Eichenprozessionsspinner Naturschützer kritisiert großflächige Spritzaktion an Autobahnen

Niels Ribbrock, Biologische Station Recklinghausen in Lembeck. © Foto: Jürgen Wolter
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Wir sprachen mit Niels Ribbrock, stellvertretender Leiter der Biologischen Station des Kreises Recklinghausen.

Herr Ribbrock, was halten Sie vom Spritzen der Eichen mit dem Bakterium Bacillus thuringiensis?

Prinzipiell bin ich nicht begeistert von einem vorbeugenden Einsatz ohne konkreten Verdacht auf der freien Strecke. Denn das Biozid wirkt nicht nur bei Larven des Eichenprozessionsspinners, sondern auch bei allen anderen blattfressenden Schmetterlingsarten wie dem Grünen Eichenwickler und dem Großen Frostspanner. Und an Eichen leben zahlreiche Tiere, die wiederum die Raupen als Nahrung benötigen. Jeder Eingriff in das Ökosystem hat auch unerwünschte Folgen.

Wo würden Sie den Einsatz des Biozids empfehlen?

Das Biozid ist sicherlich das kleinere Übel, wenn es darum geht, eine verantwortliche Vorsorge zu betreiben. Dort, wo im Vorjahr eine starke Belastung festgestellt wurde und wo viele Menschen durch die Brennhaare der Raupe gefährdet werden können, ist der Einsatz sinnvoll. Also etwa an Kitas und Schulen, an Spielplätzen, in Parks oder eben an den Rastplätzen der Autobahnen. Ein möglichst gezielter, punktueller Einsatz beispielsweise mit Spritzgestängen ist zweckmäßig, nicht aber ein flächiges Versprühen an Alleen und Straßenbäumen. Ein Verdriften durch den Wind sollte generell verhindert werden, um benachbarte Baumbestände zu schonen.

Was empfehlen Sie den Städten im Vest, die in den letzten Jahren viel Geld für EPS-Maßnahmen ausgegeben haben?

Ja, das mechanische Absaugen der Raupennester im Sommer ist sehr aufwendig und teuer. Es sollte trotzdem fortgeführt werden. Gleichzeitig wird mit Fallen experimentiert – oder es werden Meisenkästen aufgehängt. Das ist mindestens weitere Versuche wert. Die Erfahrungen des letzten Jahres sollten zu Optimierungen genutzt werden. Ich persönlich vertraue auf die Kräfte der Natur.

Wie meinen Sie das?

Die Natur regelt vieles von allein. Zuletzt haben die trockenen und warmen Frühjahre und Sommer den Eichenprozessionsspinner enorm begünstigt. Zahlreiche Gegenspieler, die vor allen die Puppen fressen, werden helfen, ihn auch wieder einzudämmen. Die kann man aber nicht im Laden kaufen – das braucht Zeit!

INFO

Die EPS können für Mensch und Tier unangenehm werden, wenn sie in Berührung der Brennhaare kommen. Die Haare lösen allergische Reaktionen bis hin zu Asthma-Anfällen aus.

Während der Metamorphose des Nachtfalters, der Eichen bevorzugt, häuten sich die Raupen sechs Mal. Ab der dritten Häutung enthalten die Brennhaare das Nesselgift Thaumetopoein.

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