Landgericht Bochum Sex-Übergriffe im offenen Kittel: Ex-Klinikarzt kassiert Berufsverbot

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Ein bereits rechtskräftig wegen sexuellen Missbrauchs einer Krankenhauspatientin verurteilter Arzt (39) aus Recklinghausen ist am Dienstag am Bochumer Landgericht zu weiteren vier Monaten „Berufsverbot“ verurteilt worden. Mit dieser Entscheidung reduzierte die 16. Strafkammer ein vom Amtsgericht Recklinghausen verhängtes dreijähriges Behandlungsverbot spürbar – eine gänzliche Aufhebung der Nebenstrafe kam für die Bochumer Richter aber nicht infrage.

„Weibliche Allgemeinheit“ schützen

„Wir halten es für erforderlich, dass ihre berufliche Tätigkeit künftig nochmal etwas weiter eingeschränkt ist“, sagte Richter Michael Janßen in der Urteilsbegründung. Gleichzeitig wolle man dem nach eigenen Angaben seit rund drei Wochen arbeitslosen Arzt aber auch nicht komplett „die weitere Zukunft verbauen“.

Daher habe man sich für eine Reduzierung des Verbots entschieden, die rechnerisch ab 2022 aber wieder die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses ermögliche. Weil allerdings bis heute keine erkennbare Aufarbeitung der Taten stattgefunden habe, müsse man die „weibliche Allgemeinheit“ noch eine Weile vor dem Mediziner schützen.

Dass der dreifache Familienvater trotz rechtskräftiger Verurteilung bis heute „keine Reue, keine Einsicht, keine Entschuldigung“ erkennen lassen habe, so Richter Michael Janßen, sei sehr verwunderlich – und habe sich im Ergebnis auch kontraproduktiv ausgewirkt. Zudem war bekannt geworden, dass der Arzt das verhängte Schmerzensgeld an das Opfer (5.000 Euro) Ende Juli 2021 auch erst nach Aufforderung an einen Gerichtsvollzieher gezahlt hatte.

Berufsverbot aktiv seit knapp einem Jahr

Seit dem 11. September 2020 ist dem ehemals im Knappschaftskrankenhaus tätigen Mediziner bereits vorläufig untersagt, weibliche Patienten medizinisch zu behandeln. Wie am Dienstag bekannt wurde, hatte die Ärztekammer dem Mediziner aber scheinbar dennoch gestattet, bis vor Kurzem in verschiedenen Impfzentren (unter anderem in Nordhessen) als Impfarzt tätig zu sein.

Auslöser für die – nach einem Beschluss durch das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Mai 2021 endgültige – Verurteilung zu einer Bewährungshaftstrafe von eineinhalb Jahren waren zwei sexuelle Übergriffe im Juni 2019 auf eine heute 20 Jahre alte Patientin im Knappschaftskrankenhaus. Zwei Jahre zuvor war der 39-Jährige bereits nach ähnlichen Übergriffen auf junge Frauen an einem Krankenhaus in Siegen aufgefallen.

Verteidiger Jörn Dieker hatte in seinem Plädoyer auf ein Absehen vom Berufsverbot argumentiert, dass die parallel verhängte Bewährungshaftstrafe ausreichend Warnfunktion für den Arzt ausübe: „Er weiß, dass bei einem Widerruf sein Lebenstraum, Arzt zu sein, für immer geplatzt ist.“

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