„Ich versuche jedem Tier zu helfen“ Warum Gertrud Smyra dafür selbst ein dickes Fell braucht

25 Igel bereitet Gertrud Smyra aus Castrop-Rauxel auf den Winter vor.
25 Igel bereitet Gertrud Smyra aus Castrop-Rauxel auf den Winter vor. © Luca Füllgraf
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Mit Vivaldi, der heute Benny heißt, fing es an: Er war der erste Hund, den Gertrud Smyra an Weihnachten 2017 aus dem Tierheim in Rumänien bei sich in Castrop-Rauxel aufnahm. „Bis Silvester wären die Hunde in dem Shelter nicht gefüttert worden und hätten sich irgendwann gegenseitig gegessen“, sagt sie. Auf Vivaldi folgten rund 140 weitere Hunde, die die 62-Jährige so lange bei sich aufnahm, bis sie weitervermittelt werden konnten. „Ich bringe sie gerne selbst zu den neuen Besitzern, um mir ein Bild zu machen“, sagt sie. Das könne auch schon mal Autofahrten nach Belgien oder in die Niederlande bedeuten.

Die vielen gerahmten Hundefotos an der Wand im Esszimmer belegen die harte Arbeit fürs Ehrenamt: „Jeder Hund soll ein Bild bekommen, aber ich komme gerade nicht hinterher“, sagt Gertrud Smyra. Denn neben den vier Hunden, die gerade bei ihr leben, kümmert sie sich auch noch um kranke oder ausgehungerte Igel, bei der Statement Stray Souls Foundation um streunende Katzen und zusammen mit ihrer älteren Schwester Mechthild Trippe als Ruhrpott-Hornis um Eichhörnchen in Not.

Igel und Eichhörnchen in Not

Denn eigentlich begann alles nicht erst 2017 mit Vivaldi: „Wir waren schon immer tier-verrückt“, sagt Schwerinerin über sich und ihre Schwester. In der Kindheit hatte die Familie Katzen, später dann einen Hund. Als Gertrud Smyra selbst erwachsen wird, lebt sie auf einer Ranch in Recklinghausen. „Ich hatte Pferde, die keiner wollte, und habe auch Ziegen und Esel aufgenommen.“

Als eine Freundin 2016 ein Eichhörnchen findet, ist schnell klar, wer sich darum kümmern könnte. Mit Know-how und Hingebung. Wer in Castrop-Rauxel den Einhörnchen-Notruf wählt, landet nun über kurz oder lang bei ihr. 184 Tiere hat sie in diesem Jahr aufgezogen.

Mit viel Hingabe kümmert sich Gertrud Smyra um die Igel.
Mit viel Hingabe kümmert sich Gertrud Smyra um die Igel.© Luca Füllgraf

„Es geht einfach nicht, ‚Nein‘ zu sagen, wenn ein Tier in Not ist“, findet Gertrud Smyra. Dabei habe es in all den Jahren immer wieder Momente gegeben, in denen sie, genug ist genug, zu sich gesagt habe. Wenn ein Hund ihr in die Hand beißt, könnte sie das inzwischen wegstecken. Aber wenn sie einen maden-übersähten Igel, der zuvor etwa von einem Rasenmähroboter verletzt wurde, mühsam säubert, aufpäppelt, gesund pflegt und ser Igel dann schließlich doch stirbt, dann brauche sie ein dickes Fell. Erst im Sommer habe sie beschlossen, keine Igel mehr aufzunehmen. Nun bereitet sie doch wieder 25 Tiere auf den Winter vor.

Keine Zeit für Langeweile

Bis vor einigen Jahren fuhr Gertrud Smyra noch Straßenbahn für die Bogestra. Das sei nach einer schweren Hirnhautentzündung leider nicht mehr möglich. Sich lange am Stück zu konzentrieren, falle ihr schwer. Im Januar wird sie 63 Jahre alt, die Rente hat sie schon beantragt. Mittlerweile dreht sich das Leben der Ehrenamtlerin vor allem um die Tiere, um die sie sich kümmert. Los geht es gleich nach dem Aufstehen morgens um 6 Uhr. Zunächst müssen die Igel versorgt und gesäubert werden; die stehen gerade in Boxen im Wohnzimmer. Dann dreht sie draußen eine Runde mit ihren Hunden und anschließend geht es zum Stall zu ihrem Pferd.

Zwischendurch telefoniert sie zum Beispiel für die Eichhörnchen: „Tierschutz ist Teamarbeit“, sagt die Schwerinerin: „Ich verstehe nicht, warum sich Tierschützer so häufig gegenseitig hacken. Wir haben doch alle das gleiche Ziel.“ Zum Frühstücken kommt die 62-Jährige bei all der Arbeit oft erst nachmittags, wenn es etwas ruhiger wird: „Langeweile kommt bei mir nicht auf.“

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