Geldzahlung statt Straf- und Gerichtsverfahren Doch wer bekommt das Geld in Dortmund?

Regelmäßig werden Straf- und Gerichtsverfahren gegen Geldauflagen eingestellt.
Regelmäßig werden Straf- und Gerichtsverfahren gegen Geldauflagen eingestellt. Ein Verein, der sich zur Prävention von Jugendkriminalität einsetzt, profitiert in Dortmund häufig. © picture alliance / dpa
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Ein Strafverfahren in Deutschland muss nicht mit einem Freispruch oder einer Verurteilung enden. Es gibt auch eine Art Mittelweg: Die „Einstellung eines Strafverfahrens gegen Geldauflage“. Wöchentlich entscheiden Richter und Staatsanwälte in Deutschland in Absprache mit den Angeklagten zigfach auf die Zahlung einer solchen Geldauflage.

Richter und Staatsanwälte entscheiden dabei, wohin das Geld geht. Ein Teil fließt in die Staatskasse, der andere Teil geht an gemeinnützige Vereine und Einrichtungen. Exklusive Recherchen der investigativen Recherche-Plattform Correctiv haben ergeben, dass in den Jahren von 2007 bis 2021 mehr als eine Milliarde Euro an über 50.000 Vereine und Einrichtungen in Deutschland ausgezahlt worden sind.

In einer Datenbank lässt sich auch nachvollziehen, welche Vereine in Dortmund davon profitiert haben. Insgesamt sind in 15 Jahren etwa 2,23 Millionen Euro an Dortmunder Vereine und Einrichtungen verteilt worden. Aufgeführt sind insgesamt 79 Einträge. Dabei sind einige wenige Dopplungen.

Am meisten hat nach Correctiv-Recherchen in der Zeit von 2007 bis 2021 der Verein Die Brücke Dortmund e.V. mit 461.630 Euro erhalten.

Im Jahr 2012 bekam er die Höchstsumme von 65.755 Euro ausgezahlt. Im Jahr 2021 waren es fast 11.000 Euro. Auch der Förderverein Brücke Dortmund e.V. hat insgesamt über 144.000 Euro erhalten und liegt damit auf Platz 6 der Dortmunder Zahlungsempfänger.

Der Verein Die Brücke Dortmund ist in den 80er-Jahren zur Prävention von Kriminalität, im speziellen auch von Jugendkriminalität, gegründet worden. Mit sozialpädagogischen und therapeutischen Angeboten sollen auch Rückfälle verhindert werden. Letztlich werde durch die Kriminalitätsprävention auch die Justiz entlastet, heißt es auf der Internetseite des Vereins.

Staatsanwälte sollen bei der Einstellung gegen Geldauflage genau solche gemeinnützigen Einrichtungen begünstigen. Das ist in den Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren geregelt. Darin heißt es, dass bei der Auswahl „insbesondere Einrichtungen der Opferhilfe, Kinder- und Jugendhilfe, Straffälligen- und Bewährungshilfe, Gesundheits- und Suchthilfe“ berücksichtigt werden sollen. Auch Einrichtungen, die Haftalternativen wie gemeinnützige Arbeitsstunden anbieten, sollen profitieren.

Kritik an Vergabe

Für Richter gilt hingegen als einziges Kriterium: Die Organisation muss gemeinnützig sein. In der Kritik steht immer wieder, nach welchen Kriterien die Gerichte die Beträge an wen genau verteilen. Denn feste gesetzliche Kriterien fehlen.

Neben Brücke Dortmund e.V. und seinem Förderverein haben noch vier weitere Einrichtungen in Dortmund über 100.000 Euro erhalten: der Deutsche Verkehrswacht Dortmund e.V. (etwa 269.000 Euro), die ärztliche Beratungsstelle gegen Vernachlässigung und Misshandlung des Kinderschutz-Zentrums (etwa 258.000 Euro), der Kreisverband Dortmund des Deutschen Roten Kreuzes (etwa 210.000 Euro) und der Ortsverband des Deutschen Kinderschutzbundes (etwa 147.000 Euro).

Weiteres Geld ging etwa auch an Vereine wie Clownsvisite, die Besuche von Clowns in Krankenhäusern für Kinder und ältere Menschen organisieren. Auch Vereine rund um den Zoo und den Tierschutz haben ebenso profitiert, wie etwa die Aidshilfe, der Trägerverein der Deutschen Kinderhospizarbeit „Forum Dunkelbunt“ oder der Ortsverein des Deutschen Schwerhörigenbunds.

Vereine erhalten auch kleine Beträge

Nicht immer liegt der ausgezahlte Betrag dabei im tausender Bereich. Etwa 20 der in der Correctiv-Datenbank aufgeführten Dortmunder Vereine und Einrichtungen haben in den Jahren nur einige hundert Euro bekommen. Manche der in der Datenbank aufgeführte Organisationen haben zudem seit über 10 Jahren kein Geld mehr erhalten.

In den meisten Fällen werden die Zahlungen von der Justiz in NRW getätigt, aber es gibt auch Ausnahmen: So wurde etwa der Arbeitsgemeinschaft Spina Bifida und Hydrocephalus e.V. (, die die neuronale Fehlbildung zum Thema hat, die auch als offener Rücken bezeichnet wird) unter anderem von der sächsischen, hessischen und Thüringer Justiz sowie der Staatsanwaltschaft Niedersachsen Geld überwiesen.

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