
Derzeit ist nicht nur in der Notaufnahme der Vestischen Kinder- und Jugendklinik die Hölle los, sondern auch auf den Stationen. „Die Situation ist besorgniserregend“, sagt Prof. Dr. Michael Paulussen. „Wir sind bis auf das letzte Bett ausgebucht und haben Probleme, Notfälle unterzubringen“, sagt der Ärztliche Direktor der Klinik.
Paulussen betont auch in diesem Jahr, dass man mit leichten Erkältungssymptomen nicht unbedingt ins Krankenhaus müsse. Das führe zu längeren Wartezeiten und behindere die Versorgung von schwerkranken Kindern, die keine Luft mehr bekommen. Nicht alle Kinder seien mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RS-Virus oder RSV) infiziert.
In der vergangenen Woche hatte „ein Dutzend der jungen Patientinnen und Patienten das Erkältungsvirus RSV“, das besonders für Kinder unter zwei Jahren und Säuglinge gefährlich werden kann. Schließlich seien bei denen die Atemwege noch nicht vollständig ausgebildet. Aufgrund der Schleimbildungen bekommen diese dann kaum Luft. „Das stresst die Kinder enorm“, erklärt Paulussen, der daher besonders „Ruhe und Sauerstoff“ empfiehlt – vor allem, da es keine Antibiotika gegen Viren gebe.
Zur Unterstützung bekommen die Erkrankten drei bis acht Tage zusätzlich Sauerstoff. Die stationäre Behandlung haben zur Zeit „sehr viele Kinder gleichzeitig und länger als sonst“ nötig. Es mangelt weder an Sauerstoff noch an Beatmungsgeräten, aber „die Betten sind belegt und andere Kinder stehen schon in der Tür“, erzählt Paulussen, der aufgrund der Infektionswelle andere Behandlungen verschieben muss. „Das tut mir sehr leid, da die Kinder nicht freiwillig im Krankenhaus sind und auch wieder raus wollen.“
Derzeit versuche die Kinderklinik daher ältere Jugendliche ab 15 Jahren, „die keine typischen Kindererkrankungen haben, an Hausärzte oder Erwachsenenkliniken weiterzuleiten“, sagt Paulussen. So wollen sie die Behandlungskapazitäten für schwerwiegende Fälle freihalten.

Das RS-Virus selbst ist nicht das Problem
Wobei ihn das RS-Virus als solches nicht sonderlich beunruhigt. „Keine Sorge: Die Krankheit selbst ist für uns Ärzte kein Problem, da wir sie gut kennen und wissen, wie wir sie behandeln“, entwarnt der Chefarzt. Zudem lande nur „eins von 50 Kindern auf der Intensivstation“. So lagen am vergangenen Freitag zwei Kinder mit RSV auf der Dattelner Intensivstation. Zum Vergleich: „In der Notaufnahme haben wir am Wochenende zuletzt täglich 150 bis 200 Kinder versorgt“, erzählt Paulussen. Der Chefarzt hofft, „dass jetzt alle Kinder gleichzeitig krank waren und sich die Situation bis Januar entspannt“, aber im vergangenen Jahr dauerte die Infektionswelle bis Ostern – „da kommt man dann wieder an die Belastungsgrenzen“.
In ganz Nordrhein-Westfalen ist die Situation derzeit kritisch. Auch der Bezirk um Münster sei „am Anschlag“, so Paulussen, der immer wieder Anrufe von anderen Kinderkrankenhäusern bekomme. „Die Kollegen aus Dortmund, Gelsenkirchen oder dem Sauerland fragen, ob sie die Kinder zu uns schicken können, da sie keine Betten mehr haben. Das müssen wir leider ablehnen“, betont der Chefarzt.