
Die Recklinghäuser Zeitung macht sich auf die Suche nach den „Extremen“ der Stadt. Diesmal haben wir uns so lange ostwärts bewegt, bis es nicht mehr weiterging. Bauzäune versperren den Weg zum äußersten Osten der Stadt, einem kleinen Zipfel auf der südöstlichen Seite der Emscher, der in der Kartenansicht der Stadt Castrop-Rauxel wie abgerungen scheint. In unmittelbarer Nähe mündet auch der Suderwicher Bach in die Emscher.

Emschergenossenschaft baut das „Emscherland“
Grund für die Bauzäune ist das Mammut-Projekt „Emscherland“, das die Emschergenossenschaft in Zusammenarbeit mit den Städten Recklinghausen, Castrop-Rauxel, Herne, Herten und dem Regionalverband Ruhr (RVR) 2023 fertigstellen möchte. Diesseits der Emscher sorgen schwere Baufahrzeuge wie Raupen, Radlader, Bagger und Kipper für Staubwolken, die Zaungäste am Emscher Radweg über der riesigen Mondlandschaft aufsteigen sehen. „Es ist zwar schade, dass ich den Radweg nicht wie gewohnt durchfahren kann“, sagt etwa Günther Vogel, der über die Umleitung Emschertalweg auf dem Rückweg nach Castrop-Rauxel ist. „Aber ich bin ein Fan dieses Projekts und freue mich auf die Fertigstellung.“

Die einzelnen Projektbausteine im Bereich des Wasserkreuzes Castrop-Rauxel sind ein Natur- und Wasser-Erlebnis-Park, die Emscher-Promenade, ein Gewässer-Lernort, die Emscher-Terrassen sowie die Brücke „Sprung über die Emscher“. In einiger Entfernung zur Großbaustelle fressen sich am Emscherdeich Schafe am saftig-grünen Gras satt. Ein paar Ziegen haben sich auch unter die Herde gemischt. Es sind mehrere hundert Tiere, die das Emscherufer auf Castroper Seite säumen und einige der vielen Radfahrer, die hier unterwegs sind, anhalten und das gefräßige Treiben beobachten lassen.

Dort, wo die Emscher, der Suderwicher Bach und der Rhein-Herne-Kanal aufeinandertreffen, entsteht auf einer Fläche von etwa 30 Hektar ein interkommunaler Erlebnisraum – der Natur- und Wasser-Erlebnispark. Dessen Angebote werden einen Wasserspielplatz, einen Staudengarten, ein Imkerhaus, eine Streuobstwiese und Bauerngärten sowie die Emscher-Terrassen mit Weingärten umfassen.
Die ebenfalls zum Gesamtpaket gehörende neue Emscher-Promenade wird dem Fluss, der bis Ende dieses Jahres abwasserfrei sein soll, auf einer Länge von 18 Kilometern von Castrop-Rauxel über Recklinghausen und Herne bis Herten folgen und dabei auch durch den Natur- und Wasser-Erlebnis-Park verlaufen. Verbesserte Wege, neue Brücken und Erholungsräume am Wasser sollen die dann saubere Emscher erlebbar machen, verspricht die Emschergenossenschaft.

Und dann wäre da noch der imposante „Sprung über die Emscher“, der das Projekt „Emscherland“ komplett macht. Diese Brücke führt außerdem auch über den Rhein-Herne-Kanal und verbindet für Radfahrer und Spaziergänger die Castrop-Rauxeler Stadtteile Henrichenburg und Habinghorst mit der Stadt Recklinghausen. 412 Meter lang wird das Bauwerk sein und in doppelter S-Form über die Gewässer führen. Für das Brückenbauwerk verbaut die Emschergenossenschaft etwa 900 Tonnen Stahl.
Eine gute Sicht auf das entstehende Emscherland bietet der skulpturale Aussichtsturm „Walkway and Tower“, den der Japaner Tadashi Kawamata anlässlich der Emscherkunst 2010 konzipierte und errichtete. Bereits der sich zum Holzturm hochwindende Pfad soll Besucherinnen und Besuchern neue Ausblicke auf das Gelände bieten. Wer drauf verzichten kann, nimmt den Trampelpfad. Vom etwa zehn Meter hohen Turm schauen sich auch Torben und Lisa, die aus Gelsenkirchen angeradelt sind, die Gegend an. Vom „Emscherland“ haben sie noch nichts gehört, aber ihnen gefällt der Plan. „Das Highlight heute aber sind die Schafe“, sagt Lisa.