
Sie sind verunsichert. Fühlen sich persönlich für den aktuell wieder entflammten Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern verantwortlich gemacht. Sie haben Angst. Fühlen sich manchmal sogar bedroht. Das schilderten Vertreter der Jüdischen Kultusgemeinde des Kreises Recklinghausen und der Melvana-Gemeinde kürzlich im Gespräch mit Rajko Kravanja.
Der Bürgermeister von Castrop-Rauxel hatte zum Austausch auf Schwerin eingeladen, wie die Verwaltung nun in einer entsprechenden Meldung mitteilte. Hier sprach er mit Kubilay Corbaci, Vertreter der muslimischen Gemeinde, und Dr. Mark Gutkin, Vorsitzender der jüdischen Gemeinschaft, über die Bedrohungslage, die Verunsicherung und den Rechtfertigungsdruck.
Viele besorgte Anrufer
Besonders konkret erzählten sowohl Corbaci als auch Gutkin von den Sorgen ihrer Gemeindemitglieder in Castrop-Rauxel. „Besorgte Eltern rufen an und fragen, ob sie ihre Kinder noch in die Synagoge schicken können und erkundigen sich, ob die Polizei die Einrichtung schützt“, erzählte Gutkin unter anderem.
Kubilay Corbaci wiederum sagte, dass auch er solche Anrufe kenne. Seine Gemeindemitglieder seien alarmiert, weil seit Ende Oktober gleich mehrere Moscheen in der Stadt islamfeindliche Post – einen verbrannten Koran mitsamt Hundekot, Schweinefleisch und Dreck – erhalten hatten.
Hinzu käme, schilderten beide Gemeindevertreter gegenüber dem Bürgermeister, der Rechtfertigungsdruck für die aktuelle politische Lage in Israel und im Gaza-Streifen. Dem seien alle Gemeindemitglieder beider Religionen ausgesetzt. Viele hätten den Eindruck, dass sie persönlich dafür verantwortlich gemacht werden.
Gemeinden forcieren Austausch
Einig waren sich die Teilnehmenden darüber, dass nicht das Reden übereinander, sondern der Dialog miteinander zu Verständnis und Toleranz führt. „In einer Stadt wie Castrop-Rauxel, in der wir als Nachbarn zusammenleben, in der man sich kennt oder kennenlernen sollte, muss es möglich sein, auch über schwierige Themen zu reden und Schubladendenken aufgrund zum Beispiel ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit zu überwinden“, betonte Bürgermeister Rajko Kravanja.
Für das bessere Kennenlernen sprachen sich auch die Gemeinden aus. Gegenseitig wurden Einladungen an die jeweils anderen Mitglieder ausgesprochen und auch ein Austausch der Jugend angeregt.