
Ob Einfamilienhaus, Mietwohnung oder WG – Wohnen hat eine existenzielle Bedeutung. Erst recht, wenn es darum geht, wie Wohnen im Alter bezahlbar und barrierefrei bleibt. Immer mehr Menschen spielen mit dem Gedanken, sich nach dem Auszug der Kinder von zu großem Eigentum zu trennen und sich Seniorenprojekten anzuschließen – um Kosten zu sparen einerseits, aber auch um später nicht zu vereinsamen.
„Menschen aus Haltern müssen eine bezahlbare Wohnung in dieser Stadt finden können. Sie dürfen nicht zum Umzug in andere Orte genötigt sein“, hieß es bereits in der Ankündigung der Aktionswoche Wohnen, die am Dienstagabend (1. Juli) in der Stadtbücherei begann.
Wie sehr das Thema auch in Haltern beschäftigt, zeigte die Vielzahl der größtenteils älteren Besucher. Nicht alle Gäste fanden einen Sitzplatz.
Wohnprojekte stellen sich vor
Anke Verhoeven, Mitglied der Gruppe „Bezahlbares Wohnen“ des Forums Demokratie Respekt und Vielfalt, begrüßte die Besucher und Vertreter von vier Wohnprojekten.

Wohnen jenseits der für sich lebenden Kleinfamilie sei keine neue Erfindung, betonte Verhoeven. Zu allen Zeiten habe es Wohnformen gegeben, bei denen viele Menschen zusammenlebten. So bereits in der Frühzeit, später in Klöstern, heute in Studenten-WGs, zählte sie einige Beispiele auf.
Haltern am See zählt zu den 95 Kommunen mit besonders angespanntem Wohnungsmarkt in NRW und damit großem Handlungsbedarf. Im Kreis Recklinghausen und im Münsterland ist Haltern zur zweitteuersten Wohnstadt geworden. Die Grundstücks- und Mietpreise steigen hier deutlicher als im Landes- und Bundesdurchschnitt. Bei den öffentlich geförderten Wohnungen bildet die Stadt sogar das Schlusslicht.
Genossenschaften und Vereine
Die Vorteile alternativer Wohnformen lägen auf der Hand – nicht nur für die ältere Generation, hieß es. Alle vier Projektkonzepte, egal ob als Verein oder Genossenschaft, sprachen sich für möglichst kleine Wohnungen und die Möglichkeit, in Gemeinschaftsräumen Gemeinsamkeit zu pflegen, aus. „Das spart Platz, Geld und trägt maßgeblich zur Verringerung des eigenen CO2-Fußabdrucks bei.“ Wichtig sei aber auch der soziale Aspekt – sowohl Alte als auch Junge profitierten voneinander.
Das bestätigte Christoph Holbein-Munske, Vertreter des alternativen Genossenschaftswohnprojekts „Grüner Weiler“, das am 5./6. Juli in Münster seine Einweihung feiert: „Meine Frau musste unerwartet eine Stunde länger arbeiten. Hätte meine Nachbarin nicht ganz spontan meine Tochter übernommen, wäre ich heute Abend zu spät gekommen.“

Michael Ricken und Gisela Funke vom Genossenschaftsvorstand des Wohnprojektes LiNa (Leben in Nachbarschaft) in Haltern berichteten von ihrem 2013 gegründeten Projekt für Menschen im Seniorenalter, bei dem sich öffentlich geförderter Wohnraum und frei finanzierte Wohnungen die Waage halten.
Ihnen folgte Dr. Markus Holtel, Genossenschaftsvorsitzender von „Gemeinsam wohnen eG Hinterm Hagen-Hesselmanngraben“ in Lüdinghausen. Auch hier sollen individuelle Wohnräume entstehen, die verbunden sind durch Gemeinschaftsräume. „Wer in ein solches Projekt einzieht, muss sozial eingestellt sein und Interesse an Gemeinschaft haben.“
Danach stellte Dr. Hiltrud von der Gathen das in Haltern seit 2021 geplante Projekt „Buntes Wohnen Haltern“ vor. Im Gegensatz zu den anderen handelt es sich hierbei nicht um ein Genossenschafts-, sondern um ein Investorenmodell. „Einen sozialverträglichen Investor zu finden, war wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Aber wir haben ihn gefunden“, erklärte die BWH-Vorsitzende. Nach der Realisierung seien sie Mieter, die das Haus aber selbstbestimmt verwalten können.
Jeweils 30 Prozent junge Familien, Menschen bis 60 Jahre und Senioren über 60 Jahre sollen hier leben. „Wir rechnen damit, dass wir im zweiten Halbjahr die Zusage bekommen, dass gebaut werden kann. Wir haben die Unterstützung der Stadt.“
Aktionswoche Wohnen
Neben den Vorträgen konnten sich die Gäste auch an Stellwänden und Rollups informieren. Viele Besucher nutzten die Möglichkeit zu persönlichen Gesprächen.

Die Aktionswoche Wohnen läuft noch bis Samstag (5. Juli) in der Stadtbücherei, Lavesumer Straße 1g. Am Freitag (4. Juli) informiert die Initiative #Menscheneinzuhausegeben von 18 bis 20 Uhr über die Suche nach bezahlbarem Wohnraum. Am Samstag (5. Juli) ist die Wohnberatung von 10 bis 12 Uhr für alle, die eine Wohnung suchen oder sich verändern möchten, vor Ort.