
Es sind überragende Dimensionen: 64 Meter hoch ist das Fördergerüst über Schacht IV – und übertrifft damit alle Nachbarbauwerke auf dem Zechengelände Schlägel & Eisen deutlich. Zu Recht nennt man es den „weißen Riesen“. Überragend ist auch das, was am späten Freitagnachmittag (10.12.) geboten wird. Die Dunkelheit ist längst über Langenbochum hereingebrochen, als die insgesamt 600 Meter langen Lichtleisten angehen – und für einen „Wow“-Effekt sorgen.
Auch Ursula Olbrich ist begeistert von der Illumination: „Absolut faszinierend“, sagt die Seniorin, den Blick immer nach oben gerichtet. Sie ist mit ihrem Ehemann extra aus Bergkamen angereist. Ihn verbindet etwas Besonderes mit diesem Urgestein der Industriekultur: „Er war früher selbst Bergmann“, erklärt seine Frau.
Ein „Leuchtturm für die Zukunft“
Auch das Wetter spielt mit, als Ursula Mehrfeld, Vorsitzende der Geschäftsführung der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, und Bürgermeister Matthias Müller – nur mit dem Druck auf einen kleinen roten Knopf – das komplette Fördergerüst anknipsen. Auch wenn es ziemlich kalt ist, wird allen Anwesenden doch warm ums Herz – weil der „weiße Riese“ endlich strahlt. Matthias Müller gerät ins Schwärmen: „Das ist ein tolles Zeichen der Hoffnung. Während in diesen Tagen andernorts die Lichter ausgehen, machen wir hier ganz viele an“, meint der Bürgermeister – und hat sogar etwas Pathos in der Stimme, als er von einem „Leuchtturm für die Zukunft“ spricht.

Fünf Millionen Euro vom Land NRW
Aber auch die Erinnerung an die Vergangenheit lebt auf Schlägel & Eisen mehr denn je. Neben der Sanierung der Fördergerüste von Schacht III und IV ist auch die des Maschinenhauses weitgehend abgeschlossen. Die Industriedenkmale – im Eigentum der Stiftung – konnten somit als städtebauliches Wahrzeichen gesichert werden. Ursula Mehrfeld bedankt sich in diesem Zusammenhang vor allem beim Land Nordrhein-Westfalen: „Aus unseren Stiftungseinlagen hätten wir das Sanierungsprojekt nicht realisieren können.“ Rund fünf Millionen Euro an Fördersummen seien geflossen, um aus dem früheren Zechengelände eine „Perle“ zu machen, wie sie es formuliert.
Lange Pannenserie vor geglückter Premiere
Doch bis am Freitag alle LED-Leuchten am Förderturm weiß erstrahlten, war es ein langer Weg. Bereits im Sommer 2019 waren sie angebracht worden, aber seitdem waren ganze Bereiche immer wieder ausgefallen. Sogar die Generalprobe für die offizielle Inbetriebnahme der Installation, die aus der Ideenschmiede der Künstlerin Gundula Förster stammt, war Anfang November nicht problemlos über die Bühne gegangen. Auf einem Hubsteiger mussten daher Mitarbeiter der Berliner Firma „Unikat“ alle defekten Teile wieder auswechseln.
Ihr Einsatz hat sich gelohnt. Es bewahrheitete sich die Weisheit von der missglückten Generalprobe: Bei der Premiere geht nichts mehr schief – zur Freude aller Anwesenden.
Erinnerung an Schichtwechsel der Bergleute
Das Licht-Spektakel ist ab sofort jeden Tag ab der Dämmerung zu sehen. „Es gibt einen Dimmschalter, der bei Dunkelheit die Lichter anschaltet und im Morgengrauen wieder ausmacht. Da wir auf LEDs setzen, ist das Ganze auch energiesparend“, erklärt die Ursula Mehrfeld. Von der NRW-Fördersumme wurden alleine 110.000 Euro in die weiß schimmernden Lichtbänder investiert, die die Architektur des Industriedenkmals nachzeichnen. Ein dezenter Lichtwechsel erinnert außerdem an die Schichtwechsel der Bergleute.

Eine ähnliche Illumination wie auf Schlägel & Eisen ist auch in Dorsten zu sehen: auf dem 42 Meter hohen Förderturm von Schacht II der Zeche Fürst Leopold im Stadtteil Hervest. Auch dort hatte die Industriedenkmal-Stiftung zuvor das Fördergerüst mit einem neuen Anstrich versehen.