Das Jahr am Gericht „Da muss mich der Teufel geritten haben“

Der traurigste Prozess des Jahres: Die angeklagte Mutter, die ihre Tochter Emma ermordet hat, zwischen ihren Verteidigern Malte Englert (li..) und Siegmund Benecken.
Der traurigste Prozess des Jahres: Die angeklagte Mutter, die ihre Tochter Emma ermordet hat, zwischen ihren Verteidigern Malte Englert (l.) und Siegmund Benecken. © Jörn Hartwich
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Blankes Entsetzen herrschte im Prozess um den Tod der kleinen Emma. Die Leiche der Sechsjährigen aus Kirchhellen war im Bett der Mama gefunden worden – mit einem Kuscheltier im Arm. Die eigene Mutter hatte dem Mädchen die Kehle durchgeschnitten. Die Richter sprachen von einer „katastrophalen Tat“. Strafe für die Mutter: 13 Jahre Haft wegen Mordes.

Fassungslosigkeit herrschte auch im Prozess gegen einen 29-jährigen Vater aus Wulfen. Er hatte seine vierjährige Tochter sexuell missbraucht und mit Kinder-Stringtanga gefilmt. Außerdem hatte er tausende Kinderporno-Dateien auf dem Computer. Das Urteil: fünf Jahre und drei Monate Haft.

Azubi war „falscher Polizist“

Hässlich waren auch die Taten eines „falschen Polizisten“. Der Angeklagte hatte von einer Seniorin aus der Feldmark Bargeld und Schmuck im Wert von über 20.000 Euro entgegengenommen, die er angeblich in Sicherheit bringen wollte. Der Frau war vorgegaukelt worden, dass sie überfallen werden soll. Jetzt ist alles weg. Das Urteil: dreieinhalb Jahre Haft.

Ein anderer „falscher Polizist“ hatte eigentlich beste Voraussetzungen. Er hatte einen Ausbildungsplatz, wohnte bei Mama in Barkenberg, seinen Mercedes haben Oma und Opa finanziert. Trotzdem wollte er mehr und sammelte für eine Betrügerbande Schmuck und Bargeld in Höhe von rund 50.000 Euro von ahnungslosen Senioren ein. Die Strafe: 23 Monaten Haft auf Bewährung.

„Maxi“ und „Josi“ gerettet

Besonders schlimm ist es der Senior-Chefin eines Dorstener Unternehmens ergangen. Die 86-Jährige wurde in ihrem Haus überfallen und ausgeraubt. Die Täter hatten sie an einen Stuhl gefesselt und später ins Badezimmer gesperrt. Die Beute: Geld und Schmuck im Wert von 2.000 Euro. Einer der Täter ist später gefasst und 2022 zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Er hatte sein Auto mit dem richtigen Nummernschild direkt vor einer Überwachungskamera der Unternehmerin geparkt. Vermummt war er auch nicht.

Traurig war das Schicksal von „Maxi“ und „Josi“. Die beiden Pudel hatten weder Futter noch Wasser, als sie völlig verwahrlost aus einer Hervester Wohnung geholt wurden. Die Kosten von knapp 900 Euro für Rettung, Tierarzt und Tierheim wollte die Halterin allerdings nicht bezahlen. Muss sie aber. Das hat das Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen entschieden. Außerdem wurde ein Tierhalteverbot verhängt.

Nachschlag für Tennislehrer

Abgeschlossen wurde 2022 auch der zweite Prozess gegen einen Ex-Tennislehrer. Er hatte zahlreiche Frauen dazu gedrängt, ihre kleinen Kinder zu Sextreffen mitzubringen. Auch ins Barkenberger Vereinsheim, wo er lange unter Vertrag stand. Einige der Frauen unterschrieben Sklavenverträge. Insgesamt hat das Essener Landgericht nun neuneinhalb Jahre Haft verhängt – wegen Kindesmissbrauchs und Vergewaltigung.

Tatort war auch das „Atlantis“. Dort hat ein 73-Jähriger seine zehnjährige Enkeltochter in der Umkleide missbraucht. Im Prozess hatte er dazu gesagt: „Da muss mich der Teufel geritten haben.“ Urteil: dreieinhalb Jahre Gefängnis.

Nach dem Tode wieder vereint

Ein echter Albtraum passierte vor „Fürst Leopold“. Ein polnischer Lkw-Fahrer schlägt eine junge Frau aus Dorsten nach der „Prisma-Revival-Party“ auf einem Parkplatz nieder, um sie zu vergewaltigen. Zum Glück tauchte der Freund der Frau gerade noch rechtzeitig auf. Dieses Verfahren läuft noch.

Der ungewöhnlichste Prozess fand 2022 am Verwaltungsgericht statt. Dort hat es eine Frau aus Norddeutschland geschafft, dass ihr in Wulfen beerdigter Papa noch einmal ausgegraben und umgebettet wird, um neben seiner Ehefrau bei Hamburg endgültig die letzte Ruhe zu finden. „Für meinen Vater war es immer unvorstellbar, von seiner Frau getrennt zu sein“, hatte die Frau den Richtern erklärt. Nun ist das Ehepaar im Tod wieder vereint.

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