Absagen für Castrop-Rauxel Das verändert sich für Patienten durch die Krankenhausreform

Die Krankenhausreform wird in den Kliniken in Castrop-Rauxel für Veränderung sorgen.
Die Krankenhausreform wird in den Kliniken in Castrop-Rauxel für Veränderung sorgen. © dpa/varga
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Durch die Krankenhausreform wird sich viel verändern, für Patienten, Klinken und alle, die in der Gesundheitswelt arbeiten. Gleichzeitig ist sie aber auch verdammt kompliziert. Mittlerweile gibt es erste konkrete Vorschläge für die Veränderungen in Nordrhein-Westfalen und auch die beiden Krankenhäuser in Castrop-Rauxel sind betroffen. Um zu verstehen, was anders wird, muss man vorne beginnen.

Warum braucht es die Krankenhausreform?

Viele Kliniken in Deutschland machen Verluste und sind gleichzeitig nicht wirklich ausgelastet. Es wird in einigen Bereichen deutlich mehr operiert als in anderen Ländern, zum Beispiel bei künstlichen Hüft- und Kniegelenken. Die Krankenhäuser halten sich mit großen Operationen finanziell über Wasser, Geld gibt es nämlich pro Eingriff (Stichwort: Fallpauschale). Die Probleme liegen auf der Hand: die Qualität der Eingriffe leidet, es wird mehr operiert als nötig. Die Kliniken sind oft nicht spezialisiert. Weil jeder alles darf, bieten die Krankenhäuser das an, was viel Geld bringt. Langwierige Behandlungen von komplexen Krankheiten rentieren sich im aktuellen System oft nicht.

Viele Krankenhäuser müssen sich infolge der in Nordrhein-Westfalen geplanten Reform auf drastische Einschnitte ihres künftigen Leistungsangebots einstellen.
Viele Krankenhäuser müssen sich infolge der in Nordrhein-Westfalen geplanten Reform auf drastische Einschnitte ihres künftigen Leistungsangebots einstellen.© Marijan Murat/dpa

Was ändert die Krankenhausreform?

Die Krankenhausreform soll die Fallpauschale abschaffen und auch die Regel „Jeder darf alles anbieten“ gilt bald nicht mehr. Stattdessen gibt es 65 Leistungsgruppen, in die man alle Behandlungen einsortieren kann, von der Geburt bis zur Krebs-OP. Die Krankenhäuser bekommen bestimmte Gruppen zugewiesen – zum Beispiel Wirbelsäuleneingriffe. Dadurch werden die Kliniken zur Spezialisierung gezwungen. Der Gedanke: Ein Krankenhaus, das vor allem an der Wirbelsäule operiert, ist darin deutlich besser als eine Klinik, die das nur dreimal im Jahr macht.

Dafür, dass sie die Behandlungen anbieten, bekommen sie Geld, die sogenannte Vorhaltevergütung. 60 Prozent der Kosten werden also für die Krankenhäuser übernommen, ob nun Leute an der Wirbelsäule operiert werden müssen oder nicht. Es gibt das Geld dafür, dass sie die Geräte und das Personal da haben, vorhalten eben. 40 Prozent der Kosten müssen weiterhin über die Behandlungen selbst bezahlt werden.

Obendrauf gibt es für bestimmte Bereiche noch mal mehr Geld, zum Beispiel für eine Intensivstation oder eine Stroke Unit (die Schlaganfälle behandelt).

Welches Krankenhaus bekommt welche Leistungsgruppe?

Welches Krankenhaus welche Behandlungen machen darf oder vielleicht auch Abteilungen schließen muss, das wird im Moment zwischen dem Land NRW – beziehungsweise der Bezirksregierung Münster – und den Kliniken verhandelt. Das Ganze läuft so: Die Klinken durften sich in einer ersten Runde auf die unterschiedlichen Gruppen bewerben.

Dann haben die zuständigen Behörden in NRW die Anträge mit dem verglichen, was man wirklich benötigt. Gibt es mehr Klinken, die Knie-OPs anbieten, als man braucht? Dann bekommen nicht alle den Zuschlag. Umgekehrt kann es auch Behandlungen geben, bei denen Krankenhäuser ausbauen müssen, weil es im Moment zu wenig Kliniken dafür gibt.

Bei der Entscheidung spielt natürlich auch eine Rolle, ob es heute schon die Geräte und das Personal für die Behandlungen gibt oder es Eingriffe gibt, die vergleichbar sind. Wer eine Art von Krebs behandelt, kann vielleicht auch gut noch eine andere Art übernehmen, weil sich die Behandlungen recht ähnlich sind.

Jetzt gibt es eine erste Liste mit den Leistungen, die die Krankenhäuser beantragt haben und dem, was das Ministerium sich vorstellt. Bei manchen Leistungsgruppen haben die Kliniken nach Gesprächen im Einvernehmen verzichtet. Die Liste ist aber erstmal ein Vorschlag, jetzt können die Krankenhäuser noch mal Anmerkungen machen oder widersprechen.

Und was ist mit dem EvK und dem Rochus in Castrop-Rauxel?

