Christoph Tesche stellt im Interview fest, dass es der stationäre Handel vor allem im Modebereich schwer hat und dass, wer eine lebendige Innenstadt möchte, auch vor Ort einkaufen sollte. Da hat er recht.
Mehrere Erlebnisse der letzten Jahre lassen mich fragen: „Weiß der stationäre Handel im Modebereich, bzw. wissen die Beschäftigten dort das auch?“
Wir gehören zu denen, die Waren vor dem Kauf gern im Original sehen und Stoffe fühlen möchten, die keine Modelmaße haben und die bequeme Schuhe benötigen und deshalb noch anprobieren müssen. Deshalb fahren wir „in die Stadt“ zum Einkaufen. Leider passiert dann aber zunehmend häufig, was diese drei Erlebnisse exemplarisch beschreiben:
Nach einem Krankenhausaufenthalt mit Operation ist meine Bewegungsfähigkeit noch eingeschränkt, ich brauche aber trotzdem Schuhe. In einem führenden Schuhhaus in der Innenstadt besuche ich die damals noch vorhandene Abteilung für bequeme Schuhe und schaue mich um. Eine Verkäuferin fragt nach meinen Wünschen und stellt mir drei Schuhe zur Auswahl vor die Füße. Dann lehnt sie sich ans Regal und schaut interessiert zu, wie ich mich bei der Anprobe der Schuhe quäle. Kein Hilfsangebot beim Schließen der Schnürsenkel oder des Reißverschlusses. Beim dritten Paar gebe ich auf, bedanke mich für die Hilfe und verlasse den Laden.
Mein Mann sucht einen qualitativ hochwertigen Rollkragenpullover. Im Internet bietet die Seite eines der führenden Modehäuser in der Innenstadt solche Pullover an. Wir betreten die Strickwarenabteilung und schauen uns als einzige Kunden um. Zwei Verkäuferinnen stehen an einem Verkaufstisch, die eine sortiert Socken, die andere erzählt ihr ausdauernd etwas. Nachdem wir die gesamte Abteilung durchsucht haben und niemand Notiz von uns genommen hat, geht mein Mann hin, bittet freundlich um Entschuldigung für die Störung und nennt seine Wünsche. Antwort ohne weitere Erläuterung: „Haben wir nicht.“ Vorsichtiger Hinweis auf das Angebot im Internet, Antwort: „Damit haben wir nichts zu tun, das ist eine andere Abteilung.“ Wir verlassen den Laden.
Weihnachtszeit: Ich suche eine Kosmetiktasche, die man aufhängen kann, als Geschenk für meine Tochter. In einem führenden Lederwarengeschäft in der Innenstadt beschreibe ich, was ich für wen suche. Die Verkäuferin stellt mir eine schwarze Tasche hin. Auf meinen Hinweis, dass die Firma auch etwas farbenfrohere Exemplare im Sortiment hat, antwortet sie: „Haben wir nicht“ und lässt mich stehen. Ich verlasse den Laden.
Bequeme Schuhe zu finden, ist für mich immer noch problematisch. Da könnte ich noch drei weitere Erlebnisse beschreiben. Den Rollkragenpullover hat uns ein sehr freundlicher und hilfsbereiter Verkäufer in einem anderen Modehaus verkauft und die Kosmetiktasche habe ich letztlich im Internet bestellt. An meinem guten Willen hat es jedenfalls nicht gelegen.
Meine Kleidung kaufe ich übrigens fast ausschließlich in einer kleinen, auf Größen > 44 spezialisierten Boutique an der Großen Geldstraße. Die Inhaberin ist freundlich und sehr hilfsbereit. Dort lasse ich mein Geld gern. Leider führt sie keine Schuhe.
Eva Böhme
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