
Immer wieder mussten bekannte Gebäude in Herten weichen, sie wurden abgerissen und ersetzt, doch der „weiße Riese“ ist standhaft. So nennt Jürgen Wagner den großen weißen Förderturm, der auf dem Gelände der ehemaligen Zeche in Langenbochum steht. Wagner arbeitet bei der Industriedenkmal-Stiftung und die bot nach einer langen Corona-Zwangspause am Sonntag, 4. Juli, wieder die erste Führung auf Schlägel und Eisen an.
Dort kann Wagner Interessierten aus Herten und Umgebung erzählen, wie die Arbeit damals Untertage abgelaufen ist und was die großen Fördertürme für eine wichtige Bedeutung hatten. Zu Beginn des Rundgangs zeigt er aber erst einmal das, wofür unzählige Bergleute in der Vergangenheit jeden Tag gearbeitet haben: einen Brocken Kohle.

Unwetter sorgt für eingeschränktes Programm
„Dieses Gestein befindet sich unter unseren Füßen und der große Förderturm war der Fahrstuhl dorthin“, sagt Jürgen Wagner, während er auf den rostroten Turm zeigt. An seiner Spitze lassen sich die schon lange stillstehenden Förderräder erkennen. Darüber schwarze Wolken. Eigentlich beginnt die Führung mit einem Rundgang auf dem Zechengelände, doch dieser ist durch das Unwetter nicht möglich.
Früher wäre dies kein Problem gewesen, erklärt Wagner, da die beiden Fördertürme durch eine Überbrückung verbunden waren. Diese regelte den Strom der Bergleute, die entweder in den Schacht einfuhren oder gerade aus diesem herauskamen. Hier hätte man sich unterstellen können, da dieses Stück jedoch abgerissen wurde, gibt es nur ein Entkommen vor dem Regen: Jürgen Wagner führt die Truppe direkt in die Maschinenhalle.
Einblicke in die Bergbau-Ära
Hier befindet sich ein großer Stahlkoloss, die Zwillingsdampffördermaschine, bestehend aus einem enormen Rad in der Mitte und zwei gewaltigen Dampfkesseln daneben. „Kaum zu glauben, aber dieses große Gerät hat sich früher bewegt und war sogar durch ein dickes Drahtseil mit dem Förderturm draußen verbunden“, beschreibt Wagner, während er ein Stück des Drahtgeflechts hervorholt. Dieses gibt er den Teilnehmern kurz in die Hand, damit diese einschätzen können, welche enormen Lasten die Maschine für viele Jahre bewältigt hat.
Auch wenn die Führung nicht draußen stattfinden kann, nimmt der Führer die Zuhörer mit seinen Erzählungen immer wieder mit an die anderen 14 Orte, an denen die Stiftung tätig ist. So wird erklärt, wie die Zechen hier in der Region zusammenhängen oder wie sich die Abläufe an den einzelnen Industriestandorten unterscheiden.
Teilnehmer kommen trotz der Witterung auf ihre Kosten
So ist auch keiner der Gäste unzufrieden, dass sich der Rundgang lediglich auf die Maschinenhalle erstreckt. Josefa Wördehoff (59) und Anke Traber (57) interessieren sich sehr für die Industriekultur im Ruhrgebiet und sind bei dem Rundgang auf ihre Kosten gekommen: „Wenn jemand so aus Leidenschaft erzählt, wie es bei dieser Tour der Fall ist, dann kann auch ein Raum sehr abwechslungsreich sein“, meinen die beiden.

Alles, was in den 90 Minuten der Führung noch unbeantwortet geblieben ist, wird in einer abschließenden Fragerunde geklärt. Danach gibt Wagner jedem ein kleines Tütchen mit Kohlesteinchen und beendet die Führung mit den Worten: „Damit jeder von euch immer ein bisschen Kohle im Portemonnaie hat.“
Industriehistorische Führung „Schlägel & Eisen“
Termine: jeden 1. und 3. Sonntag im Monat um 14 Uhr
Dauer: ca. 90 Minuten
Kosten: 5 Euro pro Person, Kinder unter 12 Jahren frei
Treffpunkt: Fördergerüst Schacht 3 (Rotes Gerüst) Zeche Schlägel & Eisen, Glückauf Ring 26, 45699 Herten