So viel zum Grundsätzlichen – es gibt noch deutlich komplizierte Details, aber die lassen wir an dieser Stelle für die Verständlichkeit bewusst weg – jetzt schauen wir nach Castrop-Rauxel. Hier gibt es zwei Krankenhäuser, das St. Rochus-Hospital und das Evangelische Krankenhaus. Gerade das Rochus hat sich für sehr viele Leistungsgruppen gemeldet, oft nur mit sehr wenigen Behandlungen. So hat sich das Rochus zum Beispiel für die Interventionelle Kardiologie beworben, also eine bestimmte Art von Eingriffen am Herzen. Das Rochus hat sich mit seinem Antrag für vier Fälle im Jahr beworben und ist damit leer ausgegangen. Andere Kliniken, wie das Prosper-Hospital in der Nachbarstadt Recklinghausen, hat sich für 875 beworben und einen Zuschlag für 1430 Behandlungen bekommen.

Das EvK ist insgesamt größer und scheint sich zielgerichteter auf die Leistungsgruppen beworben zu haben. Es wurden fast alle Anträge übernommen.

Welche Zuschläge hat das Rochus Hospital bekommen?

Das Rochus hat wegen seiner vielen Bewerbungen natürlich viele Absagen bekommen. Doch fast immer passen die Vorstellungen von Krankenhaus und Ministerium bei den Fallzahlen zusammen. Für folgende Leistungsgruppen gibt es nach jetzigem Stand eine Zusage:

  • Komplexe Gastroenterologie (Kümmert sich um Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes, der Leber oder zum Beispiel der Bauchspeicheldrüse.)
  • Geburten
  • Allgemeine Frauenheilkunde
  • Intensivmedizin (Hier gibt es verschiedene Stufen, das Rochus hat den Zuschlag für hochkomplexe Intensivmedizin bekommen.)
  • Augenheilkunde
  • Plastische und Rekonstruktive Chirurgie
  • Allgemeine Innere Medizin
  • Allgemeine Chirurgie

Folgende Anträge wurden unter anderem mit Zustimmung des Rochus abgelehnt: Endoprothetik Hüfte, Carotis operativ/interventionell, Senologie.

Die Stroke Unit am EvK Castrop-Rauxel hat vor Kurzem erneut erfolgreich die Überprüfung durch die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft bestanden. Vor diesem Hintergrund wurde die Spezialbehandlungseinheit um zwei Betten erweitert.
Die Stroke Unit am EvK Castrop-Rauxel hat vor Kurzem erneut erfolgreich die Überprüfung durch die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft bestanden. Vor diesem Hintergrund wurde die Spezialbehandlungseinheit um zwei Betten erweitert.© EvK Castrop-Rauxel

Welche Zuschläge hat das EvK bekommen?

Für folgende Gruppen würde das EvK nach jetzigem Stand der Planung den Zuschlag bekommen:

  • Psychiatrie, Psychotherapie, psychosomatische Medizin und Psychotherapie, vollstationär
  • Psychiatrie und Psychotherapie und psychosomatische Medizin und Psychotherapie, teilstationär
  • Interventionelle Kardiologie (Hier schlägt das Ministerium deutlich weniger Fälle vor als sich das Evk gewünscht hat)
  • Endoprothetik Hüfte (Also das Einsetzen eines künstlichen Gelenkes)
  • Endoprothetik Knie
  • Allgemeine Frauenheilkunde
  • Allgemeine Neurologie
  • Stroke Unit (Spezielle Station, die sich um Schlaganfall-Patienten kümmert)
  • Komplexe Gastroenterologie
  • Allgemeine Innere Medizin
  • Allgemeine Chirurgie
  • Geriatrie (Geriatrische Medizin versorgt Patienten, die meist älter als 65 Jahre sind und unter alterstypischen Erkrankungen und Mehrfacherkrankungen leiden.)
  • Intensivmedizin (Hier gibt es verschiedene Stufen, das EvK hat den Zuschlag für hochkomplexe Intensivmedizin bekommen

Und wie geht es jetzt weiter?

Bis zum Ende der Sommerferien können die Krankenhäuser sich jetzt zu den Plänen des Ministeriums äußern. Es kann sich also noch etwas an der Zuweisung der Leistungsgruppen ändern. Im Dezember soll dann endgültig klar sein, wer welche Leistungen anbieten darf. Ab dem 1. Januar 2025 gilt dann die neue Planung der Krankenhausreform.

An der Krankenhausreform gibt es aber natürlich auch noch Kritik. Bund und Länder streiten zum Beispiel über die Finanzierung. Es gibt auch die Sorge, dass einige Kliniken geschlossen werden, die nicht genug Leistungsbereiche bekommen oder die Wege zu verschiedenen Behandlungen länger werden. Castrop-Rauxel hat hier aber einen Lage-Vorteil. Anders als in sehr ländlichen Gegenden kommt man mit Bus und Bahn schnell in große Nachbarstädte und weil das Ruhrgebiet dicht besiedelt ist, gibt es hier auch viele Kliniken. Eine Versorgungslücke ist also erstmal nicht zu befürchten.

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