Obdachloser durch Polizei-Schuss in Dortmund getötet Staatsanwaltschaft stellt Verfahren ein

Viel Polizei an der Reinoldikirche: Am 3. April wurde ein Mann bei einem Einsatz durch den Schuss eines Polizisten tödlich verletzt.
Ein 52-jähriger Wohnungsloser wurde am 3. April durch den Schuss aus der Waffe eines Polizisten tödlich verletzt. © Philipp Pohl
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  • Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat das Ermittlungsverfahrengegen einen Polizisten eingestellt, der einen Wohnungslosen tödlich verletzt hatte.
  • Vor dem tödlichen Schuss hatten andere Polizeibeamte Tasereinsätze gegen den Mann durchgeführt, die ebenfalls straffrei bleiben.
  • Der 52-jährige Mann starb nach einem Schuss in den Oberkörper. Auslöser der Polizeiaktion war eine Streitigkeit zwischen Obdachlosen.
  • Der schießende Polizist habe laut Staatsanwalt wegen Notwehr/Nothilfe gehandelt; sein Handeln sei durch Zeugenaussagen und Videos bestätigt worden.
  • Nach dem Vorfall gab es Kritik am Polizeieinsatz und eine Kundgebung gegen Polizeigewalt am Ort des Geschehens.

Der Polizist, der am Abend des 3. April einen Wohnungslosen (52) an der Reinoldikirche durch einen Schuss aus seiner Dienstwaffe tödlich verletzt hat, muss keine strafrechtlichen Konsequenzen fürchten. Wie die Polizei Recklinghausen am Montagmorgen (3.6.) mitteilte, hat die Staatsanwaltschaft Dortmund das Ermittlungsverfahren gegen den Beamten eingestellt.

Vor dem tödlichen Schuss hatten zwei andere Polizeibeamte insgesamt drei Schüsse aus Tasern (Distanzelektroimpulsgeräten) auf den 52-Jährigen abgegeben. Auch die Verfahren gegen diese Polizisten hat die Staatsanwaltschaft eingestellt. Den Ermittlungen zufolge sei das Verhalten der Beamten „gerechtfertigt“ gewesen, schreibt die Pressestelle des Polizeipräsidiums Recklinghausen.

Der 52-Jährige, der von dem Schuss in den Oberkörper getroffen wurde, erlag im Krankenhaus seinen Verletzungen.

Wegen des Polizei-Einsatzes am Abend des 3. April blieben einige Bereiche an der Reinoldikirche stundenlang gesperrt.
Wegen des Polizei-Einsatzes am Abend des 3. April blieben einige Bereiche an der Reinoldikirche stundenlang gesperrt.© Philipp Pohl

Streit zwischen Obdachlosen

Hintergrund des Polizei-Einsatzes war eine Auseinandersetzung zwischen zwei Obdachlosen an der Reinoldikirche. Nach Zeugenaussagen und Videos von dem Vorfall soll der 52-Jährige mit einer 2,5 Meter langen Eisenstange aus einem Gerüst einen anderen Obdachlosen angegriffen haben.

Staatsanwalt Henner Kruse sagte am Montag auf Nachfrage unserer Redaktion, dass der Polizist, der den Schuss abgegeben hatte, in „Notwehr beziehungsweise in Nothilfe“ gehandelt habe. Das hätten die Ermittlungen aufgrund von Zeugenaussagen sowie Bodycam- und Handyvideos ergeben. Der Ablauf des Einsatzes sei „klar“ dokumentiert.

Eine Streifenwagenbesatzung sei auf die Auseinandersetzung zwischen den Wohnungslosen hingewiesen worden. Als die Polizisten eintrafen, habe der 52-Jährige immer wieder mit der Stange gegen eine Tür der Reinoldikirche geschlagen. Weitere Beamte seien hinzugezogen worden.

Auf Aufnahmen sei zu vernehmen, dass Polizisten den Mann mehrfach aufgefordert hätten, die Eisenstange wegzulegen, was dieser jedoch nicht getan habe. Zudem sei er gewarnt worden, dass Polizisten ihre Schusswaffe einsetzen, falls er sich der Aufforderung widersetze.

Der Taser-Einsatz habe nur eine „leichte Wirkung“ erzielt, sagte Kruse. Der Mann habe kurz innegehalten, sei dann aber mit der 5,9 Kilogramm schweren Stange auf die Beamten zugelaufen. Er habe sich „schnellen Schrittes mit der Stange über seinem Kopf erhoben“ in Richtung der Beamten bewegt.

Der Beamte, der den tödlichen Schuss abgab, habe angegeben, dass er „Angst hatte“, ergänzte der Staatsanwalt. Der Polizist habe sich und seine Kollegen schützen wollen. Seine Befürchtung, dass der Mann Polizeibeamte mit der Stange hätte schwer verletzen können, habe „zu Recht“ bestanden, schilderte Kruse die Sicht der Staatsanwaltschaft.

Großeinsatz in Dortmunds City

Nach dem Schuss war es in der City zu einem Großeinsatz der Polizei gekommen. Einige Bereiche rund um die U-Bahn-Station Reinoldikirche blieben stundenlang gesperrt.

Aus Neutralitätsgründen hatte das Polizeipräsidium Recklinghausen die Ermittlungen in diesem Fall übernommen.

Am Tag nach dem Einsatz waren online Videos aufgetaucht, die mutmaßlich von Augenzeugen aufgenommen worden waren.

An dem Vorgehen der Polizei gab es Kritik. Am 5. April fand an der Reinoldikirche eine Kundgebung gegen Polizeigewalt statt. Zahlreiche Menschen gedachten des getöteten Mannes und legten Kerzen sowie Blumen am Einsatzort nieder.

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