
Das Stadtteilkino Postkutsche in Dortmund-Aplerbeck ist weit mehr als nur ein Ort, an dem Filme gezeigt werden – es ist für viele ein Stück Heimat, ein Ort voller Erinnerungen. Seit 1954 begleitet das charmante Lichtspielhaus Generationen durch bewegte Bilder. Nun ist die Zukunft des Kinos ungewiss. Viele Aplerbecker verbinden mit der Postkutsche besondere Erlebnisse: der erste Kinobesuch, das erste Date oder einfach der Zauber eines nostalgischen Kinoabends. Wir haben euch deshalb gebeten, eure Erinnerungen an die Filmbühne mit uns zu teilen – und haben zahlreiche Nachrichten erhalten. Das sind die Geschichten unserer Leserinnen und Leser.
„Als zugezogener Dortmunder war ich Anfang der Neunziger Jahre das erste Mal mit meiner großen Liebe in der Postkutsche. Der Film war natürlich nebensächlich. Aber der leicht muffige Geruch, die weichen roten Sessel, das Flaschenbier und die Möglichkeit, beim Film noch genussvoll ein paar Zigaretten zu rauchen – unvergesslich“, berichtet uns Detlef S.
„Ich bin nach dem Krieg am Aplerbecker Marktplatz groß geworden. Um ihn ranken sich als Dorfzentrum manche Anekdoten und Geschichten. Da war die Nachbarschaft eines Kinos (von damals dreien in Aplerbeck!) der Zugang zur weiten Welt. Trotzdem lebte man dörflich unter sich. Und so war es auch nicht verwunderlich, wenn meine Eltern wöchentlich einmal (zumindest in der dunklen Jahreszeit) den kurzen Weg zur „Postkutsche“ in Pantoffeln zurücklegten! Das Kino war eben das zweite Wohnzimmer. Verpflegung wurde vermutlich mitgenommen. Herrliche Zeiten! Möge etwas von diesem Flair erhalten bleiben!“, wünscht sich Leser U. Düsberg.
Jugend in der Postkutsche
Leser Daniel J. erzählt uns von seiner liebsten Erinnerung an das Kino: „Besonders in Erinnerung geblieben ist mir der dritte Teil der ,Herr der Ringe´-Trilogie. Das muss im Januar 2004 gewesen sein, damals durfte man in dem Kino noch rauchen. Wir waren mit mehreren Freunden in der Vorstellung. Ich hatte den Film schon am Silvester-Abend gesehen, war also im ,Vorteil´. Trotzdem war ich völlig gefangen von der unglaublichen Atmosphäre des Films. Das wurde durch das Kino, das sehr gut besucht war, noch unterstützt. Mein guter Freund Roland musste kurz vor Beginn des Films auf die Toilette und kam dann nicht mehr herein, weil die Tür nicht mehr zu öffnen war. Er musste sich, mit voller Kraft, mehrmals gegen die Tür werfen und stolperte dann durch den Vorhang in den Saal. Auch wenn das 20 Jahre her ist, sehe ich es noch vor mir. Eine Erinnerung, von vielen, die ich mit dem Kino in Aplerbeck in Verbindung bringe.“
Auch Martin R. war bereits in seiner Jugend in der Postkutsche. „Ich war für meine Jugendzeit ziemlich groß gewachsen, mit 14 Jahren um die zwei Meter groß. Im Jahr 1973 hat noch keiner nach einem Ausweis gefragt, Altersverifikation ging nach Augenschein, das war nicht nur einmal mein Vorteil. Das Objekt der Begierde hieß seinerzeit ,Spiel mir das Lied vom Tod´ und war leider ,ab 16´. Jetzt ratet mal, wer den Film damals schon mit 14 in der Postkutsche geschaut hat…“
