Nach Kritik der Naturschützer Bürgermeister: „Wir kämpfen um jeden Baum im Stadtgebiet“

Die Montage zeigt Säulenhainbuchen auf der Breslauer Straße und Recklinghausens Bürgermeister Christoph Tesche.
Bürgermeister Christoph Tesche verteidigt die radikalen Baumschnitte erneut und verweist mit einem aktuellen Foto auf die positive Entwicklung der Säulenhainbuchen auf der Breslauer Straße. © Stadt RE/Gutzeit
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Mit einem Offenen Brief an den Bürgermeister hatten Vertreter von Baumschutz- und Umweltschutzgruppen die radikalen Baumschnitte im Stadtgebiet massiv kritisiert. Jetzt nimmt Christoph Tesche Stellung zu den Vorwürfen. Hier seine wichtigsten Argumente:

Auch wenn versucht werde, einen anderen Eindruck zu erwecken, stehe der Baumschutz stets im Fokus der Stadtverwaltung. Die kompetenten Fachleuchte im Rathaus und bei den Kommunalen Servicebetrieben Recklinghausen (KSR) „kämpfen um jeden Baum im Stadtgebiet“, versichert das Stadtoberhaupt.

Er empfinde es als unangemessen, dass Mitarbeitende, „die sehr engagiert und mit großer Kompetenz zum Wohle der Stadt arbeiteten, durch immer gleiche Falschbehauptungen diskreditiert werden“, betont Tesche.

„Jungbäume haben sich glänzend entwickelt“

„Sie haben recht, dass auch unpopuläre Maßnahmen zum Wohle der Bäume umgesetzt werden müssen. In diesem Fall betraf es die Jungbäume der Altersklasse zehn bis 20 Jahre einer Baumart, nämlich der Säulenhainbuchen. Die Rückschnitte sind allerdings nicht, wie von Ihnen geschildert, unsachgemäß geschehen.“ Am Beispiel der Straßenbäume am Ziegelgrund und auf der Breslauer Straße sei deutlich zu erkennen, dass diese Pflegemaßnahmen dem Wohl der Bäume dienten. Diese hätten sich nachweislich glänzend entwickelt. Die Verkehrssicherungspflicht und das Lichtraumprofil seien zwar Gründe für die Maßnahme gewesen, aber im Vordergrund habe der langfristige Erhalt gesunder Bäume gestanden. Da kein Schaden entstanden sei, erübrige sich auch die Antwort auf die Frage nach Wiedergutmachung, „was immer damit auch gemeint war“.

Arg gerupfte Säulenhainbuchen an der Dortmunder Straße in Recklinghausen.
Arg gerupft: Das Foto entstand direkt nach den Rückschnitten der Säulenhainbuchen an der Dortmunder Straße.© Ralf Wiethaup

Auch von einer Kostensteigerung durch die Beschneidung könne keine Rede sein. In Summe würden vielmehr Kosten eingespart. „Das hat den Hintergrund, dass in zehn Jahren der Baum zukünftig vier- bis fünfmal beschnitten werden muss. Das kostet momentan 9,80 Euro pro Baum. Wäre der Rückschnitt stattdessen nicht geschehen, müsste dazu eine deutlich umfangreichere Baumpflege hinzugerechnet werden, die in diesen zehn Jahren dreimal zu einem Preis von momentan 160 Euro pro Baum geschehen müsste.“

Der Rückschnitt an den Jungbäumen betreffe nur 0,6 Prozent aller städtischen Bäume und habe damit nur sehr geringe Auswirkungen. „Vögel und andere Tiere suchen sich in diesem Fall, wenn nötig, ganz natürlich eine Alternative und nehmen in der Regel keinen weiteren Schaden.“

Der geforderten vorausschauenden Planung für eine qualifizierte Baumpflege von Jungbäumen komme die Verwaltung schon seit Jahren nach. Der höhere Kostenansatz für Jungbaumpflege werde seit 2023 im Haushalt der Stadt berücksichtigt. Tesche: „Ein Resultat der regelmäßig tagenden Arbeitsgruppe Bäume waren in der Vergangenheit Hunderte Anpflanzungen von Bäumen im Stadtgebiet.“

Entsiegelungen schon angestoßen

Bei Neupflanzungen setze die Stadt auf klimaresiliente Baumarten, die sich besonders als Straßenbegleitgrün eignen. Dass entnommene Bäume nicht immer so schnell ersetzt werden könnten, wie von den Bürgerinnen und Bürgern gewünscht, habe Gründe. „Um einen Baum pflanzen und gesund erhalten zu können, muss vorab gründlich geprüft werden, ob dieser dort überhaupt stehen kann oder sein Wachstum von Versorgungsleitungen blockiert wird.“

Der Entsiegelung von Flächen im Stadtgebiet habe sich die Stadt bereits unter anderem mit dem Projekt „Klimafit mit Regenwasser“ und der aktuellen Online-Bürgerbeteiligung angenommen. Darüber hinaus solle die Altstadt in den kommenden Jahren insbesondere unter dem Einfluss der Auswirkungen des Klimawandels als lebenswerter Ort gestaltet werden. Beispielhaft nennt Tesche Maßnahmen wie die Anschaffung mobiler Bäume, Dach- und Fassadenbegrünungen oder das Urban-Gardening-Projekt an der Sterngasse.

Damit versiegelte Flächen möglichst aus dem Stadtbild verschwinden, fördere die Stadt auch Vorhaben, den eigenen Schottergarten in einen begrünten Vorgarten umzuwandeln und habe den Wettbewerb „Recklinghausen blüht auf“ ausgelobt. „Und die Landesregierung hat eine neue Landesbauordnung auf den Weg gebracht, die nach Zustimmung des Parlaments ab 2024 Schottergärten per Gesetz verbieten soll.“

Abschließend betont der Bürgermeister, dass die Verwaltung seit Jahren auf Transparenz in Sachen Bäume setze. Auf der Homepage der Stadt finde sich eine Liste mit Baumarbeiten und -fällungen, die ständig fortgeschrieben werde.

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