtverbandsvorsitzende, der Mr. FDP in Castrop-Rauxel, in einem langen Facebook-Beitrag. #casloveseu als elf Betonklötze mit einer Höhe von 45 cm, die bis Herbst am Hallenbad aufgestellt werden sollen und 14.000 Euro kosten: So fasst er den Plan zusammen.
Bei Abstimmung leicht im Plus
Doch er kritisiert, dass das Desinteresse oder ein negatives Stimmenbild eindeutig sei: „Vier von fünf Vorschlägen kommen auf ein negatives Ergebnis zwischen minus 23 und minus 30 Stimmen“, fasst Bettinger zusammen. Nur der Siegervorschlag habe bei 72 abgegebenen Stimmen in der Bilanz ein Plus von 10 Stimmen. „Wir haben etwa 76.000 Einwohner in unserer Stadt, und 41 davon haben in einer über Wochen laufenden und viel beworbenen Abstimmung positiv für den Gewinnervorschlag abgestimmt.“
Er findet, und bekommt dafür in Kommentaren bei Facebook reichlich Bestätigung: „Wir müssen uns fragen: Warum haben so wenige Bürger abgestimmt, obwohl die Werbetrommel massiv dafür gerührt wurde?“ Kommentare, die er eingefangen habe, seien fast alle in die Richtung „braucht kein Mensch / wir haben andere Sorgen“ gegangen.
Berechtigt sei die Frage, warum man etwas ablehnen solle, was man nicht selbst bezahlen muss. „Nun, weil man vielleicht in Zeiten, in denen man große Sorgen hat, auch einfach mal sagen darf: ‚Nicht jetzt! Ich habe andere Sorgen.‘ Vielleicht passt eine solche Spende gerade nicht in die Zeit.“
Man könne auch sagen: „Gerade jetzt muss man ein Zeichen für Europa setzen“. Aber die Stadt feiere „Europastadt“ ja nun schon seit einem Jahr. „Vielleicht ist es für den Moment genug. Vielleicht ist jetzt der Zeitpunkt für ein bisschen Demut und Innehalten.“ Er lese aus der Abstimmung, dass die Castrop-Rauxeler gerade keinen Kopf für dieses Symbol hätten. „Ein Projektvorschlag, der nicht einmal so viele Stimmen auf sich vereinen kann, wie wir Sitze im Rat haben, sollte vielleicht einfach nicht gebaut werden.“

Vielleicht in fünf Jahren?
Einige seiner Follower bei Facebook pflichten ihm bei. Auch der „Claim“, dass Castrop-Rauxel die Europäische Union liebe, wird dabei von einem weiteren Kritiker angezweifelt. Bettinger schließt mit einem konstruktiven Vorschlag: „Vielleicht bietet es sich ja zum 65-jährigen Jubiläum wieder an? Das fände ich angemessen. Man muss auch mal akzeptieren, dass etwas nicht gewollt ist.“
Der favorisierte Aufstellungsort ist hinterm Parkplatz am Hallenbad eingangs der Hallenbadwiese, die zum Spiel-, Sport- und Bewegungspark umgebaut wird. #casloveseu soll — Stand jetzt – von der JVA Meisenhof (auf-)gebaut werden. Am Mittwoch (19.4., 17 Uhr, Sitzungsraum 3 im Rathaus, öffentlich) wird im B1 referiert, möglicherweise auch noch mal diskutiert.