
Es ist ruhig geworden in jenem Hinterhof am Ostring, in dem am Dienstagmittag eine Entwicklung ihren Lauf nahm, die zu diesem Zeitpunkt niemand ahnte.
Am Donnerstag waren die ehrenamtlichen Löschzüge Westerholt und Scherlebeck sowie die Werkfeuerwehr des Chemieparks Marl noch einmal zu einem großen Bergungseinsatz angerückt. Am Freitag begannen dann zwei Mitarbeiter des Entsorgungsunternehmens Remondis damit, die Chemikalien erst in Sicherheitscontainer aus Stahl zu verladen und dann abzutransportieren. Einer von ihnen trug Schutzanzug und Atemschutzmaske.

Marc Bouten, Leiter des Hertener Ordnungsamtes, wachte persönlich darüber, dass kein Unbefugter das Gelände betrat. Auch Ordnungs- und Feuerwehr-Dezernent Dr. Oliver Lind schaute am Vormittag nach dem Rechten.
Staatsanwaltschaft beschlagnahmt Drogen-Apparaturen
Alle Apparaturen, die zur Herstellung der Drogen dienten, hatte zuvor bereits die Staatsanwaltschaft Bochum sicherstellen und abholen lassen. Dazu zählte auch ein großer Stahltank, in dem sich ein Vorprodukt für die Amphetamin-Herstellung befunden haben soll. Er stand in einer der beiden Garagen, die zu dem eingeschossigen verklinkerten Gebäude gehören, in dem sich dem Vernehmen nach mal eine Wäscherei befunden hat.

Klar ist inzwischen: Durch die Explosion einer Propangas-Flasche flog quasi zufällig eine stattliche Drogenküche auf. Unter Ermittlern des Landeskriminalamtes ist die Rede davon, dass es wohl das größte Amphetamin-Labor war, das je in Nordrhein-Westfalen entdeckt wurde. Harte Drogen wie mutmaßlich „Crystal Meth“ wurden in gewaltigen Mengen produziert. Die Frage, wer die Drahtzieher sind und welches Vertriebsnetzwerk sich hinter dem Labor verbirgt, dürfte die Polizei noch länger beschäftigen. Die Festnahme einer 35-jährigen Hertenerin am Mittwoch war wohl nur der Anfang. Sie sitzt jetzt in Untersuchungshaft.
Explosion am Ostring in Westerholt



















































„Wenn das alles nachts passiert wäre…“
Klar ist mittlerweile auch: Sowohl die eingesetzten Feuerwehrleute als auch das eng bebaute Gewerbegebiet im Ganzen befanden sich allem Anschein nach in großer Gefahr. Das leicht entzündliche, für die Drogenherstellung benötigte Ethanol, das in der Halle lagerte, hätte in der Kombination mit den übrigen Chemikalien und den zahlreichen Propangas-Flaschen ein enormes Feuer verursachen können, sagt Dr. Oliver Lind: „Wenn das alles nachts passiert und nicht so schnell entdeckt worden wäre…“ Eine Autolackiererei, ein Getränkemarkt und ein Zoofachgeschäft befinden sich jeweils nur wenige Meter von dem Brandhaus entfernt.
Gefahr war der Feuerwehr anfangs nicht bewusst
Ein Feuerwehrmann, der privat unterwegs war, hatte den aufsteigenden Rauch am Dienstag gegen 11.40 Uhr gesehen und die Feuerwehr-Leitstelle informiert. Den ersten eintreffenden Einsatzkräften der Berufsfeuerwehr und des ehrenamtlichen Löschzugs Westerholt war anfangs überhaupt nicht bewusst, welcher Gefahr sie gegenüberstanden. Die größte Herausforderung war für sie zunächst, brennendes Styropor mit Schaum zu löschen, das draußen lagerte, und die Türen aufzubrechen, um für die weiteren Löscharbeiten in das stark verrauchte Gebäude zu gelangen.
„Erst als sich der Rauch langsam verzog, haben wir große Mengen von Kanistern und anderen Kunststoffbehältern mit Chemikalien erkannt“, berichtet Einsatzleiter Michael Zeiser.
„Wir haben wirklich Glück gehabt und ich bin froh, dass alle Einsatzkräfte ohne Verletzungen davongekommen sind“, ergänzt der Leiter der Hertener Berufsfeuerwehr, Stefan Lammering. Einen derartigen Einsatz, der im Übrigen mit drei Tagen Dauer der bisher längste in diesem Jahr war, habe er noch nicht erlebt, so Lammering.