Haltern hat ein neues Denkmal Heimatministerium entscheidet gegen Stadt und RAG

Der Schacht AV 8 in Haltern-Lippramsdorf aus der Vogelperspektive
Um den Denkmalschutz für die frühere Zeche Auguste Viktoria 8 wurde lange gerungen. Die RAG Immobilien in Essen hat daran kein Interesse. © Bludau
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Im Dezember 2015 fuhren die letzten Bergleute auf Schacht AV 8 in Lippramsdorf ein, um in über 1000 Metern Tiefe Kohle abzubauen. Nach Beendigung der Rückbau-Arbeiten war das Zechengelände mal Lagerort, mal Filmkulisse und vor allem Ziel von Lost Placern und Einbrechern. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe beantragte eine Eintragung in die Denkmalliste, über die letztlich das Heimatministerium in Düsseldorf zu entscheiden hatte. Jetzt kam Post von Ministerin Ina Scharrenbach.

Die Nachricht der Obersten Denkmalbehörde ging an die Stadt Haltern, an den Landrat und die LWL-Denkmalpflege: „Auf Grund rechtlicher und fachlicher Abwägung und Gewichtung der vorgebrachten Argumente, der Besichtigung des Objektes sowie der Anhörung der Beteiligten entschied das Ministerium, das Objekt in die Denkmalliste der Stadt Haltern einzutragen.“ Das gelte, so eine Sprecher des Ministeriums, für das markante Doppelstrebengerüst sowie für die dazugehörige Schachthalle samt Fördereinrichtungen und das Fördermaschinengebäude mit der darin erhaltenden Flurfördermaschine und dem Maschinenführerstand. Der Landschaftsverband hatte 2023 von seinem Recht Gebrauch gemacht, die unmittelbare Entscheidung der Obersten Denkmalbehörde herbeizuführen, da Uneinigkeiten mit der Stadt Haltern über die Unterschutzstellung von Teilen der Zeche bestanden.

Keine Bergbaustadt

Sowohl die Stadt als auch die RAG Immobilien hatten immer eine Unterschutzstellung abgelehnt. Die Kommunalpolitiker hatten den Denkmalschutz abgelehnt. Die Fraktionen wiesen in der Diskussion darauf hin, dass viele Bürger in Lippramsdorf noch heute unter dem Bergbau litten, da durch Bergsenkungen ihre Wohnhäuser Schaden genommen haben. Durch diese für die Betroffenen negativen Auswirkungen käme ein Denkmal einem Mahnmal gleich, hieß es im Rathaus.

Haltern habe sich nie als Bergbaustadt verstanden. Unterstützt wurden die Politiker in ihrem Standpunkt durch eine Unterschriftenliste „Kein Denkmal für die Beschädigungen in unserem Ortsteil“. Auch die RAG Immobilien hatte unmissverständlich erklärt, dass sie als subventioniertes Unternehmen die Kosten für einen Denkmalschutz nicht tragen könne.

„Turm ist ein Wahrzeichen“

Die LWL-Denkmalpflege aus Münster aber beurteilt den Wert der früheren Schachtanlage ganz anders. Die Gebäude dokumentierten eindrucksvoll die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Raumes und das Ende der Bergbautätigkeit im Kreis Recklinghausen. Gerade der 41 Meter hohe Schachtturm in A-Form sei eine identitätsstiftende Landmarke, er gelte als Wahrzeichen zwischen Ruhrgebiet und Münsterland.

Das stählerne Doppelbockgerüst war die Hauptschlagader für den Material- und Personentransport. Diese Sechsseil-Flurförderanlage gilt, so der LWL, als einzigartig, im hiesigen Bergbau gebe es nichts Vergleichbares. Gemeinsam mit der Schacht- und Maschinenhalle habe er darüber hinaus eine ortsbildprägende Wirkung. Eigentlich wollte die RAG alle Gebäude und den Turm schon 2022 abreißen.

Blick in die Maschinenhalle von AV 8 in Haltern.
Ein Blick in die Maschinenhalle nach Schließung der Zechenanlage. Heute schaut man vor leere Wände.© privat

Zwar ist das Zechengelände eingezäunt, aber immer wieder – bis heute – verschaffen sich hier (friedliche) Lost Placer und Plünderer Zutritt. Die RAG Montan Immobilien hat zahlreiche Hausfriedensbruch-Anzeigen erstattet, häufig war die Polizei vor Ort. Aber Einbrechern gelang es dennoch, alle wertvollen Maschinen zu entwenden. Allein 1,5 Tonnen Kupferkabel sollen gestohlen worden sein. Vieles in den Schachtgebäuden wurden auch blind zerstört.

Blick ins Innere von AV 8 in Haltern.
So sah es 2021 im Innern der verlassenen Schachtanlage aus. Schon damals wurde viel zerstört und geplündert.© privat

Das Ministerium beteuert, mit der Eintragung des Objektes sei über den weiteren Umgang mit dem Denkmal nicht entschieden worden. „Über mögliche Veränderungen bis hin zur Beseitigung des Denkmals ist im Rahmen der denkmalrechtlich vorgesehenen zweiten Verfahrensstufe nach Denkmalschutzrecht zu entscheiden. Eine Erlaubnis zur Veränderung oder Beseitigung des Denkmals ist zu erteilen, wenn Belange des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt.“

Die Stadt als Untere Denkmalbehörde sei seitens der Obersten Denkmalbehörde aber darauf hingewiesen worden, dass für einen Abriss vorab eine wissenschaftliche Untersuchung mit Dokumentation erforderlich sei.

Die Stadt ist gar nicht glücklich mit der Entscheidung. Sie sehe derzeit nicht, wie sie sich an mögliche Konzepte für AV 8 beteiligen könnte, an eine Kostenbeteiligung sei nicht zu denken.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 5. November 2024.

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