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„Am Galgenberg“ in Kamen: Von Engeln getragen

An der Skulptur mit dem gelben Rettungshubschrauber sind die meisten schon mal vorbeigefahren.
An der Skulptur mit dem gelben Rettungshubschrauber sind die meisten schon mal vorbeigefahren. © Hans Blossey
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Von Alexandra von Braunschweig

Ob Spaziergänger oder Laufsportler, ob Hundefreund oder vom Typ „Ich nehme bei einem Ausflug gerne auch ein bisschen Industriegeschichte mit“: All diese Vertreter können die Grünfläche ganz im Norden der Stadt Kamen zu ihrem persönlichen Lieblingsort erklären.

Wer von weiter weg anreist und deshalb auf das Auto angewiesen ist, findet an der Hüchtstraße einen Wanderparkplatz mit ausreichend vielen Stellplätzen. Wer sich dagegen schon auf dem Weg sportlich betätigen möchte, kann auf den schnurgeraden Klöcknerbahnweg ausweichen und das Rad benutzen.

Als die Klöcknerbahn noch auf Schienen fuhr, war sie eine von unzähligen Zechenbahnen, die im Ruhrgebiet in Betrieb waren. Ihre Hauptaufgabe war es, die Zeche Königsborn und ihre verschiedenen Schachtanlagen im Kreis Unna an das übrige Schienennetz anzubinden.

Friedliche Idylle

Dort, wo früher also schwere, mit Kohle und anderen Gütern befüllte Waggons durch die Landschaft rumpelten, herrscht heute so etwas wie eine friedliche Idylle. Und doch passt dieses Wort irgendwie nicht.

Wer an Idylle denkt, denkt an eine ländliche Umgebung mit viel Natur und Vogelzwitschern. Nun gut, all das ist hier am Klöcknerbahnweg auf dem Weg zum Galgenberg absolut vorhanden. Doch da gibt es noch etwas. Ein Rauschen, ein Brummen, ein ständiges Dröhnen, das nicht zum Idealbild einer Idylle passt. Die A2 befindet sich halt ganz in der Nähe.

Die Autobahn, im Volksmund bis heute oft als „Warschauer Allee“ bezeichnet, weil sie von hier aus einfach der schnellste Weg nach Osten ist, ist vor allem akustisch allgegenwärtig. Zu sehen bekommt man sie gerade jetzt in den Sommermonaten nur selten. Dafür tragen die vielen dichten Bäume und Büsche einfach zu viele Blätter.

Rauschende Begleitung

Auch bei einem Rundweg durch die Parkanlage „Am Galgenberg“ kann man sich der rauschenden Begleitung der Schnellstraße jederzeit sicher sein. Doch das tut einem erholsamen Spaziergang überhaupt keinen Abbruch.

Und so manche Gästegruppe lässt sich sogar nicht einmal davon abhalten, hier gleich den ganzen Nachmittag zu verbringen und einfach eine schöne Zeit in der Natur zu haben. Sie nutzen nämlich die Gelegenheit, die ihnen die Stadt Kamen hier anbietet: Mehrere Stellen der Parkanlage sind offiziell als Grillplätze ausgewiesen. Wer sich auf einen handelsüblichen Holzkohlegrill beschränkt und das Verbot beachtet, ein offenes Feuer zu entzünden, darf es sich hier gemütlich machen und sein Essen im Freien zubereiten.

Vor allem an den Wochenenden und Feiertagen wird von diesem Angebot gerne Gebrauch gemacht. Was aber positiv auffällt: Die gesamte Anlage wirkt sauber und aufgeräumt.

Und die zahlreichen Abfallbehälter, die neben den in unregelmäßigen Abständen am Wegesrand platzierten Sitzbänken stehen, sind nicht einmal bis zum Rand gefüllt.

Bleibt die Frage: Wo stand der denn nun, der Galgen, der der Anlage seinen mittelalterlich anmutenden Namen verpasst hat? Wenn man wirklich nur auf der Suche nach Antworten auf solche Fragen hierhergekommen ist, kann man eigentlich gleich wieder umkehren und einen Ort etwa vier Kilometer westlich von hier ansteuern.

Nur dort nämlich wurden im Mittelalter die Straftäter im Namen der Gerechtigkeit gehenkt. Die Grünanlage besteht dagegen nicht ohne Grund auf die vollständige Bezeichnung „Am“ Galgenberg. Der Untergrund, auf dem heute die Wiesen sprießen und Bäume wuchern, kann trotzdem eine spannende Geschichte erzählen. Nur reicht diese nicht bis ins Mittelalter, sondern bis in die 1930er-Jahre zurück. Als Spaziergänger läuft man hier nämlich auf dem Abraum, der beim Bau des nahen Kamener Kreuzes angefallen ist.

Klassisches Kleeblatt

Die Verbindung von A1 und A2 war bei der Fertigstellung eines der ersten Autobahnkreuze mit der klassischen Kleeblattform. Seit einem umfangreichen Umbau bis zum Jahr 2009 ist diese aber inzwischen auch verschwunden.

Seitdem wartet das Kreuz aber immerhin mit einer der meistbesuchten Skulpturen Deutschlands auf.

Der gelbe Rettungshubschrauber, der von einer Reihe Engeln in die Luft gehalten wird, wird täglich von mehreren tausend Autofahrern passiert.

Anhalten und aussteigen kann man hier aber natürlich nicht.

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