Tier der Woche mit Video Ein Frettchen kommt selten allein

Die Frettchen erkunden jeden Winkel in ihrem Tiergehege. Ob sich in dieser Gießkanne auch etwas Leckeres findet? © Jörg Gutzeit
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„Schau mal, ein Frettchen!“. Dieser Ausspruch ist im Tierpark öfter zu hören, wenn die Besucher vor dem Gehege von Nerzdame Wilma treten. Ganz falsch! Nerze und Frettchen gehören zwar zur Familie der Marder, sind aber ansonsten so wenig zu vergleichen wie Äpfel und Birnen. Deshalb sind Mister, Hexe, Bine und Xena unsere Tiere der Woche.

Als wir durch die Schleuse ins Frettchengehege treten, ertönt ein tiefes Schnauben. „Keine Bange, das ist Bella!“, erklärt die leitende Tierpflegerin Elisabeth Schüller. Das Hängebauchschwein wohnt direkt nebenan. Und nicht wir bringen sie zum Grunzen, sondern der Pfleger, der sie füttert. Die Frettchen hingegen bekommen von unserem Besuch nichts mit. Noch nicht…

Elisabeth Schüller beugt sich zu der Kiste herunter, in der die Langschläfer den sonnigen Morgen verpennen. Dann kommt die braune, korrekt heißt es iltisfarbene, Xena hervor, lässt sich sofort von der Pflegerin auf den Arm nehmen und kraulen. Bald wollen auch die anderen wissen, was da draußen los. Und schon herrscht Leben im Gehege.

Filmreif: Fine und Hexe untersuchen die Videokamera © Jörg Gutzeit © Jörg Gutzeit

Fotoapparat und Videokamera der beiden Kollegen sind höchst interessant und werden bald belagert. Eine leere Gießkanne ist ebenso spannend. Einer nach dem anderen klettert herein. „Das ist ihr Jagdtrieb“, erklärt die Tierpflegerin. Denn ursprünglich wurden die Frettchen, deren wilde Verwandte die Iltisse sind, für die Jagd gezüchtet. Die schlanken Tiere scheuchen die Kaninchen aus ihrem Bau und dem Waidmann direkt vor die Flinte. „Heute sind Frettchen eher als Haustiere beliebt“, ergänzt Elisabeth Schüller. Aber aufgepasst: Die kleinen Marder brauchen viel Platz, Aufmerksamkeit, Abwechslung und Gesellschaft.

Wie schlecht es einem einsamen Frettchen geht, beobachteten Elisabeth Schüller und ihr Team vor gut einem Jahr. Innerhalb kürzester Zeit war der weiße Mister zum Witwer geworden, seine drei betagten Lebensgefährtinnen starben hintereinander. „Er hat dann stark abgebaut, wurde richtig lahm und traurig“, blickt die Expertin zurück. Doch wie würde der Opi auf frisches Blut im Gehege reagieren? „Wir haben es riskiert, denn ihm ging es so schlecht, dass wir ihn sonst hätten einschläfern müssen.“

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Neugierige Frettchen sind Besuchermagnet

Ein Jungbrunnen für den Opi

Xena, Hexe und Bine verpassten dem alten Herren eine seelische Frischzellenkur. „Sie sind sein Jungbrunnen. Mit seinen neun Jahren ist er zwar langsamer als die Mädels, aber wieder erstaunlich fit“, freut sich Elisabeth Schüller. Allerdings ist die Zuneigung rein platonisch. Mister wurde vor vielen Jahren kastriert, mit der Fruchtbarkeit verlor er auch die Libido – aber nicht die Leidenschaft fürs Spielen, Klettern und Erforschen.

Doch während der Gentleman mit freundlicher Zurückhaltung in meinem weiten Hosenbein nach Nahrung Ausschau hält und bald das Interesse verliert, lässt die junge Xena nicht locker. Sie findet das neue Spielzeug zu spannend und knabbert. Ein Streifen Malzpaste, den Elisabeth Schüller auf einem Ast aufträgt, lenkt die kleine Nervensäge aber schnell ab. „Ja, es sind halt Raubtiere“, erinnert Elisabeth Schüller. Und damit aufdringliche Besucher nicht auf die Idee kommen, einen Finger durchs Gitter zu stecken, um ein Frettchen anzulocken, warnt draußen ein Schild: „Vorsicht, wir beißen!“

Regelmäßig eine Mütze voll Schlaf

Wenn die Frettchen ihren Schönheitsschlaf halten – das tun sie mehr als die Hälfte des Tages –, entdecken Neugierige im Gehege aber dennoch viele interessante Sachen. An Ästen baumeln Schuhe, eine Hängematte und eine Blumenampel, mehrere kleine Kartons liegen auf dem Boden. „Darin verstecken wir Futter“, löst die Tierpflegerin das Geheimnis. Xena, Biene, Hexe und Mister können sich zwar jederzeit an einer Schale Trockenfutter bedienen, aber ihre tägliche Ration Frischfleisch müssen sie „erbeuten“. „Das sollten auch Haustierhalter so machen“, betont die Fachfrau. Ein Frettchen sollte übrigens niemals allein bleiben, wie das Schicksal von Mister zeigte.

Aber selbst die Zweisamkeit ist für die Rudeltiere fast zu wenig: „Sie haben unterschiedliche Launen. Bei vier Tieren kann sich auch mal eines zurückziehen, das seine Ruhe haben will.“ So wie Mister: Der alte Herr hat die kleine Knubbelnase voll von der Aufregung, die wir ins Gehege bringen. Er beobachtet aus einem halb eingebuddelten Tonrohr, wie seine drei Puppen um uns herumtanzen.

Doch zurück zur Anfangsfrage: Worin unterschieden sich Frettchen und Nerze? „Europäische Nerze sind Wildtiere. Unsere Wilma ist scheuer und bewegt sich noch viel schneller als die Frettchen“, klärt Elisabeth Schüller auf. Und so gemütlich wie Mister, Xena, Bine und Hexe wollen Nerze es auch nicht haben. Gleich zwei von ihnen kuscheln sich nun auf dem Arm der Tierpflegerin und genießen die Streicheleinheiten. Es ist höchste Zeit für eine weitere Mütze Schlaf.

Info: Der Eintritt in den Tierpark im Stadtgarten ist frei. Der Förderverein leistet einen großen Anteil, damit die Anlage fortlaufend für die Tiere und Besucher modernisiert wird. Tierpatenschaften und/oder Spenden helfen dabei.

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