Schornsteinfeger im Ruhestand – mit Video Hertener Glücksbringer hatte auch mal selbst riesiges Glück

Der scheidende Langenbochumer Bezirksschornsteinfegermeister Martin Marzalla (l.) übergibt symbolisch den Besen an seinen Nachfolger Kalle Hessefort.
Der scheidende Langenbochumer Bezirksschornsteinfegermeister Martin Marzalla (l.) übergibt symbolisch den Besen an seinen Nachfolger Kalle Hessefort. © Frank Bergmannshoff
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Parallel zum Beruf war er immer wieder auch ehrenamtlich aktiv: zunächst im Zentralverband Deutscher Schornsteinfeger (gewerkschaftlicher Verband), später als Löschzugführer des Löschzugs Scherlebeck und stellvertretender Hertener Stadtbrandmeister, außerdem als Vorsitzender der Langenbochumer Werbegemeinschaft.

Von heute an ist Schluss mit Rauch und Ruß. „Die 49 Berufsjahre erlauben es mir, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen“, erklärt Martin Marzalla. Gemeinsam mit Ehefrau Elke und Jack-Russell-Terrier „Michel“ nimmt der 63-Jährige jetzt wortwörtlich Kurs auf entspanntere Zeiten. Mit dem Segelboot über das IJssselmeer zu schippern, gehört ebenso dazu wie mehr Zeit für die Hunderunde und nicht zuletzt Urlaube in Schweden. Dem Lausbuben Michel aus Lönneberga aus den Astrid-Lindgren-Geschichten verdankt der ebenfalls vorwitzige Familienhund übrigens seinen Namen.

Schornsteinfeger sorgen nicht nur für Sicherheit rund um Ofen, Kamin und Heizungsanlage. Sie gelten gemeinhin auch als Glücksbringer, manchmal sogar als Zuhörer und vertrauensvolle Seelentröster für ältere Menschen.

Ein Geldfund und ein gefährlicher Sturz durchs Dach

Tatsächlich hat Martin Marzalla sowohl Glück gebracht als auch selbst Glück gehabt. Der Fund eines dicken Geldbündels hinter einer Kaminklappe vor einigen Jahren ist ihm in Erinnerung geblieben: „Der Besitzer hatte das Geld vor langer Zeit versteckt, dann aber irgendwann den Ort vergessen und war überglücklich, es wiederzuhaben.“

Riesen Glück im Unglück hatte Martin Marzalla bei einem Arbeitsunfall: „Ich war noch Geselle. Eine Schreinerei in Westerholt war am Freitagmittag das letzte Haus. Ich wollte gerade den Dachhaken greifen, da brachen unter mir die Dachpfannen und ich stürzte in die Werkhalle – zum Glück nicht in die Sägen und die anderen Maschinen. In die Halle war eine kleine Meister-Bude eingebaut, auf deren Dach ich aufschlug. Es hätte schlimmer kommen können.“

Zum Abschied in den Ruhestand hatte Martin Marzalla jetzt Arbeitskollegen und Freunde auf die Dachterrasse seiner Wohnung hoch über den Dächern des Langenbochumer Mühlenviertels eingeladen. Von dort schaut er dorthin, wo für ihn beruflich alles begonnen hat: In Marl ging Marzalla 1972 in die Lehre, arbeitete später als Geselle in Brassert, Wulfen, Dorsten und Westerholt. „Meinen ersten eigenen Bezirk erhielt ich 1991 – in Gelsenkirchen“, blickt er zurück und schmunzelt. Er sei dort für viele Hochhäuser zuständig gewesen, verbunden mit viel Rennerei. „Als ich 1995 die Möglichkeit bekam, einen Bezirk im beschaulichen Herten zu übernehmen, habe ich das gerne angenommen“, sagt Martin Marzalla.

Von Marl aus zogen er und seine Frau mittenrein in den neuen Wirkungskreis: ins Mühlenviertel mit rund 2500 Gebäuden zwischen dem Ostring an der Grenze zu Westerholt und der Scherlebecker Straße.

CO-Messung per Schüttelflasche – das ist längst vorbei

„Ich habe meinen Beruf wirklich gerne ausgeübt – ich würde es immer wieder so machen“, berichtet Martin Marzalla. „Die handwerkliche Arbeit draußen hat mir immer am meisten Spaß gemacht“, erzählt er und bedauert, dass die Bürokratie im Laufe der Zeit immer mehr Zeit in Anspruch genommen habe. Auch sonst habe sich das Berufsbild sehr gewandelt. Marzalla: „Die Zeiten, wo man nur mit Kehrbesen und Rußsack unterwegs war und den CO-Gehalt mit der Schüttelflasche gemessen hat, sind längst vorbei. Heute gibt’s Messgeräte mit Bluetooth-Verbindung.“ Auch neue Aufgaben seien hinzugekommen, zum Beispiel die unabhängige, produktneutrale Gebäudeenergieberatung.

Kalle Hessefort freut sich auf die Abwechslung in Herten

Da knüpft Kalle Hessefort am heutigen 1. Juni mit einem neuen Team nahtlos an. Der 40-jährige Borkener hat den Bezirk als Nachfolger übertragen bekommen und erhält von Martin Marzalla den gesamten Datenbestand. Nach der Ausbildung ab 2002 in Borken war Hessefort 16 Jahre lang als Geselle in Coesfeld angestellt, 2009 absolvierte er die Meisterprüfung. Er liebt den Beruf genauso wie sein Vorgänger: „Draußen sein, jeden Tag in Bewegung, ständig unterschiedliche Begebenheiten – das ist eine tolle Abwechslung.“

Das ist noch einmal das Stichwort für Martin Marzalla: „In diesem Bezirk erlebst du die ganze Vielfalt der Gesellschaft – vom Bergmann bis zur Professorin.“

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