Anfänge, Meilensteine, Programm So sah die VHS Oer-Erkenschwick vor 70 Jahren aus

Stadtarchivarin Bettina Lehnert
Stadtarchivarin Bettina Lehnert zeigt, wie die VHS Oer-Erkenschwick vor 70 Jahren aussah. © Stadt Oer-Erkenschwick
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Die Volkshochschule (VHS) Oer-Erkenschwick hat die Vorbereitungen für das Frühjahrssemester 2024 abgeschlossen. Doch: Wie war das mit der Volkshochschule eigentlich vor 70 Jahren? Stadtarchivarin Bettina Lehnert hat in ihren Unterlagen gestöbert und ist in Sachen „Volksbildung“ in Oer-Erkenschwick fündig geworden.

„Wir erkennen und schätzen seit Jahren die Bedeutung der Volksbildungsarbeit in unserer Bergarbeiterstadt“, schreibt der damalige Bürgermeister Wilhelm Winter als Vorwort in das Programmheft des Volksbildungswerks für das Jahr 1954. Denn dieses Jahr wurde zu einem Meilenstein für die Volksbildung in Oer-Erkenschwick.

Am 15. September 1954 eröffnete die UNESCO-Modellbücherei an der Stimbergstraße 115. Also in dem Haus, in dem auch die Volksbank-Hauptstelle angesiedelt ist. Deren Geldautomaten wurden vor einem Dreivierteljahr gesprengt. Bald soll das Gebäude abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden.

Die UNESCO, also die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, hatte den Bau und die Einrichtung der damals europaweit einzigartigen Bücherei unterstützt. Oer-Erkenschwick besaß damit 1954 eine der modernsten Volksbüchereien der Bundesrepublik. Und: In dem Gebäude wurden ebenfalls die Volkshochschule der Stadt und der damalige Theaterring untergebracht.

Nach dem Umzug der Stadtbücherei in die Neue Mitte am Berliner Platz in den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts firmierte in den Räumlichkeiten an der Stimbergstraße 115 das Beratungszentrum des damaligen Energieversorgers VEW (Vereinigte Elektrizitätswerke Westfalen) und direkt nach dem Jahrtausendwechsel für rund zwei Jahrzehnte die Lokalredaktion der Stimberg Zeitung.

Die Ziele der Volkshochschule formulierte der damalige Leiter der VHS, Realschullehrer Otto Drenhaus, vor 70 Jahren wie folgt: „Es soll auch das allgemeine Wissen, ausgedrückt durch eine klare Urteilskraft, Verständnis für unsere heutige Situation, weltoffenen Weitblick und eine starke Charakter- und Persönlichkeitsformung, gefördert werden.“ Und zu dem Zweck richtete die VHS Veranstaltungen im damaligen IGBE-Gewerkschaftsheim direkt neben dem heute nicht mehr existierenden Hallenbad, im ebenfalls nicht mehr vorhandenen Stadtkino, im Rathaussitzungssaal, in der Realschule und dem früheren Ewald-Schulgebäude an der Stimbergstraße 169, dem heutigen Sitz der Volkshochschule, aus.

Das damalige Programm der Volkshochschule Oer-Erkenschwick

Das Programm war durchaus fortschrittlich. Es gab Vortragsveranstaltungen wie „Der Mensch im Zeitalter der Ersatzreligionen“ oder „Der Mensch und die moderne Technik“. Aber auch wissenschaftliche Themen wie ein Experimentalvortrag „200 Grad Kälte – 4000 Grad Hitze“. Schon damals gab es ein Frühlings- und ein Herbstkonzert von Oer-Erkenschwicker Chören. Sogar Jugendkonzerte des Vestischen Sinfonieorchesters waren nachgefragt. Zahlreiche Angebote unterbreitete auch die über Jahrzehnte bestehende Programmkooperation der VHS Oer-Erkenschwick mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund („Arbeit und Leben“).

Hier referierte 1954 Ewald-Schullehrer Hans Schwier, der spätere Forschungs- und Kultusminister Nordrhein-Westfalens, zum Titel „Wir schauen über den Zaun – Eine Reise durch Europa“. In dem Ankündigungstext für diese Veranstaltung heißt es: „Wir Bewohner Europas müssen Europäer werden. Dazu ist es notwendig, dass wir unsere Heimat kennenlernen. Reisen wir also, oder tun wir so, als ob!“

Veranstaltungsort für die Angebote der Volkshochschule war auch die Stadtbücherei an der Stimbergstraße. Die wurde damals von durchschnittlich 6000 Menschen im Monat besucht. Marianne May und Gisela Schalk kümmerten sich um sie. Genauso wie die unvergessene Helga Kullack, die im Dezember 1960 zusammen mit dem damaligen Bürgermeister Heinz Netta von der UNESCO einen Bücherbus mit rund 2000 Schriftstücken für die Stadt geschenkt bekam. Dieser Bücherbus sollte die Bürgerinnen und Bürger in den Außenbezirken von Oer-Erkenschwick, also in Oer und in der Honermann-Siedlung, mit Lesestoff versorgen.

Volkshochschule Oer-Erkenschwick
Ab Januar kann man sich wieder für kommende Kurse an der VHS Oer-Erkenschwick anmelden.© Meike Holz (Archiv)

Anmeldungen für das Frühjahr beginnen

Heute, im Februar 2024, beginnt das neue Semester der Volkshochschule. Der Stadtrat hat den Arbeitsplan der Weiterbildungseinrichtung mit 182 Veranstaltungen und einem Volumen von 3675 Unterrichtsstunden abgesegnet. Zu den Veranstaltungen zählen neben Sprachkursen, Vorbereitungen auf Schulabschlussprüfungen und Integrationskursen auch Angebote zur politischen und gesellschaftlichen Bildung, zu kulturellen und Gesundheitsthemen. Aktuell können sich Interessierte zu den Kursen anmelden.

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