Drittfahrradverkauf: Von Gravel Bikes und Frauengesuchen im Internet

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Auch wenn der Trend - wie Sophia es sagt - zum Drittfahrrad geht, hat sie ihr Mountainbike verkauft, um Platz für ihr neues Rennrad zu schaffen. © Pixabay.de
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Der Trend geht ja aktuell zum Drittfahrrad. Nach wie vor bin ich weit davon entfernt mir ein E-Bike zu kaufen, weil ich es täglich irgendwelche Bahnhofstreppen rauf- und runtertragen müsste, und so ein E-Bike wiegt gut und gerne mal 25 Kilo. Außerdem habe ich keine Lust, so viel Geld durch die Gegend zu fahren. Naja, darum soll es hier nicht gehen.

Vor einigen Wochen habe ich gebraucht von einer Freundin ein ganz tolles (ja, ich gebe es zu) Gravel Bike gekauft. Zu deutsch: Schotter-Rennrad. Böse Zungen mögen ja behaupten, dass es deshalb Schotterfahrrad heißt, weil man viel Schotter braucht um es zu kaufen.

Mountainbike muss den Platz räumen

Ich für meinen Teil habe es sehr billig bekommen und habe dann auch noch selbst einen Gepäckträger drangebaut, stolzer kann man gar nicht sein! Auf der Arbeit habe ich neulich Ärger bekommen, weil ich es mit reingenommen habe. Aber echte Yuppies – young urban professionals – machen das so.

Also, jedenfalls musste ich dann das Mountainbike, das ich mir vor zwei Jahren in meiner Downhill-Phase gekauft hatte, wieder loswerden, weil ich zugegebenermaßen nicht mehr damit gefahren bin. Meine Hobbys sind teils etwas kurzlebig.

Was tat ich also? Ich stellte das gute Stück für 150 Euro Festpreis bei der gängigsten Kleinanzeigen-Website ein. Den Preis hatte mir mein Nachbar ausgemacht. Anfragen die ich bekam, waren folgende: „Für 100 würde ich es abholen kommen!“ Ich: „150. FESTPREIS!“ Ich bin eine eiskalte Geschäftsfrau. Weitere Anfragen lauteten (hier die ungefähre Wiedergabe) „Ist noch da?“ „Kann man kommen?“ „Wie groß?“ etc. Da hatte ich keine Lust drauf zu antworten.

Rätselhafte Nachrichten im Kleinanzeigen-Portal

Dann kam eine Nachricht von P.. Er schrieb: „Hallo, das Fahrrad gefällt mir! Ich suche so nach meiner Frau. Wir kommen aus Bremen. Liebe Grüße, P.“ Ich war etwas verwirrt – wie sollte er denn in der Stadt meiner Eltern, in welcher ich das Fahrrad zwischengelagert hatte, seine Frau finden? Und wieso wurde ich da in die Verantwortung gezogen? Ich schrieb ihm zurück, weshalb er denn aus Bremen ins Ruhrgebiet kommen wolle, er würde sicherlich doch auch bei sich in der Nähe eines finden.

Darauf bekam ich noch einmal die Nachricht, dass er gerade so nach seiner Frau suche und sie aus Bremen kämen. Da ich danach nichts mehr hörte, wurde ich skeptisch. Ich hatte ihm die Adresse geschickt und fuhr zum vereinbarten Termin zu meinen Eltern, schließlich wusste nun eine mir nicht bekannte Person, dass dort ein Rad stand (besser gesagt, nicht nur eins).

Film im Kopfkino war unrealistisch

Mein Kopfkino wurde immer intensiver: Was, wenn es sich um eine organisierte Gruppe handelte? Was, wenn meine Eltern nicht zu Hause wären und man mich überwältigen würde, und dann den sämtlichen Fahrradbestand einsacken?

Ich stellte mein Rennrad, mit dem ich angekommen war, vorsorglich ins Wohnzimmer an die (weiße) Wand und machte die Haustür zu. Dann wartete ich. Und schließlich klopfte es an die Terassentür (die meisten Menschen wissen nicht, wie man bei uns die Haustür findet). P. und Frau nebst Hund standen draußen.

Er suchte sie also gar nicht, vielmehr hatte er sie schon gefunden! Was für ein Glück. Mit dem Fahrrad waren sie überglücklich, auch der Hund war zufrieden, während er das Waschmittelpulver im Kellerraum meiner Eltern durchstöberte. Frau P. nickte fleißig und sagte nicht viel mehr als „ja!“, dann gaben sie mir das Geld und dankten mir. Sie entschwanden gen Norden und ich stellte fest, dass ich viel zu viele Vorurteile habe und mein Kopfkino mal ausstellen sollte!