
Wilfried Löchel hätte bis vor 25 Jahren nicht gedacht, dass er sich einmal beispielsweise für das Ausgeizen von Tomatenpflanzen, den Salatanbau oder die Obstbaumpflege interessieren würde. Dann lockte ihn der Schwager auf seine Parzelle in der Kleingartenanlage an der Ahsener Straße in Oer-Erkenschwick. Am Ende war der 72-Jährige dann 17 Jahre Vorsitzender des Kleingartenvereins und ist auch heute noch zusammen mit Ehefrau Anita begeisterter Schrebergärtner.
„Mir geht es gut“, sagt Wilfried Löchel, als wir ihn auf seiner Parzelle treffen. Beinahe liebevoll lässt er den Blick über seine Pflanzen streifen und bleibt an dem kleinen Gewächshaus mit den Tomaten hängen. „Die brauchen viel Wasser“, weiß der Gartenfachmann und schreitet sofort zur Tat – ein Kleingärtner durch und durch halt. Doch das war nicht immer so.
Leidenschaftlich gerne in Oer-Erkenschwick Musik gemacht
„Früher habe ich leidenschaftlich gerne Musik gemacht“, erzählt Wilfried Löchel. Seit seiner Jugend spielt er Akkordeon und Gitarre. Und das nicht nur für sich, sondern auch für ein vergleichsweise großes Publikum. „In den 60er-Jahren habe ich sogar in mehreren Bands gespielt. Eine davon war ‚The Monkeys‘“, erinnert sich der 72-Jährige. Dazu gehörten neben Löchel die weiteren Gitarristen Ingo Melzow, Siegfried Pulner, am Schlagzeug Werner Bäumer und Bernie Benthaus am Mikrofon. Die „Monkeys“ traten bei diversen Beatfestivals im Kreis Recklinghausen auf und spielten in der Stadthalle von Oer-Erkenschwick sogar zusammen mit der Formation „The Monks“. Die „Mönche“, die stets mit Tonsur auftraten, waren in den 60er-Jahren eine bundesweit bekannte Rockband, die aus in Deutschland stationierten US-Soldaten bestand.
Schwager führte ihn an das Gärtnern in Oer-Erkenschwick heran
Doch dann kam der Kleingarten. Es war der Schwager von Wilfried Löchel, der den späteren Vorsitzenden des Vereins an das Gärtnern heranführte. „Ich habe zunächst die Gemeinschaftsarbeit für ihn erledigt, weil er gesundheitlich angeschlagen war. Das hat mir gut gefallen, genauso wie die Feste der Kleingärtner, bei denen ich auch musiziert habe“, erinnert sich Löchel. Nach dem Tod des Schwagers hat er schließlich dessen Parzelle übernommen. Dann wurde er vom damaligen Vorsitzenden Werner Bolder zu Vorstandslehrgängen an die Kleingärtner-Landesschule geschickt. Der Rest ist Geschichte. „Mir hat immer der Zusammenhalt im Verein gefallen. Wobei es nicht einfach ist, alle 64 Parzelleninhaber unter einen Hut zu bekommen“, sagt Löchel.

Gutes Verhältnis zur Stadtverwaltung in Oer-Erkenschwick
Der 72-Jährige erinnert sich gerne an sein gutes Verhältnis zur Stadtverwaltung. „Das hat am Ende mit dazu beigetragen, dass die Anlage heute noch existiert“, sagt Löchel. Denn 2007 trennte sich die damalige Geländeeigentümerin, die Salzgitter AG, von all ihren Liegenschaften. Der erste Versuch, das Areal an die Stadt zu verkaufen, scheiterte. Man kam preislich nicht überein. „Dann bekamen wir zum 31. Oktober die Kündigung. Aber Werner Bolder und ich haben alle Beteiligten in unser Vereinsheim zu einem Frühstück eingeladen. Die Frauengruppe hatte wie immer ihr Bestes gegeben. Und am Ende hat es mit der städtischen Übernahme doch geklappt“, erzählt Löchel. Kurz zuvor hatten die Kleingärtner beim Garten-Landeswettbewerb eine Gold- und beim Bundeswettbewerb eine Silbermedaille errungen. „Wenn es nicht zu einer Einigung gekommen wäre, hätten wir das Land komplett abgeräumt wieder zurückgeben müssen“, sagt Löchel.
Mit dem Gärtnern aufzuhören, das ist für Wilfried Löchel auch im Alter von 72 Jahren keine Option. „Dazu macht die Arbeit viel zu viel Spaß. Und die Früchte aus dem eigenen Garten schmecken einfach besser“, sagt der ehemalige Vereinsvorsitzende.
Viele Jahre das Gesicht der Kleingärtner
- Wilfried Löchel ist 72 Jahre alt, wuchs in Oer-Erkenschwick auf und absolvierte nach der Schule auf dem heute nicht mehr existierenden Stickstoffwerk eine Lehre als Starkstromelektriker.
- Von 1970 bis 1974 war er auf Montage und legte danach als Elektriker unter Tage auf dem Bergwerk Ewald-Fortsetzung in Oer-Erkenschwick an. 1976 wurde er Fördermaschinist und 1978 als solcher Angestellter auf der Zeche. 1982 wechselte Wilfried Löchel als Fördermaschinist zum heute bereits demontierten Haardschacht, wurde 1984 Platzmeister und trat 2002 in den Ruhestand.
- Seit 1997 gehört er dem Kleingartenverein „Arbeit und Freude“, dessen Vorsitz er wenige Wochen nach seiner Abkehr vom Pütt als Nachfolger von Werner Bolder übernahm. 2019 trat er nicht mehr für eine Wiederwahl an.
- Seit 1976 ist Wilfried Löchel mit Ehefrau Anita verheiratet, hat zwei Kinder und zwei Enkel.
- Neben seinem Garten hat Löchel früher gerne musiziert. Er spielte Gitarre und Akkordeon. Heute kann er das nach einer Handverletzung nicht mehr.