Janine Rutkowski kämpft ohne Geld um ihre schwerkranke Hündin „Lasse sie nicht sterben“

Hundebesitzerin Janine Rutkowski
Hundebesitzerin Janine Rutkowski lächelt freundlich und zufrieden - ihrer geliebten Hündin Abby geht es nach einer überlebenswichtigen Operation wieder gut. © Paula Jansen
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Als Janine Rutkowski (55) im April 2025 mit ihren zwei Hunden nach Castrop-Rauxel zog, hatte sie große Hoffnungen: auf einen Neuanfang, ein neues Arbeitsverhältnis, ein stabiles Leben. Doch es kam anders. Einen Tag vor dem geplanten Arbeitsantritt wurde ihr die Stelle abgesagt. Kurz darauf erkrankte ihre neunjährige Labrador-Mischlingshündin Abby lebensbedrohlich. Und plötzlich stand Rutkowski vor dem Nichts – ohne Arbeit, ohne Rücklagen, aber mit der tiefen Verantwortung für das Leben ihrer Tiere.

Kein Geld für die OP

„Ich habe jeden angebettelt, den ich kannte, bitte helft mir, doch es kam nichts zusammen“, erinnert sich Rutkowski. Die Diagnose: Eine akute Gebärmuttervereiterung – ohne sofortige Operation keine Überlebenschance für Abby. Doch Ratenzahlung lehnten die Tierarztpraxen ab. „Mein Hund ist mein Supporter, den hätte ich nicht einfach so sterben lassen.“

In ihrer Verzweiflung wandte sich die 55-Jährige an das Refugium für Tiere in Not in Castrop-Rauxel. Dort traf sie auf Elke Balz, Vorsitzende des Vereins, die seit 2007 kranken und alten Tieren in Notsituationen hilft – ehrenamtlich und mit enormem persönlichem Einsatz. „Ich traue mir inzwischen so viel Menschenkenntnis zu, dass ich relativ schnell beurteilen kann, was dahintersteckt“, sagt Balz. Im Fall von Rutkowski habe sie sofort gespürt: „Das ist eine Frau, die für ihr Tier alles geben würde.“

Janine Rutkowski gemeinsam mit Ihrer Hündin Abby im Arm
Janine Rutkowski gemeinsam mit Ihrer Hündin Abby im Arm© Privat

Ein Pakt fürs Überleben

Balz übernahm die Kosten der geschätzt 2500 Euro teuren Operation – unter einer Bedingung: Alle medizinischen Entscheidungen mussten in ihrer Verantwortung liegen. „Ich vertraue Frau Balz, denn jemand, der Tiere so liebt wie sie, wird niemals etwas entscheiden, was schlecht für das Tier ist“, sagt Rutkowski heute.

Die OP rettete Abby das Leben. Heute, drei Wochen später, sei sie wieder ganz die Alte. „Sie ist wieder frech und sie spielt wieder“, sagt ihre Besitzerin mit tiefster Zufriedenheit.

Ein Leben im Dienst der Tiere

Doch die Hilfsbereitschaft des Vereins hat einen Preis. Das Refugium finanziert sich ausschließlich über Spenden – und die aktuelle Summe auf dem Konto sei überschaubar. „Wir sind bestrebt, das Geld wieder reinzubekommen“, sagt Balz, die mit dem Refugiumskonto für die Behandlung gebürgt hat. Eine Crowdfunding-Aktion läuft, bisher sind etwa 700 Euro zusammengekommen – zu wenig.

„Uns ist sehr gelegen, dass der Geldbetrag wieder reinkommt und uns auch weitere Spenden erreichen, da für das Refugium regelmäßig Unkosten anfallen“, betont Balz. Die meisten ihrer Schützlinge seien alt, krank oder nicht mehr vermittelbar – Fälle wie Abby seien keine Ausnahme, sondern die Regel.

