
Wo ist Ruja Ignatova? Das fragen sich Ermittlerinnen und Ermittler weltweit. Die US-Bundespolizei FBI erhöht nun den Fahndungsdruck: Sie hat die berüchtigte Erfinderin der vermeintlichen Digitalwährung One Coin mit Verbindungen zu Deutschland auf die Liste der zehn meistgesuchten Flüchtigen gesetzt.
Die als „Kryptoqueen“ gehandelte Ignatova soll mit One Coin Millionen von Investorinnen und Investoren weltweit betrogen haben. Das FBI setzte am vergangenen Donnerstag (30. Juni 2022) eine Belohnung von bis zu 100.000 US-Dollar für Hinweise aus, die zu ihrer Festnahme führen. Das FBI geht davon aus, dass Ignatova und ihre Helfer Opfer in aller Welt um Milliardenbeträge betrogen haben.
Ruja Ignatova verbrachte Kindheit im Schwarzwald
Die meistgesuchte Frau der Welt verbrachte einige Jahre ihrer Kindheit in der beschaulichen Stadt Schramberg (Kreis Rottweil) in Süddeutschland. Dorthin sei die gebürtige Bulgarin mit ihrer Familie ausgewandert, berichtete die „Neue Rottweiler Zeitung“ (NRWZ) im Jahr 2020. In Schramberg habe sie die Grundschule und das Gymnasium besucht.
In der Schule sei sie eine Überfliegerin gewesen, habe mehrere Klassen übersprungen, berichteten Lehrerinnen und Lehrer der „NRWZ“. Nach der Schule studierte sie Jura in Konstanz und später in Oxford. Auch heute noch hat die gesuchte mutmaßliche Betrügerin die deutsche Staatsbürgerschaft.

Nach Angaben des FBI gründeten Ignatova und ihr Partner um das Jahr 2014 herum in Bulgarien das Unternehmen One Coin, mit dem eine virtuelle Währung vermarktet wurde, die aber nie existierte. Die gebürtige Bulgarin pries das Projekt als Bitcoin-Killer an, es sollte also in Konkurrenz zur größten Kryptowährung der Welt stehen.
Die Deutsche habe dabei falsche Angaben und Zusicherungen über One Coin gemacht, um Menschen dazu zu bewegen, in Pakete zu investieren, hieß es. Den Ermittlern zufolge bewarben Ignatova und ihr Partner One Coin auch durch eine mehrstufige Marketingstrategie, die Investorinnen und Investoren dazu aufforderte, zusätzliche Pakete an Freundinnen, Freunde und Verwandte zu verkaufen.

Ignatova habe den Hype um Kryptowährungen ausgenutzt, um neue Investorinnen und Investoren anzuziehen. Obwohl das Unternehmen viele der mit virtuellen Währungen assoziierten Begriffe verwendet haben soll, gehen die Ermittelnden davon aus, dass One Coins nicht auf die für Kryptowährungen übliche Weise hergestellt wurden. Außerdem wurde der Wert des One Coins vom Unternehmen und nicht von der Marktnachfrage bestimmt.
„One Coin behauptete, über eine private Blockchain zu verfügen“, sagte Special Agent Ronald Shimko, der in der New Yorker Außenstelle des FBI in dem Fall ermittelt. „Dies steht im Gegensatz zu anderen virtuellen Währungen, die eine dezentralisierte und öffentliche Blockchain haben.“ In diesem Fall hätten die Anlegerinnen und Anleger One Coin vertrauen müssen.
Ruja Ignatovas Spur verliert sich in Athen
Im Oktober 2017 wurde Ignatova vor dem US-Bezirksgericht für den südlichen Bezirk von New York angeklagt und es wurde ein Bundeshaftbefehl gegen sie erlassen. Die Ermittelnden gehen davon aus, dass Ignatova möglicherweise einen Hinweis erhalten hat, dass die Behörden gegen sie ermitteln. Sie reiste am 25. Oktober 2017 von Sofia nach Athen und wurde seitdem nicht mehr gesehen.
In Deutschland wird gegen die promovierte Juristin wegen Geldwäsche sowie gemeinschaftlichen Betrugs in einem besonders schweren Fall ermittelt. FBI-Fahnder Shimko hofft, dass durch die Veröffentlichung der Liste der zehn meistgesuchten Flüchtigen mehr Aufmerksamkeit auf den Fall gelenkt wird. „Es gibt so viele Opfer auf der ganzen Welt, die dadurch finanziell ruiniert wurden“, sagte Shimko. „Wir wollen sie vor Gericht bringen.“

Immer wieder wird auch in den Medien spekuliert, wo sich Ignatova befinden könnte. Der britische Autor und Journalist Jamie Bartlett berichtete am Wochenende in der britischen Zeitung „Daily Mail“ über seine aktuelle Vermutung: Er befasst sich bereits seit einigen Jahren mit dem Fall und halte es für möglich, dass sich die Gesuchte auf einer Jacht auf hoher See im Mittelmeer verstecke. In seinem kürzlich erschienen Buch „The missing Cryptoqueen“ zeichnet Bartlett den Fall detailliert nach.