
Die aus SPD-Sicht vielversprechenden Prognosen zur Bundestagswahl vermitteln vielen Genossinnen und Genossen das „ungewohnt wohlige Gefühl“ (Carsten Löcker, MdL), dass die Talsohle durchschritten ist und es wieder bergauf geht – in Berlin wie auch in Herten. Diesen Geist versprühte beim Stadtparteitag im Glashaus auch SPD-Bundesvorsitzender Norbert Walter-Borjans als prominenter Gastredner. Ein Grund für das aktuell steigende Ansehen der Sozialdemokraten sei auch die große Geschlossenheit der Parteispitze, so Walter-Borjans.
Eine Geschlossenheit, die bei den Hertener Genossen ebenfalls festzustellen war – zumindest nach außen hin. So gab es beim Parteitag keinerlei kritische Wortbeiträge. Stattdessen war die Atmosphäre geradezu familiär, fröhlich, freundschaftlich. Die Vorsitzende Dr. Babette Nieder berichtete, dass man sich nach den Erdrutsch-Verlusten bei der Kommunalwahl vor einem Jahr mit vielen neuen Köpfen und großem Engagement an die sachpolitische Arbeit gemacht habe, um mit Inhalten das Vertrauen der Bürger/innen zurückzugewinnen. Auch Kandidaten, die nicht den Sprung in den Rat schafften, seien dabeigeblieben.

Nieder verwies auf die Arbeitskreise Bildung/Soziales sowie Stadtentwicklung/Herten 2040 als Beispiele, lobte deren Moderatoren Marina Verkamp, Sebastian Spill, Cay Süberkrüb und Yannick Schenker. Letzterer, obwohl noch recht frisch dabei, habe nebenbei auch noch gleich die Jusos neu aufgebaut. Und Nieder legte noch einen drauf: „Voller Selbstbewusstsein können wir als SPD sagen: Mit Thomas Prinz haben wir den stärksten Fraktionsvorsitzenden im Rat.“
Mäßiges Wahlergebnis der Vorsitzenden
Hinter den Kulissen sieht das mit dem Vertrauen und der Stimmung aber offenbar etwas anders aus. Bei der Wiederwahl zur Parteivorsitzenden erhielt Nieder, die die einzige Bewerberin war, 36 von 47 Stimmen, also rund 77 Prozent. Das war das schlechteste Ergebnis bei den Vorstandswahlen. Auch gut zwei Jahre, nachdem sie in einem knappen Rennen den Landtagsabgeordneten Carsten Löcker nach 14 Jahren von der Parteispitze verdrängt hatte, sind noch nicht alle Gräben in der Hertener SPD zugeschüttet.
2025 will die SPD zurück auf den Bürgermeister-Sessel
In ihrer Rede, die zunächst recht unspektakulär daherkam, machte Babette Nieder schließlich bemerkenswerte Ankündigungen: Am Ende ihrer zweijährigen Amtszeit im Jahr 2023 werde sie abtreten und den Posten zur Verfügung stellen: „Ich möchte den Weg bereiten für eine neue Vorsitzende oder einen Vorsitzenden, die/der dann auch 2025 Bürgermeisterin oder Bürgermeister von Herten wird.“
Im Klartext: Dass aus politischer Schwäche oder Personalmangel ein überparteilicher Kandidat unterstützt wird – wie zuletzt Matthias Müller –, werde nicht noch einmal vorkommen. Die SPD will zurück zu alter Stärke – und nach dann knapp zehn Jahren Unterbrechung zurück auf den Chefsessel im Rathaus.
Altschuldenfonds trifft den Nerv der Zuhörer
Was ein mögliches SPD-Stadtoberhaupt dann dort vorfinden wird, hängt von politischen Weichenstellungen in Berlin und Düsseldorf in den kommenden Jahren ab. Ganz grundsätzlich – durch Corona verschärft – steht der Stadt Herten finanziell das Wasser bis zum Hals. Norbert Walter-Borjans hatte daher die volle Aufmerksamkeit der Zuhörer, als er in seiner routiniert launigen Rede über schnelles Internet und die Arm-Reich-Schere plötzlich zum Altschuldenfonds kam, den Olaf Scholz als Bundesfinanzminister befürwortet habe. „Bund und Länder könnten die hohen Schulden der Kommunen übernehmen und für 30 Jahre zu einem Minus-Zins festlegen, also am Ende sogar weniger zurückzahlen.“ Aber CDU und CSU seien dagegen gewesen.
Noch einmal genoss Walter-Borjans das wohlige Gefühl des Aufschwungs, verließ bei stehenden Ovationen das Glashaus, schrieb noch einige Autogramme und rauschte zum nächsten Wahlkampftermin.
Kommentar zum Parteitag: „Trotz Kritik ein klarer Kurs“
Der Vorstand des Hertener SPD-Stadtverbandes
• Vorsitzende: Dr. Babette Nieder
• Stellv. Vorsitzende: Susanne Hardt, Jörg Rattay, Numan Terzi
• Kassiererin: Claudia Rattay
• Schriftführerin: Regina Haastert
• Pressesprecherin: Aynur Terzi
• Bildungsbeauftragte: Marina Verkamp
• Jugendbeauftragter: Khaled El Osman
• Beisitzer: Bodo Ladwig, Laura Estner, Georg Süberkrüb, Brigitte Neutze, Jürgen Steinert, Horst Menzel, Norbert Johrendt, Janette Lehmann, Ursula Bartholomé, Burak Bostanci, Rainer Hermann, Fani Kapetaniou, Kristina Muzeika, Michael Polubinski, Beatrix Rühl, Kai Schäfer, Karsten Schneider, Sebastian Spill, Dorothée Babst, Ruth Heine, Christian Bugzel, Oliver Haastert, Elisabeth Linkmann, Rolf Greiner, Christin Rattay, Dorothea Wiedenbusch-Hasler
• Vorstandsmitglieder qua Amt: Fraktionsvorsitzender Thomas Prinz, stellvertretender Bürgermeister Jürgen Grunwald
Nicht aktuell gewählt, aber Teil der Stadtverbandsgremien sind:
• Vorsitzende AG 60+: Inge Hübner
• Juso-Vorsitzender: Yannick Schenker:
• Moderatoren des Arbeitskreises Bildung und Soziales: Marina Verkamp, Sebastian Spill:
• Moderatoren des Arbeitskreises Stadtentwicklung („Herten 2040“): Cay Süberkrüb und Yannick Schenker