Nachwuchsforschung „Spaßprojekt“ ist ein Riesenerfolg

Die Schüler Leon Hausmann und Lina Tebourski präsentieren ihre bionische Hand gemeinsam mit Cornelia Hußmann, Projektbetreuerin und stellvertretende Schulleiterin des Heinrich-Heine-Gymnasiums in Bottrop. © Privat
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Leon Hausmann erinnert sich: „Am Anfang, vor zweieinhalb Jahren, da war das ein komplettes Spaßprojekt: Dass eine künstliche Hand über Gedanken gesteuert wird – das klang für mich futuristisch, etwas nach Science Fiction.“ Aber es klang für den damals 15-Jährigen auch sehr faszinierend. So machte er sich gemeinsam mit seiner Klassenkameradin Lina Tebourski an die Arbeit, verfolgte die Idee der gedankengesteuerten Hand – und inzwischen ist aus dem „Spaßprojekt“ eine viel beachtete Forschung geworden. Vorläufiger Höhepunkt war jetzt der 4. Platz beim Bundeswettbewerb von „Jugend forscht!“

„Das ist für Menschen mit Prothesen eine coole Sache“

Öffentlich traten die beiden Jugendlichen, die das Bottroper Heinrich-Heine-Gymnasium besuchen, mit ihrem Projekt „Bionic Hand“ erstmals beim „Jugend forscht“-Regionalwettbewerb in Marl bereits 2020 an – und holten den Regionalsieg für ihr Projekt. Hierbei hat ein Mensch auf dem Kopf ein EEG-Gerät, das die Gehirnströme misst. Dann trainiert der Mensch gedanklich Bewegungskommandos für die künstliche, bionische Hand. Das wird von einer Software erkannt, die Signale wie „Hand heben“ oder „Daumen hoch“ werden an die Hand weitergeleitet. „So steuern die Gedanken die Bewegungen, das ist für Menschen mit Prothesen eine coole Sache“, sagt Leon Hausmann. Und Lina Tebourski erklärt: „Wir würden gerne Menschen mit körperlichen Einschränkungen wie Amputationen den Alltag erleichtern.“

Leon Hausmann und Lina Tebourski präsentieren ihr Projekt „Bionic Hand“. Das von Leon Hausmann erstellte Poster haben die beiden Schüler auch beim „Jugend forscht“-Wettbewerb verwendet. © Privat © Privat

Bei seinem Projekt hat das Bottroper Team eine klare Arbeitsteilung: Lina Tebourski kümmert sich um die biologischen Themen wie die Messung der Gehirnströme, die Frage, welche Gedanken sich am besten erkennen lassen und um die Arbeit mit Testpersonen. Leon Hausmanns Bereich ist die Informatik – Erarbeitung der Software, Verbesserung der Algorithmen . . .

Einsatz ist auch im Bereich von Gefahrenstoffen denkbar

Doch nach dem Marler Regionalwettbewerb war die Enttäuschung groß: Die nächste Stufe, die Landesebene, fiel 2020 Corona zum Opfer. Aber die beiden Nachwuchsforscher gaben nicht auf, sie beschlossen, ihre Arbeit fortzusetzen, mit Weiterentwicklungen in diesem Jahr erneut anzutreten. Tatsächlich haben sie nun ergänzend sowohl einen gesamten Oberkörper mit Oberarm und Hand, als auch ein visuelles Erkennungssystem präsentiert: „Man filmt die eigene Hand. Über ein selbst geschriebenes Programm werden deren Bewegungen aufgezeichnet und analysiert: Und die Bewegungen der echten Hand werden dann von der bionischen nachgeahmt“, erläutert Leon Hausmann, der sich einen Einsatz dieses Ablaufs in der Industrie vorstellen kann: „Wenn es zum Beispiel um Gefahrenstoffe geht, kann eine solche Roboterhand sehr hilfreich sein: Der Mensch steht am Labor sicher hinter einer Glasscheibe, bewegt die Hand und steuert so den Einsatz des bionischen Partners.“

Auch die Juroren von „Jugend forscht!“ sind von der weiteren Steuerungsmöglichkeit der „Bionic Hand“ angetan: Auf den neuerlichen Sieg im Marler Regionalwettbewerb 2021 sowie dem Erfolg auf Landesebene folgte nun der 4. Platz beim Bundeswettbewerb im Bereich Technik, verbunden mit einem Preisgeld von 1000 Euro.

„Wir machen auf jeden Fall weiter“

Doch damit ist das Projekt für Leon Hausmann und Lina Tebourski noch keineswegs zu Ende. „Wir machen auf jeden Fall weiter“, berichtet der 17-Jährige. Ideen hat er dafür schon jede Menge. „Ein neuer leistungsfähigerer Prototyp der Hand wäre gut, bei dem visuellen Erkennungssystem müsste man die Präzision noch weiterentwickeln, um eine genaue Anwendung im Millimeterbereich zu schaffen. Vielleicht könnte die Steuerung über einen übergezogenen Handschuh helfen, um kleinste Bewegungen zu registrieren“, sinniert Leon Hausmann. Allerdings: „Das ist abhängig von den Finanzen. Es wird langsam schwierig, das Ganze aus eigener Tasche zu finanzieren. Wir suchen da noch Investoren.“

Großes Interesse: Von Hochschulen bis zum TV

Das allgemeine Interesse an der „Bionic Hand“ ist zumindest schon groß: An ihrer Schule berichten die beiden Jugendlichen in Mint-Klassen über ihr Projekt, auch Hochschulen haben schon angefragt, ob die Nachwuchs-Forscher die „Bionische Hand“ vorstellen und sogar einen kurzen TV-Auftritt gab es bereits.

Viel Anerkennung für ein ursprünglich „komplettes Spaßprojekt“. Und so gesteht Leon Hausmann: „Ich hätte nie gedacht, dass sich das Ganze zu einem der bundesweit besten Jugend-forscht-Projekte entwickelt.“

Dattelner Schüler ebenfalls erfolgreich

Drucken ohne Umwege

  • Ein weiterer erfolgreicher Teilnehmer aus unserer Region beim „Bundeswettbewerb Jugend forscht 2021“ ist Moritz Grimm. Der 16-jährige Schüler des Dattelner Comenius-Gymnasiums hat den „Preis für eine originelle Arbeit auf dem Gebiet der Informatik“ erhalten, dotiert mit 500 Euro.
  • Moritz Grimm beschäftigte sich bei seinem Forschungsprojekt mit folgendem Druck-Problem: Auf dem iPad kann man heutzutage relativ problemlos 3D-Modelle in verschiedensten Formen und Größen erstellen – dafür gibt es Apps. Allerdings können diese den Drucker nicht direkt ansteuern, stattdessen müssen die Daten erst auf einen Laptop oder einen PC überspielt werden. Laut Jury des Bundeswettbewerbs entwickelte Moritz Grimm nun „ein vielversprechendes Konzept für eine Zusatzsoftware, die es der iPad-App ermöglichen soll, direkt und ohne Umwege einen 3-D-Drucker in Aktion zu versetzen.“
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