Kleingärtner Versuchter Brückenabriss ohne jede Vorwarnung

Reinhold van Cleve (l.) und Klaus Gertz können es nicht fassen: „Ihre“ Brücke soll weg. Ein Stück des Geländers und Teile der Planken hat die Emschergenossenschaft bereits beseitigen lassen. © Wiethaup
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Als Klaus Gertz am Mittwoch (30. Juni) um die Mittagszeit zu seinem Schrebergarten neben der Straße Am Sandershof kam, bot sich ihm ein Bild, das er gar nicht für möglich gehalten hätte: Die kleine Fußbrücke, über die er früher über den einstigen „Köttelkanal“ und jetzt über das Regenrückhaltebecken zu seinem Garten gekommen ist, hing quasi schon am Haken eines mächtigen Baggers. „Zum Glück ist beim ersten Versuch das Seil gerissen, sonst wäre es schon passiert“, so Klaus Gertz.

Auch sein hinzugerufener Schrebergarten-Nachbar Reinhold van Cleve ist fassungslos: „Die Brücke gibt es hier seit mindestens 60 Jahren, und jetzt sollte sie von heute auf morgen weg. Und das alles ohne Ankündigung oder Vorwarnung.“

Das hätte dann die Emschergenossenschaft erledigen müssen, denn die ist seit ein paar Jahren Besitzer des Geländes. Übernommen hat sie das Areal von der Stadt, als die inzwischen abgeschlossene Renaturierung des Hellbachs in Angriff genommen wurde.

Schrebergärten gehören der Bahn-Landwirtschaft

Wie kompliziert die Besitzverhältnisse hier auf engstem Raum sind, belegt die Tatsache, dass die neun Schrebergärtner, die es dort noch gibt, allesamt Pächter bei der Bahn-Landwirtschaft sind, einer betrieblichen Sozialeinrichtung der Deutschen Bahn und des Bundeseisenbahnvermögens, die Flächen für Kleingärten zur Verfügung stellt.

Warum die Brücke jedoch abgerissen werden soll, ist den Schrebergärtnern ein Rätsel. „Die ist völlig in Ordnung und stabil.“ Und die beiden erinnern sich noch gut daran, dass die Emschergenossenschaft dort einen Zaun hat bauen lassen, als sie Besitzer des Geländes wurde: „Und zwar mit einem Törchen zu dem Weg, der über die Brücke führt.“

Arbeiten erst einmal ausgesetzt

In der Tat ist es nicht zu weiteren Abrissarbeiten gekommen, die beauftragte Bernemann GmbH stellte auf Geheiß der Emschergenossenschaft zunächst einmal die Tätigkeiten ein. Nicht zuletzt, um die anwesenden Schrebergärtner nicht zu gefährden, wie ein Mitarbeiter vor Ort erklärte.

Doch möglicherweise bleibt es nicht dabei: Auf Nachfrage erklärt Pressesprecher Ilias Abawi, was die Emschergenossenschaft zu diesem Schritt veranlasst hat. „Wir haben nach der Übernahme von der Stadt irgendwann festgestellt, dass die Brücke nirgendwo offiziell verzeichnet ist. Und bei näherer Begutachtung hat sich herausgestellt, dass die Brücke nicht mehr verkehrssicher ist. Doch uns obliegt jetzt hier die Verkehrssicherungspflicht, und deswegen muss die Brücke weg.“ Wie ernst es der Emschergenossenschaft in dieser Angelegenheit ist, belegt Abawis nächster Satz: „Der Abriss der Brücke ist alternativlos.“

Ein Umweg von rund 400 Metern

Alternativlos scheint im ersten Moment auch der Weg zu den dortigen Schrebergärten, wenn die Brücke verschwunden ist, doch das ist nicht ganz richtig. 200 Meter weiter südlich kann man durch ein improvisiertes Törchen einen schmalen Pfad erreichen, über den man zu den Gärten kommt: „Aber da sind überall Wurzeln. Versuchen Sie da mal, mit der Schubkarre durchzukommen“, schildert Reinhold van Cleve, der die ganze Sache nicht nachvollziehen kann: „Wenn es denen allein um die Sicherheit geht, dann sollen sie uns doch in die Verantwortung nehmen. Durch das Törchen kommt ja auch sonst niemand, das ist immer abgeschlossen, um Einbrecher oder Brandstifter fernzuhalten.“ Außerdem fragt er: „Gibt es denn nicht so etwas wie Bestandsschutz?“

Und dass die Brücke nicht mehr verkehrssicher ist, bezweifelt Klaus Gertz sehr: „Ganz ehrlich: Warum sollte denn dann das Seil reißen, wenn die Brücke so instabil wäre?“

Ilias Abawi bietet da aktuell nur wenig Trost: „Vielleicht werden wir dort etwas Neues schaffen – bei Gelegenheit.“

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