
Schlamm, so weit das Auge reicht. Und doch: Das Feld ist bereitet für die wohl bedeutendste Firmenneuansiedlung der Marler Nachkriegsgeschichte. Hier, auf der zehn Hektar großen, mit 300.000 Kubikmetern Erde drei Meter hoch aufgeschütteten Industriefläche im Marler Norden erfolgt am 2. Dezember der Spatenstich für Thalia. „Das ist wirklich eine frohe Botschaft für unsere Stadt“, betonte Bürgermeister Werner Arndt jetzt vor Ort.

Für den Buchhändler errichtet das Hamburger Immobilienunternehmen ECE auf dem 1. Abschnitt des Industrieprojekts gate.ruhr einen Produktions- und Logistikstandort. Die Investitionssumme liegt bei 100 Millionen Euro. Mindestens 600 Arbeitsplätze werden hier entstehen, in Spitzenzeiten sollen bis zu 1000 Frauen und Männer in Marl für Thalia arbeiten.
Strukturwandel gelingt hier im Rekordtempo

Wie Marls Wirtschaftsförderer Dr. Manfred Gehrke erläuterte, ist das Vertragswerk zwischen der gate.ruhr-GmbH und der Hamburger ECE jetzt in trockenen Tüchern. Bereits Ende 2025 soll der 56.000 Quadratmeter Grundfläche bedeckende Gebäudekomplex auf einer Gesamtbetriebsfläche von 12,5 Hektar nördlich und südlich der Nordstraße stehen. „Damit haben wir nur zehn Jahre nach Schließung des Bergwerks Auguste Victoria am gleichen Ort eine zukunftsweisendes Unternehmen angesiedelt, das ist wirklich rekordverdächtig“, sagt Manfred Gehrke nicht ohne Stolz.
Starke Signalwirkung für weitere Investoren

Möglich war der Kraftakt durch das gemeinsame Engagement von Stadt Marl und RAG Montan Immobilien in der gate.ruhr GmbH. Zug um Zug wird so aus der ehemaligen Bergwerksfläche von AV 3/7 ein Industriepark mit 45 Hektar Nettofläche entwickelt, der das ursprüngliche Ziel von 1000 neuen Arbeitsplätzen am Ende deutlich übertreffen dürfte. „Die europaweit beachtete Ansiedlung von Thalia in Marl wird eine starke Signalwirkung auf Investoren haben und gate.ruhr zu einem attraktiven Standort für weitere innovative Industrieansiedlungen machen“, ist Bürgermeister Werner Arndt überzeugt.
Wer hier einen Job sucht, kann sich jetzt melden

Wirtschaftsförderer Dr. Manfred Gehrke betont, dass Thalia ein attraktiver Arbeitgeber sein wird, der mindestens Tarif zahlt. Das Unternehmen sucht für den Standort Marl aktuell noch zahlreiche Mitarbeiter, vom Manager über IT-Spezialisten, Produktionsmitarbeiter und Gabelstaplerfahrer bis zum Kommissionierer. „Wir arbeiten bei der Besetzung der Stellen eng mit der Agentur für Arbeit zusammen“, so Gehrke: „Wer Interesse hat, kann sich jederzeit dort melden.“

Vor Ort an der Nordstraße hat gate.ruhr-Geschäftsführer Volker Dudek die Baumaßnahmen gut im Blick. Die Aufschüttung der 300.000 Kubikmeter Erde sind abgeschlossen, aber der Regen der vergangenen Monate hat aus den oberen 20 Zentimetern Boden eine Schlammmasse gemacht. „Die Errichtung der Halle für Thalia stellt besondere Anforderungen an die Stabilität des Untergrunds, zumal dort sensible Technik verbaut wird“, so Dudek: „Wir werden deshalb jetzt noch Kalk in die obere Bodenschicht einarbeiten, das macht den Boden hart.“ Auf eine zusätzliche Schotterschicht werden dann die Betonplatten für die Logistikhalle und das Bürogebäude gegossen.

Ursprünglich sollte schon im Frühling 2024 Spatenstich gewesen sein, doch nicht nur das Wetter machte die kühnen Pläne für den Umbau der ehemaligen Kraftwerksfläche zunichte: „Wir haben im Boden viele Hohlräume gefunden, die aufgefüllt werden mussten“, so Dudek: „Viele teils mächtige und sogar verfüllte
Rohrleitungen verliefen kreuz und quer auf dem Gelände und mussten erst mühsam entfernt werden.“

Mit seinen 6000 Mitarbeitern, 380 Filialen und einem Jahresumsatz von 1,6 Milliarden Euro will Thalia in Mitteleuropa eine starke Bastion gegen seinen Konkurrenten Amazon aufbauen. Herzstück einer Firmenstrategie mit Filialhandel, Online-Vertrieb und Produktion auf Bestellung wird der Standort Marl sein, der ganz nebenbei auch noch reichlich Gewerbesteuern in die stets klamme Marler Stadtkasse spülen soll.