Joachim H. (63) denkt abenteuerlich an die Postkutsche zurück: „Meine ersten Erfahrungen mit dem Kino Postkutsche hatten meine Freunde und ich mit den ‚Godzilla‘-Filmen. Später waren wir immer dann in der Postkutsche, wenn die neuen Bud Spencer und Terence Hill Filme liefen. Auf dem Rückweg nach Sölde entlang der Emscher fühlten wir uns dann immer wie die Helden aus den Filmen.“
„Mit Freude habe ich den Bericht über unsere Postkutsche in Aplerbeck gelesen. Da kommen natürlich viele Erinnerungen meiner Jugendzeit der 60er Jahre wieder auf“, schreibt uns Horst Müller. „Die Freizeit beschränkte sich auf das gemeinsame Fußballspielen im ASC und sonntags nachmittags in der Regel auf einen Kinobesuch. In Aplerbeck gab es in dieser Zeit drei Kinos. Das Scala, oben an der heutigen Grundschule, das Capitol in der Köln-Berliner-Straße und natürlich unsere Postkutsche. Je nach Programm waren wir Jugendlichen mal in der Scala, überwiegend jedoch in der Postkutsche. Legendäre Filme wie z. B. ,Doctor Schiwago´, „Das Schweigen´, ‚Dschungelbuch‘ und nicht zu vergessen, die James-Bond-Filme waren öfter ausverkauft. Man musste sich schon früh am Eingang einfinden, um eine Karte oder auch zwei zu bekommen. Eine super nette Platzanweiserin, klein, flink wie ein Wiesel, zeigte dann jedem Kinobesucher seine Sitzplatzreihe. Es war Frau Kneuper, die wir alle liebevoll Mutter Kneuper nannten. Der Besitzer des Kinos, der Gaststätte und dem angrenzendem Hotel war meistens auch zugegen, um gegebenenfalls für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Seine laute Stimme schallte dann manchmal durch den ganzen Saal. Es gab auch ein- oder zweimal richtig Ärger. Da hatten doch unbekannte Jugendliche einfach kleine sogenannte Stinkbomben, nicht größer als ein Bonbon, ins Kino geschmuggelt und auf dem Boden ausgetreten. Die ganze Hütte stank eine geraume Zeit fürchterlich nach faulen Eiern. Die seitlichen Ausgangstüren mussten zur Lüftung erst einmal geöffnet werden. Ich erinnere mich auch noch daran, dass es verschiedene Preiskategorien für die Kinovorstellungen gab. 1. und 2. Parkett, Sperrsitz und Loge. Die Loge konnten wir Jugendlichen uns vom Preis her nicht erlauben. Wenn jedoch mal ein oder zwei Plätze in der Loge frei waren, mogelten wir uns gerne in der Dunkelheit (Frau Kneuper durfte es nicht sehen) auf diese Plätze. Am liebsten natürlich in die letzte Reihe – da hatten wir mehr Schmusefreiheit“, erinnert er sich zurück.
„Ich bin schon als Kind mit meinem Vater und meinem Bruder in die Postkutsche gegangen. Damals in den Siebzigern haben wir uns auf die Karl May Filme gefreut, die dort gezeigt wurden. Das war immer ein Erlebnis… und das ist es immer noch.
Später habe ich dieses mit meinen eigenen Kindern geteilt. Ich gehe zwar nicht mehr so häufig ins Kino, doch wenn, ist das immer ein besonderes Ereignis und verbindet sich mit einem Gefühl von Nostalgie und Geborgenheit. Aber dieses Gefühl finde ich nur in der Postkutsche Aplerbeck“, schreibt Leserin Bettina B.
