
Am 2. März wird das privat organisierte Projekt „Sophie“ zum zehnten Mal dringend benötigte Hilfsgüter und Lebensmittel an die polnisch-ukrainische Grenze bringen. Und Manfred Schumacher aus Marl möchte den Hilfskonvoi dann gerne wieder als Fahrer unterstützen. Anfang Dezember war der 68-Jährige erstmals dabei. Beim damals neunten Transport wechselte er sich mit seinem Sohn Florian (40) am Lenkrad eines Sprinters ab. „1500 Kilometer hin, 1500 Kilometer zurück. Jeweils 19 Stunden Fahrtzeit. Ich war selbst gespannt, ob ich diese Herausforderung meistern würde. Aber ich wollte es unbedingt“, erzählt Manfred Schumacher bei einem Redaktionsbesuch. „Der geschundenen und gebeutelten Bevölkerung in der Ukraine zumindest ein bisschen zu helfen“, sei sein großer Weihnachtswunsch gewesen – und den habe er sich erfüllen können. „Ich hatte so viel Glück in meinem Leben“, sagt der pensionierte Förderschullehrer. „Davon möchte ich gerne etwas zurückgeben.“
„Gestandenen Männern“ kommen Tränen
Manfred Schumacher lebt seit 1984 in Marl. Er stammt aber aus dem Rheinland und fühlt sich der Region immer noch sehr verbunden. Bei einem Familienfest dort erzählte ihm sein Patensohn Andy von der Initiative „Sophie“ – und der 68-Jährige wollte am liebsten sofort „anpacken“.
Das „Menschenhilfsprojekt“ wurde von Harald und Beate Fischer aus Frechen ins Leben gerufen – kurz nach Beginn des Kriegs in der Ukraine. „Wir saßen damals vor dem Fernseher, sahen total erschüttert die schrecklichen Bilder von Frauen und Kindern in einem Flüchtlingslager an der polnisch-ukrainischen Grenze und haben gedacht: ‚Wir müssen was unternehmen‘“, erzählt Harald Fischer am Telefon. Tags darauf seien sie einkaufen gegangen und hätten die Hilfsgüter und Lebensmittel zu einer öffentlichen Sammelstelle gebracht. Dort sei es dann jedoch ziemlich chaotisch zugegangen – „die Situation war ja für alle neu“ -, sodass er zu seiner Frau gesagt habe: „Am liebsten würde ich es selber machen.“ Woraufhin sie erwidert habe: „Dann mach‘ doch.“

Seitdem sind unter seiner Regie jede Mengen Spenden gesammelt und rund 65 Transporter mit Lebensmitteln, Babynahrung, Medikamenten, Insulin, Hygieneartikeln, Kleidungsstücken, Schlafsäcken oder medizinischen Geräten in die Ukraine gebracht worden. Er selbst war immer dabei, teilweise fuhr er sogar selbst ins vom Krieg erschütterte Land hinein. Beim letzten Mal gehörten zum Hilfskonvoi auch noch zwei ausgemusterte Rettungswagen der Feuerwehr in Euskirchen. Und ein Spezialrollstuhl für einen schwerstbehinderten Jungen.
Harald Fischer hat bei seinen Touren viele Szenen erlebt, die auch einen gestandenen Mann zum Weinen bringen, wie er sagt – zumal er anfangs auf dem Rückweg auch noch ukrainische Flüchtlinge nach Deutschland mitnahm. Er hat komplizierte Situationen an der polnisch-ukrainischen Grenze regeln müssen. Und sich ein Netzwerk von ehrenamtlichen Helfern in der Ukraine, in Polen und in Deutschland aufgebaut. Ein fester Bestandteil davon: die Familie Schumacher.
Großer Teamgeist unter den Fahrern
Reifenmonteur, Rettungssanitäter, Wachmann, Bauingenieur, wissenschaftlicher Assistent…: „Unsere Fahrergruppe ist total bunt, ein Spiegelbild der Gesellschaft“, sagt Manfred Schumacher. Und der Spirit in diesem Team sei unglaublich: „So etwas habe ich seit meiner Jugend nicht mehr erlebt, als ich Pfadfinder war.“ Auch der Austausch mit den ukrainischen Fahrern und Helfern, die die Hilfsgüter über die Grenze bringen, hat den 68-Jährigen schwer beeindruckt. Und die Fahrt selbst war auch unter Vater-Sohn-Gesichtspunkten spannend: Die beiden hatten viel Zeit, sich über ihre gemeinsame Leidenschaft – die Musik – auszutauschen. „Und dabei habe ich viele spannende Podcasts kennengelernt“, sagt der Pensionär lächelnd.
Das Be- und Entladen ist „Gymnastik und Krafttraining“
Viele Gründe für ihn, auch Anfang März wieder dabei sein zu wollen. Diesmal soll dabei ein Fokus auf ein von drei Nonnen geführtes Kinderheim in Jaz łowiec gelegt werden, das auch bei der letzten Tour schon unterstützt wurde. Erneut werden Lebensmittel, Medikamente oder Notstromaggregate benötigt. Equipment für Ärzte, Ultraschallgeräte oder OP-Instrumente. Fahrzeuge und („Sprit“-)Geld. Beim letzten Mal, erzählt Manfred Schumacher, habe man mit sieben Fahrzeugen rund 30 Tonnen Lebensmittel und Hilfsgüter transportiert. Das Be- und Umladen habe jeweils vier Stunden gedauert. „Gymnastik und Krafttraining“, nennt der 68-Jährige die körperliche Anstrengung. Sie hat ihm gut getan. Weil er hofft, dass sie das Leid einiger Menschen zumindest ein wenig lindern kann.
Info:Wer das private „Menschenhilfsprojekt Sophie“ unterstützen möchte, kann sich an Harald Fischer wenden: h-fischer@t-online.de. Und natürlich beantwortet auch Manfred Schumacher gerne Fragen: 0175 4267645. Benannt wurde das Hilfsprojekt übrigens nach Harald Fischers Enkelkind, das an besagtem Fernsehabend zu Besuch war.