
Die städtische Sozial-Managerin Uschi Dorka schüttelt verständnislos mit dem Kopf: „Wir wollten für die Jugendlichen an der Schule eine ihnen bekannte und somit geschützte Atmosphäre für die Impfung schaffen. Durch die Demonstranten und das daraus resultierende Aufgebot an Polizisten und Ordnungsamtskräften ist das genau ins Gegenteil verkehrt worden. Das macht den Kindern eher Angst.“

Uschi Dorka ist zusammen mit Juliana Gabriel für die Impfaktionen zuständig. Dorka ist aber auch ausgebildete Psychologin und Trauma-Therapeutin und kann somit gut einschätzen, was ein solches Szenario gerade bei jungen Menschen bewirken könnte.
Wunsch: Als Erster geimpft werden
Finlay ist einer dieser jungen Menschen. Der Siebtklässler hat Geburtstag, ist just am Impf-Tag zwölf Jahre alt geworden und hat damit exakt das Alter erreicht, ab dem man geimpft werden darf. Finlay hat sich gewünscht, als Erster geimpft zu werden, und das auch im Vorfeld ausgiebig mit seiner Mutter Sandra besprochen, die nun mit ihm in der Mensa der RPS darauf wartet, dass es losgeht. Den Trubel draußen haben die beiden natürlich auch bemerkt, ihre Entscheidung steht aber felsenfest. „Ich bin Krankenschwester und weiß dementsprechend aus eigener Erfahrung, wie wichtig es ist, dass wir alle geimpft sind.“
Schulleiterin Stephanie Brzoza hatte zumindest einige Stunden Vorlauf, um sich ein wenig auf die Situation vorzubereiten. Sie erhielt bereits am Dienstagabend Mails, in denen die Impfaktion scharf kritisiert wurde. In einer war dann auch von der geplanten Demonstration die Rede. Daraufhin informierte Brzoza die zuständigen Behörden, die sofort reagierten.
Versammlung findet auf dem Gehweg statt
Somit waren schon am Mittwochmorgen ab 7 Uhr Polizeistreifen im Einsatz. Auch der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) der Stadt Herten kümmerte sich zwischenzeitlich mit sechs Kräften darum, dass die Versammlung in geordneten Bahnen lief und die Demonstranten nicht das Schulgelände betreten. Wo sie sich zu platzieren hatten – nämlich auf dem Gehweg vor der Schule – hatte ihnen der für den KOD zuständige Kämmerer Dr. Oliver Lind mitgeteilt.

Impf-Gegner sehen Gefahr vor allem für junge Menschen
Dort stand dann auch Ulrike Mildenberger. Die Hertenerin ist bekennende Impfgegnerin und macht das mit einem großen Plakat auch ziemlich deutlich. „Nein“ steht da in roten Lettern. „Genau das sollten auch die Schüler zur Impfung sagen. Und auch die Lehrer können nein sagen.“

Sie und ihre Mitstreiter auf dem Gehweg sehen eine große Gefahr darin, sich impfen zu lassen, vor allem für Kinder und Jugendliche. Als der Impfstoff an der Schule angeliefert, brüllen einige „Schämt Euch!“
Gegen Mittag lichten sich die Reihen. Auch Ulrike Mildenberger stellt ein wenig frustriert fest, dass „ja gerade mal noch zehn Mann“ da seien. Mit rund 25 waren die Impfgegner am Morgen gestartet.
Um 13.40 Uhr ist auch der letzte Demonstrant verschwunden. Die Polizei erklärt die Versammlung für beendet. Größere Störungen habe es nicht gegeben.
Da die Demo aber nicht offiziell angemeldet worden war, wird die Polizei nun Strafanzeige stellen – gegen zwei Personen aus den Reihen der Teilnehmer, wie es auf Rückfrage unserer Zeitung heißt.
Die Impfaktionen – auch die öffentliche ab 14 Uhr – können letztlich wie geplant durchgeführt werden. Am Ende gibt es für jeden Geimpften ein Eis – was Ulrike Mildenberger ebenfalls massiv als „bedenkliche Verlockung“ kritisiert.
Finlay ist das ziemlich egal, er lässt sich seine beiden Kugeln Eis schmecken. Schließlich hat er ja auch Geburtstag.
Die städtischen Impfaktionen werden bereits am Donnerstag, 9. September, in Herten-Süd fortgesetzt. Von 14 bis 18 Uhr können sich alle ab zwölf Jahren ohne vorherige Anmeldung im Pfarrheim St. Joseph Süd an der Herner Straße 24 impfen lassen. Wie an der Rosa-Parks-Schule kann man dann zwischen den Impfstoffen der Firmen Biontech sowie Johnson und Johnson auswählen.