
Der EM-Kracher im Viertelfinale ist perfekt: Der Underdog aus Georgien schnuppert kurzzeitig an der großen Sensation, am Ende nimmt aber alles seinen normalen Laufen. Spanien setzt sich mit 4:1 (1:1) durch und trifft jetzt im Viertelfinale auf Gastgeber Deutschland. Es kommt zum Duell der beiden bisher besten Teams des Turniers.
Georgien geht in Führung
Der Fußball ist manchmal wirklich verrückt. Wohl nur selten in der Geschichte dieses Sports dürfte es in einem Spiel nach 30 Minuten so einseitige Statistiken gegeben haben. 82!!! Prozent Ballbesitz für Spanien. 312:71 gespielte Pässe. 13:1 Flanken. 13:1 Torschüsse. Völlige Überlegenheit in sämtlichen Bereichen. Und trotzdem führte der große Außenseiter mit 1:0.
Das erste Mal überhaupt waren die Georgier über die Mittellinie gekommen. Auf rechts hatten sie Otar Kakabadze freigespielt, der mit seiner Flanke Khvicha Kvaratskhelia suchte. Doch der große Star dieser Mannschaft musste gar nicht viel tun. Spanien-Verteidiger Robin Le Normand übernahm seinen Job und lenkte den Ball mit der Brust ins eigene Tor (18.). Der Underdog, der sich in Gruppe F mit seiner großen Leidenschaft in die Herzen vieler Zuschauer gespielt hatte, in Führung gegen den großen Titelfavoriten. Völlige Ungläubigkeit auf der einen Seite, totaler Ausnahmezustand auf der anderen.
Es war übrigens der erste Gegentreffer überhaupt für die Spanier in diesem Turnier. Wirkung zeigte der aber nicht einmal im Ansatz. Das Team von Luis de la Fuente machte einfach weiter wie zuvor, als es sich schon eine Chance nach der nächsten herausgespielt hatte. Pedri bekam bei seiner Grätsche keinen Druck mehr hinter den Ball (5.), Le Normands Kopfball war nicht so platziert wie seine Brustablage ins eigene Netz und Giorgi Kochorashvili fälschte den Schuss von Nico Williams noch so ab, dass er knapp rechts am Tor vorbeiging (12.).

Die so hochgelobten Spanier zeigten sich trotz Rückstands geduldig, wohl wissend ihrer herausragenden Fähigkeiten auch in engen Räumen. Wie beim Handball ließen sie das Leder um den Strafraum und den mindestens acht sich darin aufhaltenden Georgiern kreisen. Irgendwann würde sich schon eine Lücke auftun. Und sie tat sich auf. Williams legte von links im Strafraum auf ManCity-Profi Rodri zurück, der mit links platziert ins rechte Eck abschloss. Ausgleich (39.). Gleichzeitig der durchaus überraschende Halbzeitstand.
Schuss aus 50 Metern
Wer weiß, wie dieses so ungleiche Duell ausgegangen wäre, wenn dieser wahnsinnige Versuch von Kvaratskhelia kurz nach der Pause tatsächlich geglückt wäre. Der Angreifer vom SSC Neapel versuchte es gegen den weit aufgerückten Unai Simon aus der eigenen Hälfte – der Ball ging aber knapp einen Meter daneben (48.).
Und so nahm das Spiel dann eben doch noch seinen erwarteten Verlauf. Lamine Yamal fand mit einer butterweichen Flanke am zweiten Pfosten Fabian Ruiz, der aus kurzer Distanz nur noch einnicken brauchte. Kurz danach hatten die Georgier Glück: Ein Eigentor von Giorgi Gvelesiani zählte aufgrund einer vorherigen Abseitsstellung des 16-jährigen Wunderkindes nicht.
Das andere Top-Talent ließ dann aber endgültig alle georgischen Träume der großen EM-Sensation platzen. Fabian Ruiz steckte noch in der eigenen Hälfte auf Williams durch. Der Mann von Athletic Bilbao haute den Ball kompromisslos unter die Querlatte (75.). Den Schlusspunkt setzte der mittlerweile eingewechselte Dani Olmo von RB Leipzig (83.).4:1.
Der große Favorit nimmt also auch die nächste Hürde. Jetzt kommt es am Freitag (18 Uhr) in Stuttgart zum vorgezogenen Finale gegen Deutschland.