Petra Bangel und ihr pflegebedürftiger Sohn sollen ausziehen Nun meldet sich der Vermieter

Ein Hauseingang.
Petra Bangel pflegt ihren Sohn Peer rund um die Uhr. Nun sollen sie ausziehen. © ArmeSocken e.V.
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In einem Artikel vom 11. April berichtete diese Redaktion über das Schicksal der Dortmunderin Petra Bangel (64) und ihrem Sohn Peer (27). Sie müssen derzeit eine neue Wohnung suchen, da ihr neuer Vermieter – angeblich entgegen vorheriger Absprachen – selbst in die Wohnung einziehen will.

Die Wohnungssuche gestaltet sich schwierig, denn Peer Bangel hat AMC („Arthrogryposis multiplex congenita“) und ist so an den Rollstuhl gefesselt, dass er die ganztägige Pflege seiner Mutter benötigt. Eine passende Wohnung muss gewisse Voraussetzungen erfüllen.

Petra und Peer Bangel sitzen in ihrem Wohnzimmer.
Petra Bangel (64) und ihr jüngster Sohn Peer (27).© Martin Teichert

Fünfzehn Jahre wohnen Petra und Peer in ihrer Wohnung, in der alle Bedürfnisse für Peer erfüllt werden können. Doch nun sehen sie sich gezwungen, eine neue Wohnung zu suchen. Im August 2023 verkaufte ihr alter Vermieter die Wohnung. Der neue Eigentümer will nun selbst in die Wohnung einziehen.

Vermieter meldet sich zu Wort

Vor der Veröffentlichung des ersten Artikels konnte diese Redaktion keinen Kontakt zu dem neuen Eigentümer und Vermieter herstellen. Kontaktversuche mit seinem Anwalt blieben unbeantwortet.

Nach Erscheinen des Artikels meldete sich einer der beiden Eigentümer bei dieser Redaktion, um seine Sicht der Dinge darzustellen. Aus seiner Perspektive gehe er äußerst nachsichtig mit der Familie Bangel um und bewege sich lediglich im Rahmen der Gesetze. Zu vielen Mahnschreiben gegen die Bangels sehe er sich sogar rechtlich gezwungen.

Bei den Vermietern und Eigentümern handelt es sich um zwei Geschäftspartner, die anonym bleiben möchten. Einer der beiden sieht sich eher als Investor im Hintergrund. Der aktivere Part der beiden ist derjenige, der selbst in die Wohnung der Bangels einziehen möchte und sich in einem Rechtsstreit mit der Familie befindet.

Eigenbedarfskündigung, ja oder nein?

Aus Sicht des Vermieters, der das Haus in Dortmund im August 2023 kaufte, bestehe aktuell gar keine Kündigung wegen Eigenbedarfs. Aber einen Schritt zurück:

Nach Aussagen von Petra Bangel sei im Zuge des Hausverkaufs im vergangenen Jahr von dem alten Eigentümer deutlich gemacht worden, dass er unbedingt an einen Käufer verkaufen wolle, unter dem alle Mietverhältnisse so bleiben können, wie sie sind. Auch sollen die neuen Eigentümer dies deutlich bestätigt haben – jedoch nur mündlich.

Schon wenige Tage nach der Schlüsselübergabe traf Petra Bangel dann der Blitz, als ihr eine Kündigung wegen Eigenbedarfs vorlag.

Nachdem diese Redaktion Kontakt mit dem alten Vermieter aufnehmen konnte, bestätigte dieser den Vorgang: Die neuen Eigentümer hätten zunächst mündlich zugesagt, keinen Eigenbedarf anzumelden. Aus diesem Grund habe er sogar ein um 20.000 Euro höheres Angebot eines anderen potenziellen Käufers abgelehnt. Es liegen jedoch keine schriftlichen Beweise für diese Absprachen vor und der neue Eigentümer steht auf dem Standpunkt, solche Zusagen nie getätigt zu haben.

Rückzug der Eigenbedarfskündigung

In ihrer Not wendete sich Petra Bangel an den Mieterverein. Daraufhin zog der neue Vermieter seine Eigenbedarfskündigung offiziell zurück.

Ein indirekter Eigenbedarf und somit unterschwelliger Druck für die Bangels besteht aber weiter, denn trotz der formalen Rücknahme der Kündigung will der neue Eigentümer weiterhin selbst in die Wohnung einziehen, wie er sagt. „Aber erst, wenn die Familie Bangel eine neue Wohnung gefunden hat. Dabei gebe ich ihnen die Zeit, die sie brauchen und biete ihnen meine Hilfe an“, so der Eigentümer.

Die Behauptung, aus dem Haus eine Ferienunterkunft machen zu wollen, sei in jedem Fall falsch. Lediglich eine der Wohnungen sei derzeit auf der Plattform Airbnb eingestellt, damit der andere der beiden Eigentümer, der häufig auf langen Geschäftsreisen sei, eine Bleibe in Dortmund hat. Auch die Mietverhältnisse der anderen Mieter können unverändert bleiben, so der neue Eigentümer.

Weiterer Streit

Der Fall ist aber komplizierter. Wenngleich der Vermieter die Eigenbedarfskündigung zurückgezogen hat, sollen die Bangels ausziehen. Und diesen Druck, den spüren Mutter und Sohn.

So schickte der Vermieter Petra Bangel über Monate immer wieder Aufforderungen, für Ordnung zu sorgen. Aus seiner Sicht, seine Pflicht als Vermieter, um Sicherheit und einen gepflegten Zustand auch für die anderen Mieter zu gewährleisten; aus Sicht von Petra Bangel reine Schikane, um sie schneller zum Auszug zu bewegen. Den Aufforderungen, den Garten leerzuräumen, kam Petra Bangel mittlerweile nach.

Juristisches Ende?

Juristisch offen ist die Frage der Mietverhältnisse in dem Erdgeschoss der Wohnung. Aus Sicht des neuen Eigentümers sei dies eine zusammenhängende Wohnung, die Frau Bangel unrechtmäßig als zwei Wohnungen angemeldet habe, um dort wohnen bleiben zu können. Zudem sei ihm einer der Bewohner gar nicht bekannt und genannt worden. Daher sprach er eine Kündigung gegen einen der Söhne aus. Die Frist läuft bis Juni 2024.

Petra Bangel weist diese Anschuldigungen entschieden zurück. Aus ihrer Sicht handelt es sich um zwei separate Wohnungen. In der Kleineren wohnt einer ihrer Söhne, in der Größeren wohnen sie selbst, ihr Sohn Peer und ein weiterer Sohn. Dies sei allen relevanten Ämtern und auch dem neuen Vermieter bekannt.

Eine Kündigung gegen einen ihrer Söhne wegen vermeintlich unangemeldeter Untervermietung sei aus ihrer Sicht erneut reine Schikane, um auch den Rest der Familie zu einem schnellen Auszug zu bewegen.

Auch der Ex-Eigentümer bestätigt, dass es sich um zwei Wohnungen handele und Frau Bangel stets alle Bewohner, ihre Kinder, ordentlich angegeben habe.

In letzter Konsequenz werden die Vorwürfe des Vermieters nur juristisch zu klären sein. So oder so ist für alle Seiten klar, dass Petra Bangel, Peer und sein Bruder ausziehen wollen, sobald sie eine geeignete Wohnung im Raum Dortmund/Unna finden.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 14. April 2024.

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