Wirtschaftsförderung - mit Video Gewerbefläche erwacht aus Dornröschenschlaf

Die Marler Firma H & W Tiefbau (Am Petersberg) plant, ihr Firmengelände zu erweitern. Geschäftsführer Roland Wübbe (r.) und Wirtschaftsförderer Dr. Manfred Gerke (l.) erläutern auf dem in Rede stehenden Grundstück die Pläne für Dezernent Michael Bach (3. v. l.) sowie die Ratsherren Andreas Täuber (2. v. l.) und Dr. Andres Schützendübel (2.v.r.). © Meike Holz
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Es ist nur ein schmaler Streifen Land am Rande des Sinsener Gewerbegebiets an der Wallstraße: schwer verkäuflich, schwer zu finden, unzugänglich, überwuchert, versunken im tiefsten Dornröschenschlaf. Doch die Stadt Marl und ein alteingesessener Sinsener Unternehmer wollen das vergessene Land wachküssen und zu neuem Leben erwecken. Sie gehen dabei einen ungewöhnlichen, aber äußerst kreativen Weg.

Gewerbeflächen sind ein knappes Gut in Marl. „Wir sind nahezu ausverkauft“, sagt Dr. Manfred Gehrke. Marls Wirtschaftsförderer ist deshalb froh, der Fima H&W Tiefbau GmbH & Co. KG eine 3500 Quadratmeter große Fläche anbieten zu können. Geschäftsführer Roland Wübbe kann das Land gut gebrauchen. Seine 120 Mitarbeiter starke Firma, u.a. spezialisiert auf den Kanal- und Rohrleitungsbau, hat volle Auftragsbücher und braucht zusätzlich zu den bereits vorhandenen 18.000 Quadratmetern Betriebsfläche weitere Abstellflächen für Baufahrzeuge und Baustoffe, um Prozessabläufe besser steuern zu können. „Wir können sonst nicht weiter wachsen“, so Wübbe.

Der Sinsener Tiefbauunternehmer Roland Wübbe deutet auf den Bereich der Gewerbefläche, wo unter dichtem Grün jede Menge Unrat schlummert. Er will den Boden, und alles was darin ist, mit seinen schweren Baufahrzeugen auf eigenes Risiko ordnungsgemäß entsorgen. © Meike Holz

So weit, so gut, doch die Sache hat einen Haken. Zwar grenzt das „Niemandsland“ direkt an Wübbes Firma, wäre für eine Erweiterung also ideal, doch unter dem Erdreich verrotten alte Eimer, Spaten Schubkarren und andere Arbeitsgeräte, die hier schon vor Jahrzehnten gedankenlos „entsorgt“ wurden. Was dort sonst noch schlummert, ist im Detail nicht bekannt. Proben haben aber ergeben, dass es sich um unproblematische Materialien handelt. Zwischen 1974 und 1983 wurde in der Nähe die Hausmülldeponie am Petersberg betrieben. Offenbar haben sich die Menschen damals dazu hinreißen lassen, auch im Gewerbegebiet Lästiges einfach mal wegzuwerfen.

Kaum zu entdecken: Hier beginnt an der Wallstraße der Fußweg, der zu dem lange in Vergessenheit geratenen Gewerbegrundstück führt. © Meike Holz

Entsorgungskosten werden mit Kaufpreis verrechnet

Und so könnte der „Deal“ zwischen Roland Wübbe und der Stadt Marl als Eigentümerin der Fläche aussehen. Das Tiefbauunternehmen nutzt seine Kernkompetenzen, lässt die Bäume fällen und das Gestrüpp roden, führt alle Erdarbeiten selber durch und entsorgt den eingelagerten Müll ordnungsgemäß auf eigenes Risiko. Die vorab dafür angesetzten Kosten werden mit dem Kaufpreis verrechnet.

„Das ganze ist eine echte Win-win-Situation, beide Seiten profitieren“, sagt Wirtschaftsförderer Dr. Gehrke. Er stellt das Geschäft jedoch unter zweifachen Vorbehalt: „Es ist ein ungewöhnliches Geschäft. Wir können dem Stadtrat nicht vorgreifen. Er muss zustimmen, sonst geht es nicht.“ Und: Am Ende soll trotz des Aufwands, den die Firma Wübbe betreiben muss, noch etwas Zählbares für die Stadt herausspringen: „Wir müssen dann noch über Geld reden“, sagt der Wirtschaftsförderer bei einem Ortstermin in Sinsen.

Die politische Zustimmung des Rates scheint gewiss: Andreas Täuber (SPD), Vorsitzender des Stadtplanungsausschusses, und sein Stellvertreter Dr. Andres Schützendübel (FDP) sichern dem Projekt vor Ort politische Unterstützung zu. Täuber: „Ich bin sicher, dass der Rat eine für beide Seiten vorteilhafte Entscheidung treffen wird.“ Für die Stadt Marl begrüßt Haupt- und Personaldezernent Michael Bach als allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters den vorgezeichneten Weg: „Erweiterung ist Standortsicherung. Wir wollen die Betriebe in Marl halten!“

Fällung von Bäumen auf Gewerbeflächen ist rechtens

Wichtig zu wissen: Die Fällung der Bäume und die Rodung des Buschwerks sind rechtens. Die Stadt Marl als Eigentümerin hätte die Gewerbefläche über Jahrzehnte frei von jedem Grün halten können. „So aber gab es immerhin Natur auf Zeit, die Bäume haben ja reichlich Sauerstoff produziert“, sagt Dr. Manfred Gerke. Eigentümer in spe Roland Wübbe sichert zu: „Teile des Grundstücks sind als Böschung für uns nicht nutzbar. Dort bleiben die Bäume stehen.“ Und: „Für jeden Baum, der gefällt werden muss, werden wir einen Ausgleich für Ersatzpflanzungen zahlen!“

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