
Die Ruhrfestspiele sind gestartet – und das mit dem Kulturvolksfest am 1. Mai, der bemerkenswerten Eröffnungsrede von Sharon Dodua Otoo, die auch für das „Schwarze Literaturfestival“ verantwortlich zeichnet, und William Kentridges „Sibyl“ spektakulär.
Aber es gibt nicht nur Highlights im Ruhrfestspielhaus und auf dem Grünen Hügel in Recklinghausen. Ab dem 7. und bis zum 9. Mai steht im Theater Marl „Lamenta“ an. Und das Beste: Es gibt immer noch Karten!
Eröffnungspremiere der Ruhrfestspiele mit dem Stück „Sibyl“












































Miroloi sind Lament- und Klagegesänge
Aber worum geht es?: Klagen, das hat in Griechenland eine lange Tradition. In den Lament- und Klagegesängen, den Miroloi, verbinden die Griechen Musik und Tanz, um tiefe Trauer und Verlust auszudrücken. Diese Tradition gibt dem Schmerz eine Form und versucht ihn dadurch gleichzeitig zu lindern.
Miroloi sind feste Rituale auf Beerdigungen, aber auch dann, wenn ein Mitglied die Familie verlässt, sei es für eine Heirat oder für ein Auslandsstudium.
Gefühle werden durch Tanz sichtbar gemacht
Das belgische Choreografenduo Koen Augustijnen und Rosalba Torres Guerrero verbindet die Traditionen der Miroloi mit den Codes des zeitgenössischen Tanzes.
Das Duo Siamese Compagnie erforscht Wege, um Gefühle durch Tanz sicht- und erfahrbar zu machen. In „Lamenta“ arbeiten sie mit neun griechischen Tänzern, die die alten kollektiven Bewegungen ihrer Heimat neu erkunden. Ihre Forschung geht dabei über das Reproduzieren und Rekonstruieren hinaus. Altbekannte Rhythmen werden zur Blaupause, aus der sich ein neues Tanzvokabular entwickelt. Die Bewegungen werden von einem Klangteppich untermalt, der die archaischen Klagelieder mit dem 21. Jahrhundert verbindet.
Verwoben wird alles mit Einflüssen aus Jazz und Post-Rock
Den Beginn bilden aufgezeichnete, original arrangierte Miroloi, die nach und nach mit zeitgenössischen Kompositionen und Einflüssen aus Jazz und Post-Rock verwoben werden. Die Musik wird zum Katalysator, der den Tanz vorantreibt.
„Lamenta“ stellt die Frage, warum wir uns von sozialen Ritualen und Traditionen abgewendet haben, die individuellen Gefühlen eine kollektive Sprache geben.
Nach der gefeierten Premiere beim Festival in Avignon wird die Deutschlandpremiere jetzt also bei den Ruhrfestspielen zu erleben sein. Die Kritik von Les Échos schreibt: „(…) aus der Vergangenheit schöpfend, schreibt sich dieser Tanz in die Gegenwart. Und berührt das Herz.“
Koproduziert wurde das Werk von den Ruhrfestspielen Recklinghausen und -zig weiteren Partnern wie dem Athens and Epidaurus Festival, dem Festival d’Avignon, La Comedie de Clermont-Ferrand, scene nationale, Les Theatres de la Ville de Luxembourg…
Geeignet ist das nur einstündige Stück (ohne Pause) für Menschen ab zehn Jahren. www.ruhrfestspiele.de