
Susanne, Gülten und Özgün sind Lehrerinnen in Dorsten. Für das Projekt #ECHT haben sie mit Dr. Stefanie Marzian vom Verein HerausForderung über systemische Diskriminierung gesprochen. Alle drei haben eine Migrationsgeschichte und dadurch Hürden in ihrem Leben überwinden müssen.
Susanne hat eine klare Mission: Bildungsgerechtigkeit. Durch eigene Erfahrungen weiß sie, was es bedeutet, aufgrund von Herkunft und finanziellen Gegebenheiten benachteiligt zu werden.
Susanne hatte trotz guter Noten keine Gymnasialempfehlung bekommen, da ihre Familie sich keine Nachhilfe leisten konnte. „Meine Mutter hat wie eine Löwin für mich gekämpft“, erinnert sie sich und ist für diesen Einsatz bis heute dankbar.

Mit diesem Hintergrund sieht Susanne Bildung als Schlüssel zur Teilhabe, insbesondere für Kinder mit Migrationsgeschichte. Ihr eigener Werdegang verleiht ihr nicht nur Fachwissen, sondern auch viel Empathie. Sie möchte für andere die Unterstützung sein, die ihr selbst manchmal fehlte: eine Vertrauensperson und Mutmacherin.
Brücken zwischen Kulturen
Susanne setzt sich für ein Schulsystem ein, das alle Kinder fördert, unabhängig vom finanziellen Status ihrer Eltern. „Erfolg darf nicht davon abhängen, ob genug Geld da ist“, erklärt sie. Ihre interkulturelle Perspektive ermöglicht es ihr, Brücken zwischen verschiedenen Kulturen zu bauen und Vielfalt als Stärke zu sehen.
Ihre Arbeit dreht sich darum, Kinder in ihrer Entwicklung zu begleiten, ohne sie zu bewerten. So denkt sie systematisch über die individuelle Förderung hinaus und wünscht sich mehr Chancengleichheit durch ein förderorientiertes Bildungssystem.
Gülten bringt ihre Lebensfreude und Positivität in alles ein, was sie tut. Als engagierte Lehrerin liebt sie ihren Job und den Umgang mit Schülerinnen und Schülern.
Ihre eigene Geschichte ist geprägt von den Herausforderungen, die sie in ihrer Kindheit meistern musste. Gültens Vater war Bergmann, ihre Mutter Analphabetin. Trotz sprachlicher Barrieren ihrer Eltern, die sie schon früh dazu zwangen, Verantwortung und Dolmetschertätigkeiten zu übernehmen, entwickelte Gülten eine bemerkenswerte Resilienz. „Ich war eigentlich selbst noch ein Kind – aber ich habe früh gelernt, stark zu sein“, sagt sie rückblickend.
„Ich bin eine Menschenfreundin“
Diskriminierungserfahrungen spielten eine entscheidende Rolle in Gültens Leben. Sie betont, dass es jedoch genauso bedeutsam war, sich nicht auf den Migrationshintergrund reduzieren zu lassen, sondern die eigene Perspektive einzubringen und zu teilen.
Diese Erfahrungen haben sie gelehrt, jedem Menschen mit Offenheit und Wohlwollen zu begegnen, unabhängig von Herkunft oder Aussehen. Sie selbst sagt: „Ich gehe immer von der positiven Seite aus. Ich bin eine Menschenfreundin.“
Gülten jongliert täglich zwischen ihrer Familie, ihrem Beruf und ihrem gesellschaftlichen Engagement. Sie hält an dem Leitbild fest, jedem Kind die Botschaft zu vermitteln, dass es wichtig ist, seinen eigenen Weg zu finden und sich durch Herausforderungen nicht entmutigen zu lassen.
Offene Begleiterin für Schüler
Auch Özgün ist Lehrerin und hat Diskriminierung erlebt. Während ihrer Schulzeit wurde ihr Name absichtlich falsch ausgesprochen – eine Situation, die sie als Angriff auf ihre Identität wahrnahm: „Für ihn hieß ich einfach Otzgun – das war ein Angriff auf meine Identität.“
Heute setzt sich Özgün mit großem Einsatz dafür ein, Kindern und Jugendlichen als ehrliche, empathische und offene Begleiterin zur Seite zu stehen.
Mit ihrer reflektierten und freundlichen Art schafft sie Räume, in denen sich junge Menschen entfalten können, besonders diejenigen, die selber Diskriminierung erfahren haben. „Ich reflektiere mich viel – das ist eine echte Stärke“, sagt sie über ihre Fähigkeit, Vorurteile zu hinterfragen und anderen vorurteilsfrei zu begegnen.
Özgüns Leidenschaft für Musik spiegelt sich in ihrer positiven und energiegeladenen Herangehensweise an ihre beruflichen und persönlichen Herausforderungen wider.
Mit ihrer Erfahrung und Offenheit gegenüber den unterschiedlichsten Lebenssituationen der Kinder und Jugendlichen sorgt sie für ein Umfeld, das auf Verständnis und Unterstützung basiert, um ihre Schüler in ihrer persönlichen Entwicklung zu fördern.
Im Rahmen der Ausstellung #ECHT sind Interviews mit Dorstenern entstanden, die von systemischer Diskriminierung betroffen sind. Nach der Ausstellung werden die Inhalte in einer Serie der Dorstener Zeitung veröffentlicht.
Stefanie Marzian vom Verein HerausForderung leitet und organisiert das Projekt zusammen mit der Jugendberufshilfe Dorsten.