
Mehrere Schulhöfe mussten gesperrt werden. Auf dem Waldfriedhof war es besonders schlimm. Die Plagegeister hatten vergangenes Jahr 95 Prozent der rund 150 Eichen befallen. Der Gottesacker sah aus wie eine Großbaustelle. Bauhof-Mitarbeiter hatten sämtliche befallenen Bäume mit rot-weißem Flatterband markiert, um Friedhofsbesucher vor der Gefahr zu warnen. „Bis jetzt sind die Raupen zum Glück noch nicht aufgetreten“, meint Gerold Schmelter. Der Bauhofleiter hofft, dass der heftige Frost im Februar und die kühle und feuchte Witterung im Frühjahr dem Eichenprozessionsspinner (EPS) zugesetzt haben und die große Plage diesmal ausbleibt.
Bauhof setzt in Oer-Erkenschwick auf Radikalkur mit Spezialsauger
Sollten sich die „Spinner“ trotzdem am Stimberg breitmachen, setzt Schmelter wieder auf die Radikalkur mit Saugeffekt. Mit einem Spezialstaubsauger ging die Firma Scheidtmann aus Marl dem Eichenprozessionsspinner (EPS) an den Kragen. Die Raupenjäger waren rund zwei Wochen auf dem Friedhof, Schulhöfen und im Stadtpark im Einsatz. Zuvor hatten Bauhof-Mitarbeiter Raupennester – soweit erreichbar – mit Sprühkleber versiegelt.
Die Spinner-Jäger aus Marl sind aber viel professioneller ausgerüstet. Ihr Hubsteiger hat eine Reichweite von 21 Metern und kommt damit auch bis in die Baumwipfel. Einmal verschwinden die Nester, in denen sich die Raupen verpuppen in einen großen Industriesauger. Die Beutel kommen in einem Spezialbehälter, der in einer Verbrennungsanlage landet.
Vergangenes Jahr in Oer-Erkenschwick 200 Meisenkästen aufgehängt
Als zweite Waffe im Kampf gegen EPS hat die Stadt auch noch die natürlichen Feinde der Raupe in petto. Meisen, aber auch der Kuckuck sowie Fledermäuse fressen die EPS-Raupen, bevor sie die giftigen Nesselhaare entwickeln, die bei Menschen entzündliche Hautreaktionen und sogar Atembeschwerden hervorrufen können. Die Stadt hatte vergangenes Jahr über den Baubetriebshof 150 Meisenkästen anschaffen lassen und unter anderem an Bäumen auf dem Waldfriedhof und an Schulen, die im Vorjahr besonders betroffen waren, aufhängen lassen.
Neben der Stadt wurde auch der Naturschutzbund (NABU) Ostvest gegen den EPS auf dem Gemeindegebiet aktiv. Allein im Februar 2020 wurden am Maritimo-Freizeitbad 20 Meisenkästen an Eichen aufgehängt. Auch das Maritimo selbst hängte auf seinem Gelände Nistkästen auf. Der NABU stattete auch den Bereich der Parkplätze nahe der Waldgaststätte „Mutter Wehner“ mit solchen Nisthilfen aus. „Wie viele Raupen die Meisen tatsächlich gefressen habe, können wir nicht sagen. Aber offensichtlich nicht genug. Die natürlichen Fressfeinde haben jedenfalls nicht ausgereicht“, sagt Schmelter.
Bauhof verzichtet auf den Einsatz von Bioziden
Auf den Einsatz von Bioziden wie zuletzt durch die Stadt Marl und den Landesbetrieb Straßen.NRW will der Bauhofleiter auf jeden Fall verzichten: „Weil das Mittel wahllos entlang von Straßen eingesetzt wurde, gab es viel Kritik für diese Form der Schädlingsbekämpfung, bei der womöglich auch andere Insekten sterben.“ Von Lockstoff-Fallen hält Schmelter auch nicht viel. Diese Fallen bestehen aus einem Schlauch, der um den Baumstamm gelegt wird, und einem Köderbeutel, in den die Raupen fallen sollten. Der Bauhofleiter meint: „Von durchschlagenden Erfolgen dieser Methode habe ich noch nichts gehört. Die Anwendung ist zudem ziemlich schwierig. Wenn das Spinnernest in neun Metern Höhe hängt, müsste der Schlauch acht Meter hoch angebracht werden.“
- Die Eichenprozessionsspinner sind einheimische Nachtfalter. Sie halten sich gern in warm-trockenem Klima auf.
- In Deutschland hat sich die Tierart in den vergangenen Jahren stark ausgebreitet.
- Die Eichenprozessionsspinner können für Mensch und Tier unangenehm werden, wenn sie in Berührung mit den Brennhaaren kommen. Die Haare der Raupen können allergische Reaktionen bis hin zu Asthma-Anfällen auslösen.
- Während der Metamorphose häuten sich die Raupen ganze sechs Mal. Ab der dritten Häutung enthalten die Brennhaare das Nesselgift Thaumetopoein.