Schicksalsschläge, Flucht, Hoffnung

Janine Rutkowski hat in ihrem Leben schon viele Hürden überwunden. Sie ist gebürtige Mindenerin, gehört zur deutschen Minderheit der Sinti. Rassismus und Ausgrenzung begleiteten ihre Kindheit – ebenso wie frühe Verantwortlichkeiten. Die Schule durfte sie nicht beenden, stattdessen musste sie im elterlichen Betrieb mithelfen. Doch sie hat nicht aufgegeben: Vor einem Jahr hat sie ihr Fachabitur nachgeholt. Ihre beiden Kinder haben studiert – ein Stolz, den sie nicht versteckt.

Auch ihr Weg mit Abby ist von Gewalt und Überlebenswillen geprägt. Die Hündin wurde als Welpe in einem kroatischen Hundebordell misshandelt. Rutkowski nahm sie auf – zunächst als „Hospizhund“. Doch Abby kämpfte sich zurück ins Leben. Nach der Trennung von ihrem damaligen Partner holte Rutkowski sie erneut aus einer gewalttätigen Beziehung heraus – fluchtartig, ohne Möbel, aber mit dem Hund. „Ich konnte sie nicht zurücklassen. Ich habe sie quasi entführt.“

Labrador-Mischling Abby liegt auf einer grünen Wiese und hat einen aufgeweckten Blick
Labrador-Mischling Abby bevor sie sich einer Operation unterziehen musste, welche ihr das Leben rettete.© Paula Jansen

„Ich habe lieber selber nichts gegessen“

Nach der Trennung von Ihrem gewalttätigen Mann und vor dem Umzug nach Castrop-Rauxel lebte Rutkowski acht Monate mit ihren Hunden auf der Straße. Bis heute lebt sie vom Arbeitslosengeld, nachdem sie wegen eines Arbeitsunfalls ihren damaligen Job verloren hatte. „Ich hatte mir die Kniescheibe gebrochen. Dann sagte meine neue Chefin: ‚Sie hinken ja jetzt ein bisschen, das ist für unsere Kunden nicht zumutbar.‘“

Wenn ihre Tochter sie nicht mit Lebensmitteln versorgt hätte, hätte sie im April gar nichts zu essen gehabt, „weder für mich noch für die Hunde“. 50 Euro blieben ihr im Monat. „Ich habe lieber selber nichts gegessen. Aber das ist nicht schlimm, wenn meine Hunde dafür überleben konnten.“ Inzwischen hat sie durch den Mangel fast 100 Kilo abgenommen.

Ein Zuhause, das Hoffnung gibt

Trotz allem blickt Rutkowski hoffnungsvoll in die Zukunft. Sie wohnt nun in einer günstigen 80-Quadratmeter-Wohnung – ohne Balkon, ohne Aufzug, aber mit einem toleranten Vermieter, der den Einzug mit zwei Hunden ermöglichte. Ihre Social-Media-Kanäle nutzt sie jetzt nicht nur für politische Aufklärung zum Thema Antiziganismus und Rassismus, sondern auch zur Unterstützung des Tierschutzes.

Balz und Rutkowski sind weiterhin im Kontakt. Die Hundebesitzerin bietet ihre Hilfe auf dem Refugium-Gelände an – so gut es ihre Gesundheit zulässt. „Ich bin 14-mal am Rücken, an den Knien und Schultern operiert worden“, sagt sie. Schweres Heben ist nicht mehr möglich, aber was sie kann, will sie geben.

Janine Rutkowski gemeinsam mit Elke Balz im Refugium für Tiere in Not.
Janine Rutkowski gemeinsam mit Elke Balz im Refugium für Tiere in Not.© Paula Jansen

Ein Versprechen auf Lebenszeit

Für Janine Rutkowski steht eines fest: „Ich würde meine Hunde niemals aufgeben, sie sind wie meine eigenen Kinder.“ Wenn sie eines Tages nicht mehr für sie sorgen kann, will sie keine neuen Tiere mehr aufnehmen. „Ich bin einfach zu alt und zu krank. Ich würde das keinem neuen Hund antun.“

Doch bis dahin gibt sie alles – für Abby. Und für die Organisation, die ihr in der dunkelsten Stunde Hoffnung schenkte: das Refugium für Tiere in Not.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 25. Juni 2025.

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