
Die Coronavirus-Pandemie hat auch diese Folge: Knallvolle Sitzungspläne am Amtsgericht Marl mit Bußgeldverfahren wegen Verstößen gegen Hygieneregeln, Abstands- und Schließungsauflagen.
Am Donnerstag, ging es um Restaurant-Gästelisten zur Kontaktnachverfolgung – 2020 ein Rezept zur Infektionsbekämpfung. Das Wirte-Ehepaar vom „Heimingshof“ in Haltern musste sich dem Vorwurf stellen, nicht sorgfältig genug Corona-Auflagen umgesetzt zu haben. 2000 Euro Bußgeld standen im Raum – schwere Kost in der in Lockdown-Phasen schwer gebeutelten Branche.
Mitteilung ans Ordnungsamt
Eine harte Nuss war die Beweisaufnahme für Richterin Sabrina Martin Lopez. Es ging um einen Besuch im „Heimingshof“-Biergarten am 23. September 2020. Das Lokal ist als Restaurant und Steakhaus beliebt, kann mit der Nähe zur Stever punkten. Nette Atmosphäre, so weit, so gut. Das fanden auch eine Zeugin und ihr Begleiter. Zuvor, so die Frau, seien sie noch zu zweit in einem Lokal am Ternscher See gewesen, dort hätten sie ihre Kontaktdaten angeben müssen.
Nicht aber im „Heimingshof“, wie die Zeugin berichtete. Dass auf eine Kontaktdatenerhebung aus ihrer Sicht verzichtet worden sei, habe sie dem Ordnungsamt gemeldet, so die Zeugin. Ihren Begleiter habe sie nach Rücksprache gleich mit als Zeugen angegeben.
Folge: Das Ordnungsamt wurde tätig, erließ ein Bußgeld. „Wenn ich gewusst hätte, dass das so eine Rolle spielt, hätte ich das nicht gemacht“, räumte die Zeugin vor Gericht ein. „Das spielt jetzt eine Rolle von 2000 Euro“, stellte Rechtsanwalt Werner Haase, Dorsten, für seine Mandantin fest.
War die Kontrolle des Personals ausreichend?
Dass die Restaurantbesitzer sorgfältig und nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben, stand für Haase außer Frage. „Wir haben unseren Mitarbeitern gesagt, dass die Listen aufgefüllt werden müssen – und wir müssen uns darauf verlassen, dass das gemacht wird“, so die Wirtin.
Aber: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Richterin Martin Lopez fragte, in welchen Umfang Stichprobenkontrollen durchgeführt worden seien, ob das Personal die Anweisungen ausführt. Dass Anwalt Haase als Zuverlässigkeits- und Sorgfaltsnachweis Dutzende von Tages-Gästelisten vorlegte, die im Zuge des Bußgeldverfahrens zur Beweissicherung noch nicht vernichtet worden sind, spielte am Ende keine Rolle mehr.
Es war der Begleiter der Zeugin, der für den Freispruch den Ausschlag gab – er konnte die Schilderung der Frau nur in einem Punkt bestätigen: Ja, man war im „Heimingshof“. Aber alles andere? „Leute, die seit Jahren hart und auch unter Corona-Hygieneregeln sorgfältig arbeiten, werden mit einem 2000-Euro-Bußgeld belegt. Da kann ich nur den Kopf schütteln“, so Anwalt Haase.