
Zurzeit ist Christian bei Kollegen untergekommen, hier kann er nachts bleiben. „Manchmal schlafe ich auch im Zelt, an einem unbeobachteten Platz. Oder unter einer Brücke – das allerdings nur zu zweit. Da kann man dann gegenseitig aufpassen, dass man nicht überfallen oder zusammengeschlagen wird“, erzählt der 51-Jährige. Christian ist obdachlos – seit inzwischen acht Jahren.
Vorher hatte der gelernte Zweirad-Mechaniker eine Wohnung – und einen Job. „30 Jahre lang habe ich bei einer Firma gearbeitet, dann wurde ich entlassen, keine Ahnung, warum“, sagt er heute. Es folgte ein Ein-Euro-Job in einer Fahrradwerkstatt, wo sich Christian überqualifiziert vorkam, „Und der Chef hatte keine Ahnung, da bin ich dann nicht mehr hingegangen.“ Die Konsequenz: Christian konnte einen laufenden Kredit nicht abbezahlen, Auto und Wohnung waren nicht mehr zu halten. Zwangsräumung. „Seitdem lebe ich auf der Straße.“
Bereits zum Frühstück im Gasthaus
Das Gasthaus an der Gastkirche in der Recklinghäuser Innenstadt ist eine regelmäßige Anlaufstelle für Christian. Hier taucht der 51-Jährige oft schon morgens mit seinem Schlafsack auf. Frühstück, danach waschen, duschen, fernsehen, schließlich Mittagessen. „Nachmittags gehe ich dann oft lange spazieren“ – bevor wieder eine Schlafstelle angesteuert wird. „Da muss man sich allerdings schon morgens drum kümmern. Wenn man abends nicht weiß, wohin, ist es zu spät“, berichtet er.
„Das ist ein bisschen wie Familie“
Auf das Gasthaus lässt Christian nichts kommen: „Das ist wirklich sehr gut hier, das sollte es in allen Städten geben.“ Dabei lobt der Obdachlose die Einrichtung aus verschiedenen Gründen: „Ohne Gasthaus – nur mit Hartz IV – würde ich finanziell nicht klarkommen, da hätte ich nach einer Woche kein Geld mehr. Und im Winter ist das hier immer ein halber Tag im Warmen, raus aus der Kälte.“ Nicht zuletzt ist Christian froh, im Gasthaus anderen Menschen zu begegnen, mit denen er reden kann. „Ich habe hier schon manche kennengelernt“, sagt Christian – und fügt hinzu: „Das ist ein bisschen wie Familie – man kennt sich.“

Mit Hilfe der Sozialberatung im Gasthaus will Christian seine Schulden abbezahlen – um so letztlich wieder eine Wohnung bekommen zu können. „Bei den Schulden habe ich lange Zeit den Kopf in den Sand gesteckt“, gibt der 51-Jährige leicht zerknirscht zu. Hier steht ihm nun Sozialarbeiter Karsten Suchanecki zur Seite, der vormittags im Gasthaus arbeitet. „Schulden sind für Vermieter ein Hinderungsgrund, eine Wohnung zu vergeben“, bestätigt Suchanecki mit Blick auf Schufa-Auskunft und Zahlungsfähigkeit, dass Christian hier aktiv werden muss, um von der Straße zu kommen. Der Sozialarbeiter berichtet von ersten Erfolgen: „Beim Strom ist alles abbezahlt, jetzt geht es um die übrigen Schulden.“
„Es wird sowieso nein gesagt“
Zurzeit sieht Christian für sich noch keine Chance auf eine Wohnung. „Wenn ich im Moment zu Fuß unterwegs bin und von außen eine schöne leerstehende Wohnung sehe, denke ich manchmal, da sollte ich einfach mal nachfragen. Aber das lass ich dann doch, weil ich Angst vor Enttäuschungen habe – es wird sowieso nein gesagt“, erzählt Christian angesichts seiner Schuldensituation. So wirkt er entschlossen, das Thema Schulden anzugehen, „auch, damit ich meinen Freunden, bei denen ich zeitweise schlafe, nicht mehr auf den Sack gehe. Und da verschwinde ich natürlich morgens, um niemanden zu nerven. In einer eigenen Wohnung könnte ich auch tagsüber sein.“ Für Christian ist klar: „Die Schulden müssen weg, damit ich eine Wohnung und vielleicht dann auch eine Arbeit bekomme – das sollte das Ziel sein.“
SO KÖNNEN SIE SPENDEN
- Unsere Weihnachts-Spendenaktion gilt in diesem Jahr dem Gasthaus an der Gastkirche in der Recklinghäuser Innenstadt, Hl.-Geist-Str. 7. „Nahe bei den Menschen in Not“ ist der Titel der Aktion, denn das Gasthaus unterstützt in vielfältiger Art und Weise Menschen in Krisensituationen. Das reicht vom täglichen Essensangebot für Wohnungslose und andere Menschen über Sozialberatung bis zur Trauerbegleitung und zu regelmäßigen Gesprächszeiten in der Gastkirche. Der leitende Pfarrer Ludger Ernsting bezeichnet das Gasthaus als „Anlaufstelle für alle Menschen in Not“.
- Einzelne Aspekte der Arbeit im Gasthaus stellen wir in der Adventszeit vor – jeweils mittwochs und samstags.
- Und so können Sie das Gasthaus in Recklinghausen mit einer Spende unterstützen:
– Spendenkonto:
Volksbank Marl/RE
IBAN: DE69 4266 1008 5102 8329 03
-Empfänger:
Gasthaus Recklinghausen
-Verwendungszweck:
„Spende Bauer“
– Spendenquittung:
Gerne wird Ihnen auf Wunsch eine Spendenquittung ausgestellt. Geben Sie dazu bitte Ihre vollständige Adresse unter Verwendungszweck an. - Bisher gespendet: 22.992,40 Euro