Ein User unserer Instagram-Community erinnert sich: „Damals war noch auf der ganz rechten Seite der Raucherbereich. Waren mit der Schule mal tagsüber da und haben dann natürlich heimlich im Dunkeln gesessen und Zigaretten geraucht. Wir waren natürlich alle erst 14 oder 15 Jahre alt. Und eine andere nette Story war damals, als einer der ersten Filme von Harry Potter herauskam. Da war eine unendlich lange Schlange vor dem Kino. Am Ende haben sie sogar noch Stühle in die Gänge und an die Seiten gestellt. Ich glaube, über Brandschutz hat sich an diesem Abend niemand Gedanken gemacht.“
Erste Filme und erste Dates
Auch einige unserer Redakteure erinnern sich gern an die Postkutsche. „Ich habe meinen allerersten Kinofilm in der Postkutsche in Aplerbeck gesehen – obwohl ich in Dorsten aufgewachsen bin. In der Großstadt Dortmund hatten wir eine befreundete Familie besucht, diese hatte uns ins Kino eingeladen. Das war 1973, ich war 6 Jahre alt. Der Film: Bernhard und Bianca. Bis heute kann ich mich an jede einzelne Szene des Films erinnern – und an das unfassbar tolle Kino, das mir damals so festlich und gigantisch groß vorkam, dass ich mir als Sechsjährige nichts Schöneres vorstellen konnte“, erzählt uns Wiebke K. von ihrem ersten Kinobesuch.
Auch für Kollegin Susanne L. war es der erste Kinofilm in der Postkutsche. „Ich war vor einigen Jahrzehnten als etwa Vier- oder Fünfjährige zum ersten Mal im Kino. Zusammen mit meinem Vater und meinem älteren Bruder besuchten wir die Postkutsche in Aplerbeck. Ich weiß noch, dass ich sehr aufgeregt war und staunend in den mit Besuchern gut gefüllten Kinosaal schaute. Viele Eltern mit Kindern waren gekommen, um den Film ,Peter Pan´ zu gucken. Als es dunkel wurde im Saal, hatte ich erst etwas Angst, aber dann begann der Film und alles war gut. Allerdings nur etwa bis zur Mitte des Movies, denn dann riss der Film. Damals war ja noch alles analog. Der Filmvorführer war auch leider nicht in der Lage, den Film zu flicken. Plötzlich ging das Licht im Saal an, die Vorführung endete vorzeitig. Erst Jahre später habe ich mir den Film noch mal angeschaut und erfahren, wie die Abenteuer von Peter Pan ausgehen.“
Eine besonders schöne Geschichte aus dem Kino teilt Leser Wilhelm C. mit uns: „Am 16. März 1965 (Karfreitag) lernte ich meine jetzige Frau kennen. Der Film (Nacht der Leguane) war großer Mist, aber mit meiner Frau feiere ich am 16. Januar 2025 Platinhochzeit, 55 Jahre Ehe.“
„Ich habe nur schöne Erinnerungen an die Postkutsche. Ich bin als Kind Mitte/Ende der 1960er Jahre mittwochnachmittags um 15 Uhr in die Kindervorstellung gegangen. Gezeigt wurden Märchenfilme oder Walt Disney Zeichentrickfilme. Das waren für mich als Kind absolute Highlights. Die Postkutsche ist Nostalgie pur!“, erzählt uns Ulrike K.
Vom ersten Kinobesuch ihres Sohns berichtet Susanne L.: „Beim Lesen des Berichts über Dortmunds letztes Vorstadtkino kamen mir so schöne Erinnerungen in den Sinn. Eine davon ist der erste Kinobesuch mit unserem kleinen Sohn und dessen Freund nebst Mama. Große Aufregung. Zum ersten Mal Kino! Viele erwartungsvolle Kinder strömen hinein. Am Kiosk: Anstehen für Süßigkeiten und Getränke. Welcher Film? Ich weiß es nicht mehr. Aber sehr genau erinnere ich mich an all die Erwachsenen, die Autokindersitze unter dem Arm trugen. Wir beiden Mütter naiv-erstaunt über das Offensichtliche: Warum wohl? Die Antwort bekamen wir schnell, als unsere Jungs im Kinosaal in den tiefen Sitzen versanken und empört unisono meldeten: ,Wir können gar nichts sehen´. Also, fix zurück zum Auto, ebenfalls Kindersitze unter den Arm geklemmt, und das erste Kinoerlebnis konnte starten.“