
Als Kersten Blaschczok (62) vor 30 Jahren seinen damaligen Berufskollegen mitteilte, dass er sich auf eine Stelle beim damaligen Kommunalverband Ruhrgebiet (heute Regionalverband Ruhr, RVR) beworben hatte, schüttelten viele den Kopf. „,Wie kann man nur ins Ruhrgebiet gehen‘, sagten damals viele“, erinnert sich der Leiter des Forsthofes Haard in Haltern. Er kam und blieb und sagt heute, an der Schwelle zum Ruhestand: „Ich habe es nie bereut.“
Kersten Blaschczok arbeitete damals bei der Forstwirtschaftlichen Versuchs- und Forschungsstation Baden-Württemberg in Freiburg. „Vom schönen Freiburg in den Ruhrpott, das konnten viele nicht begreifen“, sagt er.
Schon als Kind mit dem Vater im Wald unterwegs
Blaschczok stammt aus Hildesheim. Die Liebe zum Wald wurde bei ihm früh geweckt. „Mein Vater war sehr forstaffin, außerdem grenzte unser Haus direkt an ein Waldgebiet. Dort war ich oft unterwegs“, erinnert er sich. Er studierte Forstwirtschaft in Freiburg und stieg, nach dem Zivildienst bei der Landesgeschäftsstelle des BUND, zunächst als Referendar in den Försterberuf ein.
Bei der Forschungsstelle in Freiburg erstellte Blaschczok dann ein Kataster von Wald-Biotopen in ganz Baden-Württemberg. „Ich war bis runter zum Bodensee unterwegs“, sagt er. Bis er 1991 dem Ruf ins Ruhrgebiet folgte. Heute ist er tätig als Fachbereichsleiter Land- und Forstwirtschaftlicher Betrieb beim RVR Ruhr Grün und zuständig für neun Reviere von Hamm bis an den Niederrhein. „Vieles hat sich seit damals verändert“, sagt RVR-Verbandsdirektor Kersten Blaschczok. „Aber schon von Anfang an war unser Ziel, die Forstwirtschaft ökologisch umzubauen und den Anteil der Laubbäume in der Haard zu erhöhen.“
Neue Baumarten für die Haard
Dass dies rückblickend eine gute Entscheidung war, zeigte sich spätestens mit dem Fichtensterben in den vergangenen drei Jahren. „Da betrug der Anteil der Fichte nur noch fünf Prozent am Gesamtbaumbestand in der Haard“, sagt Kersten Blaschczok. „Die Fichte ist ein eindeutiger Verlierer des Klimawandels. Hitze, Trockenheit und Borkenkäfer haben ihr extrem zugesetzt.“
Die Klimaveränderung erfordert auch weiterhin einen Umbau des Baumbestandes. Neue Baumarten werden in der Haard angesiedelt werden müssen, es soll kleinflächig gearbeitet werden, um großen Kahlschlag zu vermeiden. „Allerdings ist die Forstwirtschaft ein sehr langfristiges Geschäft“, sagt Kersten Blaschczok. „Was der Landwirt sät, kann er im selben Jahr ernten. Bäume, die wir pflanzen, werden erst in 100 oder 150 Jahren einen Ertrag bringen. Also lebt auch jeder Förster von dem, was seine Vorgänger getan haben.“
Verwüstungen durch Stürme machen „sehr traurig“
Kahlschlag hat Kersten Blaschczok aber bei einigen Naturkatastrophen erleben müssen. „Die Stürme Kyrill und Ela oder die Nass-Schneefälle haben regelrechte Schneisen der Verwüstung in der Haard hinterlassen. Das sieht man dann als Förster wirklich mit einem weinenden Auge“, sagt er. „Das macht sehr traurig.“
Auch die Waldbrandbekämpfung bzw. -prävention zählte zu seinen Aufgaben. „Zur Früherkennung gibt es heute drei Feuerwachtürme, die aber auch gern als Aussichtspunkte genutzt werden. Am Rand des Ruhrgebiets kommt der Haard auch eine große Bedeutung als Erholungsraum zu. Vor allem in der Coronazeit ist das noch einmal sehr deutlich geworden“, sagt Kersten Blaschczok.
Das Verständnis für Baumfällungen sinkt
Tourismus und Freizeitwert auf der einen, wirtschaftliche Nutzung des Waldes auf der anderen Seite: Das waren immer die Pole, die er in Einklang bringen musste. Und das wird immer schwieriger: Zunehmend sinkt in der Bevölkerung das Verständnis für Baumfällungen im Wald. Kersten Blaschczok: „Viele sind heute der Meinung, wir sollten den Wald doch einfach in Ruhe lassen. Der Wald ist zwar ein Erholungswald, aber einer, der wirtschaftlich genutzt wird.“
Offiziell endet die Dienstzeit des 63-Jährigen mit dem Jahresende 2021. Seinen letzten Arbeitstag hat er aber bereits Ende August. Resturlaube und Überstunden werden noch abgebaut.
Der Nachfolger von Kersten Blaschczok wird zum 1. Oktober seine Arbeit im Forsthof Haard aufnehmen. Er selbst wird mit seiner Familie in Haltern bleiben. „Manche wollen ja wieder zurück zu ihren Wurzeln, aber wir sind in Haltern heimisch geworden und wollen hier den neuen Lebensabschnitt gemeinsam genießen“, sagt er.