Historiker lüftet Geheimnis eines Marler Straßennamens Warum Karden früher so wichtig waren

Anwohner stehen unter einem Straßenschild.
Neben Brigitte Kluth (Vorstand, re.) interessierten sich auch Anwohner für das neue Legendenschild. © Marler Bürgerstiftung
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Für die nächste Runde des 2018 gestarteten Projekts „Marler Straßengeschichten“ wählte die Marler Bürgerstiftung den Stadtteil Polsum. Die verwinkelte Kardenstraße beginnt an der Polsumer Straße und führt mit Abzweigungen und Stichstraßen durch eine Wohnsiedlung. Die Strecke endet sowohl an der Dorfstraße als auch an der Straße Im Breil. Jetzt beleuchtete die Bürgerstiftung die Herkunft des Namens.

Abgerissener Bauernhof

Hintergrund ist die Geschichte der Polsumer Hoflandschaft. Sie stand jetzt auch im Mittelpunkt der jüngsten Schildenthüllung, die der Nachbarschaft präsentiert wurde. Der Name basiert auf einem Ort, der nicht mehr existiert. Das war der Bauernhof Karde (oder Carde). Bevor er abgerissen wurde, gehörte er zu den ältesten Bauernhöfen der Ortschaft. Der Marler Historiker Matthias Pothmann begab sich auf die Spurensuche: „Bereits im 14. und 15. Jahrhundert finden sich Hinweise auf die Hofstelle, deren Name sich im Laufe der Zeit relativ wenig änderte.“

Wie Pothmann weiter erklärt, war der Hof Karde dem Haus Lüttinghof gehörig und abgabepflichtig. „Um 1800 bestand der Hof aus einem Wohnhaus, einem Stall und einem kleinen Backhaus“, so der Historiker. Der Name der Familie und des Hofs geht auf die Karde zurück. Eine Pflanze, die auch als Weberdistel bekannt ist. Der Name gebe bereits Auskunft über deren Nutzung. Matthias Pothmann: „Die Karde diente vor der Industrialisierung zur Gewinnung von Leinenstoff. Pflanzenteile wurden geerntet, um sie zu weben.“

Wichtige Pflanze

Weil früher fast alle Kleidungsstücke aus Leinen bestanden, war die Karde also sehr wichtig für die Bevölkerung. „Weil hier vermutlich Menschen lebten, die die Pflanzen verarbeiteten, kam der Hof so zu seinem Namen“, erklärt Matthias Pothmann. Auf jeden Fall war die Karde in diesem Teil Polsums weit verbreitet. Dafür spricht auch der Name der angrenzenden Straße „Linnenkamp“, der auch schlicht mit „Leinenfeld“ übersetzt werden kann.

Ein Straßenschild weist auf die Herkunft des Namens Kardenstraße hin.
Das Zusatzschild an der Kardenstraße weist auf die Herkunft des Namens hin. © Marler Bürgerstiftung

Zur Enthüllung des Legendenschildes in Polsum kamen auch einige Nachbarn vorbei. Sie informierten sich über die Geschichte „ihrer“ Straße. Dazu gehörte das Ehepaar Schaper: „Wir wussten, dass die Karde eine Pflanze ist. Aber wofür man sie früher gebraucht hat, war uns nicht bekannt.“

Die Geschichte des Bauernhofs war ebenfalls unbekannt. „Toll, dass wir nun schlauer nach Hause gehen“, sagten die Anwohner augenzwinkernd. Sie leben seit Mitte der 80er-Jahre vor Ort und seien die ersten gewesen, die in die neue Siedlung zogen. Wer Interesse an einem Legendenschild für einen Straßennamen hat und dies auch finanzieren möchte, kann sich bei der Marler Bürgerstiftung melden unter Tel .0157 70371673 oder per E-Mail an info@marlerbuergerstiftung.de.

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