Ein Jahr nach Umzug ins Kreuzviertel Brotzimmer: „Wäre sonst unser Todesstoß gewesen“

Majid und Seyed Aghamiri betreiben das „Brotzimmer“ am Rande des Dortmunder Kreuzviertels.
Die Brüder Majid (links) und Seyed Aghamiri betreiben gemeinsam das „Brotzimmer“ am Rande des Kreuzviertels. © Julia Segantini
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Irgendwann war das Maß voll und die beiden Brüder Majid und Seyed Aghamiri packten ihre Siebensachen und zogen mitsamt Brot und Bratlingen ins Kreuzviertel. Ursprünglich hatten sie ihren Laden mit belegten Stullen an der Kreuzung Rheinlanddamm/Märkische Straße, bekannt als Ophoff-Kreuzung, in Dortmund eröffnet. Mehrere Faktoren bewegten die Gastronomen zum Umzug – rückblickend eine gute Entscheidung. An der Hohen Straße läuft das Geschäft gut – auch, wenn der Standort einen entscheidenden Nachteil hat.

Stulle im Brotzimmer an der Hohen Straße in Dortmund
Focaccia mit Hülsen-Bartling, verschiedenem Gemüse und Granatapfelkernen – der Renner unter Vegetariern und Veganern.© Julia Segantini

Von Baustelle und Vermieter vertrieben

Seit Anfang 2022 schmiert Majid montags bis freitags eine Stulle nach der anderen. Zunächst eröffneten die Brüder ihren Laden am Rheinlanddamm. Doch dann begannen die Probleme. Zwar habe es genug Kunden gegeben, so Chef Seyed. Doch im Mai 2022 starteten umfassende Umbauarbeiten für die Sanierung der Brückenplatte, durch die eine Fahrspur auf der B1 lange gesperrt wurde.

Die Folge: lange Staus und eine riesige Baustelle vor der Haustür. Damals sprachen die Brüder von Umsatzeinbußen von bis zu 80 Prozent. Zwar fand das Duo kreative Lösungen, um die Verluste abzumildern. Doch später kam die nächste Schwierigkeit auf Aghamiris zu: Der Vermieter erhöhte drastisch die Miete. Damit stand die Entscheidung fest: Das „Brotzimmer“ muss umziehen, „das wäre sonst unser Todesstoß gewesen.“

Umzug ins Kreuzviertel

Also kam das Café-Bistro im Mai 2024 an die Hohe Straße 59a. Der Vorteil: viel Laufkundschaft, vor allem aus dem belebten Kreuzviertel. Trotzdem hat der neue Standort ein Manko. Einen Parkplatz direkt vor der Tür zu finden, ist nämlich quasi unmöglich. „Ich fahre selbst sechs, siebenmal im Kreis, bis ich einen Platz finde“, beschwert sich Seyed.

Er ist davon überzeugt, dass das „Brotzimmer“ weitaus mehr Gäste hätte, wenn es mehr Parkplätze gäbe. „Es haben schon Leute angerufen und gesagt, dass sie doch nicht kommen, weil sie keinen Parkplatz gefunden haben“, ärgert er sich. Manchmal würden die Leute nur kurz am Straßenrand anhalten und er reiche ihnen die Stulle schnell durchs Autofenster, „fast wie in einem Drive-In.“

Immer mehr Dortmunder würden den kleinen Laden für sich entdecken. Aghamiris bekommen viele Catering-Aufträge von Unternehmen. Menschen aus anderen Städten würden extra einen Umweg fahren, um hier vorbeizukommen.

Darum lieben die Kunden das „Brotzimmer“

Das Konzept des „Brotzimmers“ ist so einfach wie genial: Auf der Speisekarte stehen nicht einfach nur belegte Brote. Das Produkt ist in Dortmund einzigartig. Ein Brot mit selbsteingelegtem Roastbeef und hausgemachter Trüffelcreme, dazu Pinienkerne, Parmesan und Rucola – das kann man sich nicht mal eben zu Hause nachmachen.

Die Stulle wird entweder vor Ort auf einem Holzbrett serviert oder praktisch zum Mitnehmen eingepackt. Als Grundlage stehen Focaccia, Ciabatta oder verschiedene Brotsorten zur Auswahl. Die Devise: frisch, gesund und mit dem gewissen Etwas. Das Konzept habe von Anfang an Anklang gefunden, so Seyed. „Man bekommt eine komplette kleine Mahlzeit mit guten Zutaten auf die Hand“, erklärt der Chef den Erfolg.

„Brotzimmer“ würde gern expandieren

Daran sei maßgeblich sein Bruder, ebenfalls Chef im Laden, beteiligt. Der gelernte Koch ist außerdem Künstler „und das merkt man den Stullen an“, sagt Seyed über die stets akkurat angerichteten Stullen. Beliebt ist nicht nur das New York Pastrami mit hausgemachtem Chilli-Dip, pfeffrigen Pastrami, Krautsalat, sauren Gürkchen und geschmolzener Käse.

Sondern auch die Veggie-Variante mit verschiedenen Bohnen, Kichererbsen, Krautsalat, Tomate, Gurke und pikantem Frischkäse (gibt‘s auch vegan). „Mein Bruder ist da total detailverliebt“, sagt Seyed. „Er ist ein genialer Koch, das sagen alle in der Familie. Sein Pesto für das Tomaten-Mozzarella-Brot probiert er zig Mal, bis er endlich zufrieden ist.“

Brotzimmer an der Hohen Straße in Dortmund
Die meisten Kunden holen ihre Stullen zum Mitnehmen. Im „Brotzimmer“ gibt es nur wenige Sitzplätze.© Julia Segantini

Amüsiert erzählt er von „etwas anstrengenden“ Einkaufstouren, bei denen Majid gefühlt jede Tomate begutachtet, um ja die schönste in den Einkaufskorb zu legen. Die Zutaten kaufen die Brüder teilweise auf dem Wochenmarkt. Vieles lassen sie sich von Dortmunder Produzenten liefern. Gemüse und Fleisch kommt zum Großteil von Niggemann. Die verschiedenen Brote bekommt das Café von Bäckermeister Uhlenbruch aus Dorstfeld.

Die Zutaten aus Dortmund zu beziehen, sei den beiden Ur-Dortmundern aus Körne wichtig. Deswegen hätten sie Angebote, nach Essen, Hamburg oder Düsseldorf zu ziehen, ausgeschlagen. „Das ist uns zu weit weg“, so Seyed, „wir sind Dortmunder.“ Trotzdem hätten Aghamiris Lust, zu expandieren. Hin und wieder schauen die beiden nach einer Möglichkeit für einen zweiten Laden und hoffen gleichzeitig, dass jemand mit einem guten Angebot um die Ecke kommt.

Dieser Artikel erschien ursprünglich am 22. Januar 2025.

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