
Die Stadt stellt in Kürze ihr Klimaschutzkonzept vor. Die Bürger sollen vom Auto aufs Fahrrad umsteigen. An der Hünenplatz-Kreuzung haben allerdings immer noch Autofahrer Vorfahrt, obwohl dort seit vier Jahren eine intelligente Ampelschaltung den Verkehr regelt.
Davon betroffen sind vor allem die zahlreichen Radfahrer, aber auch Fußgänger auf der Stimbergstraße auf dem Weg zum Friedhof. Über Sensoren gesteuert schaltet die neue Lichtzeichenanlage verkehrsabhängig von Rot auf Grün um. Das ist durchaus sinnvoll. Denn statt wie vorher zwei Ampelphasen für die beiden Tangenten Stimberg- und Klein-Erkenschwicker-Straße, wurden zusätzlich noch zwei Phasen für Linksabbieger eingerichtet.
Für Autofahrer gibt es Sensoren – für Radfahrer nicht
„Für die Autofahrer gibt es Sensoren, für Radfahrer und Fußgänger aber nicht“, ärgert sich SPD-Vorsitzender Peter Duscha. Bürger hatten ihn schon mehrfach darauf angesprochen. Denn Fußgänger müssen jetzt eine Anforderungstaste drücken, wenn sie die Kreuzung überqueren müssen. Vorher sprang die Fußgängerampel automatisch auf Grün um, wenn die Autofahrer in dieser Fahrtrichtung grünes Licht bekamen.
Abgesehen davon, dass viele Bürger sich wegen der Infektionsgefahr in Pandemiezeiten scheuen, den Anforderungsknopf zu drücken, ändert das nichts an der Bremswirkung. Denn kommen nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer einen Moment zu spät, müssen sie drei Ampelphasen warten, während die Autos freie Fahrt haben.
Aus Altergründen wurde Ampel in Oer-Erkenschwick 2017 erneuert
Davon betroffen sind auch zahlreiche Radfahrer, die den Fuß- und Radweg auf der Stimbergstraße nutzen. „Vor allem ältere Menschen und Familien mit Kindern scheuen sich aus Angst vor Unfällen, die rote Fußgängerampel über die Straße zu umgehen“, sagt Duscha. Zudem fordert ein Hinweisschild Radfahrer zum Absteigen auf. „Dass an dieser Stelle Autofahrer Vorrang vor Fußgängern und Radfahrern haben, darf einfach nicht sein“, meint Duscha. Er hatte schon Ende vergangenen Jahres die Stadtverwaltung auf diesen Missstand aufmerksam gemacht. Geändert wurde bisher nichts. Allerdings ist auch nicht die Stadt Oer-Erkenschwick zuständig, sondern der Kreis Recklinghausen als Baulaustträger dieser Kreisstraße.
Mehr als 50 Jahre haben die Ampeln am Hünenplatz für alle Fahrrichtungen „getickt“. Aus Altersgründen hat der Kreis Recklinghausen die Lichtzeichen aus den 60er-Jahren 2017 ausrangiert. Auslöser war letztlich ein Verkehrsunfall im Dezember 2016, bei dem ein Ampelmast umknickte. Dabei wurde auch die Verkabelung unter der Erde beschädigt, die nur provisorisch repariert wurde. Das gab letztlich den Ausschlag für die Komplett-Erneuerung mit LED-Technik, Linksabbiegersignalen, verkehrsabhängiger Steuerung, Signalgeber für blinde und sehbehinderte Fußgänger sowie eine Vorrangsteuerung für Linienbusse. Die neue Technik hatte auch ihren Preis, kostete rund 60 000 Euro.
Stadt Oer-Erkenschwick will mit der Kreisverwaltung sprechen
Schon knapp ein Jahr später sorgte die moderne Lichtzeichenanlage zum ersten Mal für Unmut, in diesem Fall aber bei Autofahrern. Denn irgendwie schien die Schaltung defekt. Wer von der Klein-Erkenschwicker-Straße von Oer oder Rapen kommend nach links in die Stimbergstraße einbiegen wollte, musste nämlich teilweise lange warten. Denn es vergingen mindestens zwei Grünphasen in alle anderen Richtungen, bevor dieser Linksabbiegerverkehr losfahren durfte. Eine Fachfirma programmierte die Ampelschaltung schließlich um.
Inwiefern die Ampelschaltung jetzt zugunsten der Radfahrer umprogrammiert werden kann, will Fachdienstleiter Michael Grzeskowiak mit der Kreisverwaltung klären: „Fakt ist, dass es für Radfahrer auf dem Gehweg und auf der Straße an dieser Kreuzung eine uneinheitliche Regelung gibt. Manche Radfahrer wissen gar nicht, dass sie den Anforderungsknopf drücken müssen. Es gibt auch keinen Hinweis für Radfahrer. Wir werden versuchen, das zu ändern. Ob es technisch möglich ist, weiß ich noch nicht.“
- Verkehrsampeln gibt es schon länger, als man denkt. Die erste Lichtsignalanlage der Welt wurde im Dezember 1868 in England aufgestellt, und zwar in London auf dem Parliament Square. Sie wurde mit Gaslicht betrieben und explodierte allerdings nach kurzer Zeit. Es gab damals zwar noch keine Autos auf der Straße, aber lebhaften Verkehr mit Kutschen aller Art, die noch mit echten Pferdestärken fortbewegt wurden.
- Die erste elektrische Verkehrsampel wurde im August 1914 in Cleveland (USA) installiert, hatte aber nur zwei Lampen, rot und grün. Die ersten dreifarbigen Lichtsignalanlagen wurden 1920 in Detroit und New York in Betrieb genommen. In Europa wurde die erste dreifarbige Lichtsignalanlage mit mechanischer Steuerung 1922 in Paris geschaltet.
- In Deutschland wurde die erste Lichtzeichenanlage mit dem Verkehrsturm am Potsdamer Platz in Berlin am 15. Dezember 1924 in Betrieb genommen. Im November 1925 folgten in Berlin weitere Anlagen an drei Kreuzungen.
- In kleineren deutschen Städten gibt es erst seit den 50er-Jahren Verkehrsampeln, in Gelsenkirchen wurde die erste 1953 aufgestellt.
- Wenn Sie, liebe Leser, ähnliche Erfahrungen mit einer „intelligenten“ Ampelschaltung gemacht haben, teilen Sie es uns bitte mit unter szredaktion@medienhaus-bauer.de