Kommentar zur Woche Mal zweifelsfrei – mal zweifelhaft

Frank Bergmannshoff, Redaktionsleiter „Hertener Allgemeine“
Frank Bergmannshoff, Redaktionsleiter "Hertener Allgemeine" © HA
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Vor 60 Jahren wurde das deutsch-türkische Anwerbeabkommen unterzeichnet, das viele sogenannte Gastarbeiter nach Herten führte. Nach ihrem Tod wurden sie meist in die Heimat überführt und dort beigesetzt. Das lag jahrzehntelang nicht etwa daran, dass in Herten eine islamische Beerdigung tatsächlich nicht möglich war, sondern vielmehr an der starken Bindung der Muslime an ihr Herkunftsland.

Nicht gleichmachen, sondern Unterschiede anerkennen

Inzwischen wandelt sich die Situation. Türkischstämmige Menschen leben in der zweiten und dritten Generation in Herten, sind hier verwurzelt, wollen hier sterben und beigesetzt werden. Hinzu kommt die nicht unerhebliche Zahl von Flüchtlingen aus dem arabischen Raum. Der Bedarf nach einem islamischen Grabfeld ist jetzt tatsächlich vorhanden, und zu Recht kommt die Stadt Herten diesem Bedarf nach jahrelanger Diskussion und Vorbereitung jetzt nach. Das neue Grabfeld auf dem Waldfriedhof mit zunächst rund 130 Grabstellen ist ein wichtiger Beitrag zur Integration, denn es bringt einerseits zum Ausdruck, dass die Verstorbenen und die Angehörigen in Herten angekommen waren beziehungsweise sind. Andererseits macht es deutlich, dass wir Integration nicht als Gleichmachen, sondern als das Anerkennen von Unterschieden verstehen.

Kein relevanter Beitrag zur Stärkung der City

Ein Beitrag zur Integration ist auch das „Demokratiefenster“, das in dieser Woche an der Fußgängerzone Ewaldstraße eröffnet wurde. Die Ausstellung „Hoffnungsland Deutschland“ gibt darin den Migrations- und Fluchtgeschichten von zwölf Menschen ein Gesicht. Zweifelsfrei ist sie sehenswert. Zweifelhaft ist hingegen, dass die Anmietung des Ladenlokals mit Steuergeldern aus dem Landes-Sofortprogramm zur Stärkung der Innenstädte ermöglicht wird. Denn so ehrlich sollte man sein: Das „Demokratiefenster“ füllt zwar einen Leerstand, wird aber keinen relevanten Beitrag zur Stärkung der Hertener City leisten.

Stadt sollte weiter Impfaktionen organisieren

Und dann war da noch die Schließung des Recklinghäuser Impfzentrums in dieser Woche. Ab sofort sollen vorrangig Arztpraxen das Impfen übernehmen – nach einer Online-Anmeldung.

Viele Menschen werden das nutzen – aber wohl kaum jene, die heute schon nur mit großem Aufwand und viel Überzeugungsarbeit zum Impfen bewegt werden können. Es ist daher wichtig, dass die Stadt Herten weiterhin öffentliche Impfaktionen ohne Anmeldung organisiert, damit auch diese Zielgruppen erreicht werden.

Schönes Wochenende!

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