
Es war ein brutaler Akt von Selbstjustiz: Vor knapp anderthalb Jahren ist ein Mann aus Bochum in Gelsenkirchen auf offener Straße brutal zusammengetreten worden. Dass die Täter überhaupt gefasst werden konnten, ist nur der Geistesgegenwart einer Anwohnerin zu verdanken. Sie hatte den Prügel-Exzess aus ihrem Fenster beobachtet und alles mit dem Handy gefilmt. Ein Polizist hatte die Männer später wiedererkannt. Am Freitag (27.1.) sind drei der Schläger am Essener Landgericht verurteilt worden.
Zwei der Angeklagten kamen mit zwei Jahren Haft auf Bewährung davon, gegen den angeblichen Organisator und Anführer wurden zwei Jahre und fünf Monate Gefängnis verhängt. Richter Thomas Kliegel sprach im Urteil von einer „hässlichen“ und „akut lebensgefährlichen Tat“.
Auch in der Bahn gefilmt
Hintergrund der unfassbaren Szenen war eine Auseinandersetzung einige Tage zuvor. Dabei war der Sohn eines der Angeklagten offenbar verprügelt worden. Das sollte gerächt werden, so Kliegel.
Das spätere Opfer hatte das Unheil offenbar schon kommen sehen. Als der Bochumer bemerkte, dass man ihm auflauerte, war er zunächst in einen Supermarkt geflüchtet. Dann, als die Luft rein schien, stieg er in die Straßenbahn nach Gelsenkirchen. Doch dabei war er nicht allein. Einer der Angeklagten war ebenfalls mit eingestiegen. Auf einer Überwachungskamera der Bahn ist zu sehen, wie sich die beiden Männer immer wieder aus den Augenwinkeln heraus beobachten.
Stampfende Tritte auf den Kopf
Die Fahrt ging bis zur Haltestelle Wissenschaftspark in Gelsenkirchen. Die anderen beiden Angeklagten waren mit dem Auto dort hingekommen. Laut Urteil waren sie von ihrem Komplizen in der Bahn per Handy auf dem Laufenden gehalten worden. Das sei so abgesprochen gewesen.
Kaum war das spätere Opfer ausgestiegen, eskalierte die Situation. Auf dem Handy-Video der Anwohnerin ist zu sehen, wie zu viert auf den Mann eingeschlagen und eingetreten wird. Dabei auch immer wieder auf und gegen den Kopf. Auch von „stampfenden“ Tritten auf den Kopf war im Urteil die Rede.
„Froh, dass ich noch lebe“
Das Opfer hatte jedoch Glück. Am Tatort war zwar später alles voller Blut. Die Ärzte hatten jedoch „nur“ eine gebrochene Nase, Platzwunden und jede Menge Prellungen festgestellt. Nach zwei Tagen im Krankenhaus hatte der Mann wieder entlassen werden können.
Im Prozess sagte er, dass er die Tat gut überstanden habe. Das war aber wohl nicht die ganze Wahrheit. Als die Richter ihm das Handy-Video vorspielten, sagte er unter Tränen: „Ich bin froh, dass ich noch lebe. Ich könnte tot sein.“ Wer der vierte Täter war, konnte nicht festgestellt werden. Die Angeklagten wollen den Mann angeblich nicht kennen.