
Im Februar stehen bei der evangelischen Gemeinde Datteln die Wahlen zum neuen Presbyterium an. „Wir befinden uns im Umbruch. Wir brauchen Menschen, die Lust haben, was zu bewegen, die Kirche neu denken und einen freien Blick haben auf die Dinge“, sagte Pfarrer Christian Hüging vor kurzem im Gespräch mit unserer Redaktion. Deshalb hofft der Dattelner Pfarrer, dass sich noch Gemeindeglieder melden, die Interesse daran haben, diesen Umbruch mitzugestalten. Einer davon ist Tobias Scheckenreuter. Der Dattelner, der im Beisenkamp groß geworden ist, will sich trotz aller Probleme von Kirche engagieren und wird im Falle seiner Wahl mit 46 Jahren zu den jüngsten Mitgliedern des Presbyteriums, dem Kirchenleitungsteam, gehören.
„Jetzt erst recht“, sagt der 46-Jährige
Mit Blick auf die Missbrauchs-Vorwürfe, von denen insbesondere die katholische Kirche erschüttert wird, sagt der zweifache Familienvater: „Das ist schrecklich, keine Frage. Andere ziehen daraus die Konsequenz, aus der Kirche auszutreten, kehren der Institution Kirche den Rücken.“ Umso mehr möchte der Dattelner zeigen, dass es auch anders geht. „Jetzt erst recht“, sagt Scheckenreuter im Gespräch mit unserer Redaktion zu seinem geplanten Engagement als Presbyter.
Der gelernte Alten- und Krankenpflege ist von Kindesbeinen an mit der evangelischen Kirche in Datteln verbandelt, gewissermaßen familiär vorbelastet. „Meine Mutter war jahrzehntelang als Küsterin aktiv, erst im Gemeindezentrum in Hagem, dann in der Lutherkirche. Da wurde ich sozialisiert“, sagt der 46-Jährige mit einem Augenzwinkern. Vater Dieter war ebenfalls in der Gemeinde aktiv, als Presbyter. Das hat Tobias Scheckenreuter ein Stück weit geprägt, hat ihn ins Gemeindeleben gebracht. Aber es gab nie elterlichen Druck. „Es hat niemand zu mir gesagt, du kommst jetzt mit. Das hat sich mehr gefügt.“ Das Gemeindeleben hat Tobias Scheckenreuter immer als sehr angenehm empfunden und sich gerne eingebracht, schon als Jugendlicher. „Ich habe damals mit meinen Freunden geholfen, den Jugendkeller im Gemeindezentrum Hagem herzurichten. Im Alter zwischen 17 und 20 Jahren waren wir ein wilder Haufen. Entweder keine oder ganz lange Haare, Springerstiefel. Beim Gemeindefest saß ich dann mit 70, 80 Jahre alten anderen Helfern zusammen und eine halbe Stunde waren wir trotz aller Unterschiede beim Du. Das war schon beeindruckend“, sagt Scheckenreuter zu dem, was Gemeinschaft ausmacht.

Der 46-Jährige hat ein Problem mit Menschen, die sich immer zurücklehnen, immer an allem was zu meckern haben, sich aber nicht selber einbringen wollen, um was zu verändern. „Natürlich ist so ein Amt mit Verantwortung und Pflichten verbunden. Aber ich bin der Überzeugung, dass es auch Spaß machen kann, was zu bewegen.“
Es gilt auch, dicke Bretter zu bohren
Natürlich hat Tobias Scheckenreuter mitbekommen, dass es um die Finanzen der Gemeinde in Datteln nicht so gut bestellt ist und Defizite eingefahren werden. Eine Ursache ist unter anderem die hohe Zahl an Kirchenaustritten, und damit verbunden weniger Geld von der Landeskirche. Kreativität sei gefordert, Prioritäten müssten gesetzt werden, wenn man überlegt, wo ist noch Luft, wo kann man was sparen. Er weiß, dass er dabei auf Widerstände treffen wird, dicke Bretter bohren muss, wenn es darum geht, alte Pfründe anzugehen. „Einfach kann jeder“, schmunzelt er. Der 46-Jährige ist froh, dass die Amtszeit als Presbyter vier Jahre beträgt. „Das ist ein Zeitraum, in dem man was bewegen kann.“
Aus seinem Freundeskreis bekommt er Unterstützung für seinen Plan. „Selbst Freunde und Bekannte, die aus der Kirche ausgetreten sind, mit der Institution Kirche nichts zu tun haben, sagen mir: Mach es, engagiere dich“, erzählt Tobias Scheckenreuter, der zugibt, kein regelmäßiger Kirchgänger zu sein, und hofft, dass sich der eine oder andere noch findet, der mitmachen möchte.