
Update 1.7., 16 Uhr: Bei den Protesten gegen den AfD-Parteitag am Wochenende in Essen wurden insgesamt 28 Polizisten verletzt, einer davon schwer. Der Mann habe das Krankenhaus wieder verlassen, werde aber noch mehrere Wochen nicht dienstfähig sein, teilte die Essener Polizei am Montag mit.
Verletzt wurden nach Schilderungen von dpa-Reportern auch Demonstranten, etwa durch Pfefferspray. Die Anzahl der verletzten Demonstranten war am Montag noch unklar. Mehrere Vertreter der Aktivisten hatten der Polizei am Wochenende hartes Vorgehen vorgeworfen.
143 Strafanzeigen seien aufgenommen worden – meist wegen Widerstands und tätlichen Angriffs auf Einsatzkräfte. Laut der Mitteilung kamen 22 Demonstranten in Gewahrsam, 2 wurden vorläufig festgenommen. Alle seien inzwischen wieder auf freiem Fuß, so die Mitteilung.
Update 1.7., 12 Uhr: Nach dem AfD-Bundesparteitag in Essen fahndet die Polizei nach den Tätern, die die Polizisten der Bereitschaftspolizei am Samstagvormittag (29.6.) brutal angegriffen haben. Unbekannte Demonstranten hatten am Rande des Parteitags zwei der Polizisten mehrfach vor den Kopf getreten. Außerdem traten sie massiv auf einen der beiden Beamten ein, der bereits auf dem Boden lag. Insgesamt wurden nach den Angaben zufolge neun Beamte verletzt.
Wie die Polizei weiter mitteilt, wertet die Kriminalpolizei jetzt intensiv Videoaufnahmen der Tat aus. Auf einer der Sequenzen sehe man, wie der Haupttäter seine Maske herunterziehe, sodass sein Gesicht zu erkennen ist. Mithilfe der Fotos sucht die Kriminalpolizei nach Zeugen, die Hinweise auf die Identität des Angreifers geben können und fragt: Wer kann Angaben zu dem abgebildeten Tatverdächtigen machen?

AfD-Bundesparteitag in Essen: Keine massiven Gegendemos am Sonntag
Update 30.6., 17.30 Uhr: Neun Wochen vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen präsentiert sich die AfD bei ihrem Parteitag in Essen relativ geschlossen. Nach der überraschend schnellen Neuwahl des 14-köpfigen Parteivorstands mit der Bestätigung der Chefs Alice Weidel und Tino Chrupalla im Amt, umschiffen die Delegierten auch am zweiten Tag des Treffens die ganz kontroversen Themen. Zu massiven Gegendemonstrationen wie beim Auftakt des Parteitags kommt es rund um die Grugahalle nicht mehr. Im verregneten Essen bleibt es am Sonntag ruhig.
Der Thüringer Landesvorsitzende, Björn Höcke, der bei früheren Bundesparteitagen oft das große Wort führte, hält sich dieses Mal zurück. Am Sonntagmittag tritt er erstmals ans Rednerpult, um eine Kandidatin für das Bundesschiedsgericht vorzuschlagen. „Einen wunderschönen Tag in die Grugahalle“, sagt er. Höflicher Applaus. Die von ihm vorgeschlagene Juristin, die nach eigenen Angaben für die AfD-Bundestagsfraktion arbeitet, fragt: „Ist das noch der Rechtsstaat, den wir aus dem Grundgesetz kennen?“. Am Ende unterliegt sie knapp. Eine Rechtsanwältin aus Halle an der Saale, die in Anspielung auf den Slogan „Sachsen-Anhalt – Land der Frühaufsteher“ sagt, sie stamme aus Sachsen-Anhalt, dem „Land der Frühabschieber“, erntet dafür nicht nur Lacher, sondern wird auch ins Bundesschiedsgericht gewählt.
Update 30.6. 11.03 Uhr: Die AfD hat in Essen ihren Bundesparteitag fortgesetzt. Debattiert wird am zweiten Tag des Treffens unter anderem über die außenpolitische Ausrichtung der Partei, etwa mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. In einer Resolution, hinter der auch Parteichefin Alice Weidel steht, heißt es, Deutschland müsse sich stärker von der US-Außenpolitik emanzipieren. Gefordert wird ein Ende der Waffenlieferungen in die Ukraine.
Auf der Tagesordnung steht auch ein Antrag, im AfD-Vorstand den Posten eines Generalsekretärs zu schaffen. Das soll aber dem Antrag zufolge erst ab 2025 möglich sein. Bis 2026 ist der neue Vorstand im Amt, der am Samstag beim Parteitag gewählt wurde. Diesen Tagesordnungspunkt hatten die Delegierten mit einer Wiederwahl von Alice Weidel und Tino Chrupalla an der Parteispitze schneller als erwartet abgeräumt.
Mahnwache am Sonntagmorgen
Update 30.6. 8.50 Uhr: Mit einer Mahnwache in Sichtweite der Grugahalle sollen die Proteste gegen den AfD-Bundesparteitag in Essen an diesem Sonntag fortgesetzt werden. Die Veranstaltung startet um 9 Uhr. Angemeldet sind 500 Teilnehmende. Der am Samstag in der Halle begonnene Parteitag soll um 10 Uhr weitergehen.
Es ist bereits der dritte Protesttag gegen die Parteiveranstaltung. Nach einer Rave-Demo am Freitagabend mit rund 5000 Menschen waren am Samstag mehrere Zehntausend Demonstranten auf die Straße gegangen. Bis Samstagabend zählte die Polizei insgesamt 32 Gegendemonstrationen und -veranstaltungen.
Zwei Polizisten durch Demonstranten schwer verletzt
Update 29.6. 18.25 Uhr: Zwei Polizisten haben einem AfD-Politiker nahe der Grugahalle Geleitschutz gegeben und sind dabei von unbekannten Störern angegriffen worden. „Noch am Boden liegend wurden die Beamten mit Tritten traktiert“, schreibt die Polizei in einer aktuellen Pressemeldung. Die Polizisten wurden schwer verletzt und mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden.
Sieben weitere Polizisten wurden bei dem Angriff ebenfalls verletzt, allerdings nur leicht. Die Täter konnten in der Menschenmenge flüchten. Aktuell wertet die Polizei Videos aus, um die Täter zu identifizieren. Die Polizei sucht nun dringend Zeugen, die Hinweise zu den Flüchtigen geben können. Mögliche Zeugen sollen sich bei der Polizei Essen unter der Telefonnummer 0201 829-0 melden.

Aggressiver Widerstand und bunter Protest
Update 29.6. 17.30 Uhr: Mit einer Mischung aus buntem Protest und aggressivem Widerstand haben Demonstranten in Essen gegen den Beginn des AfD-Bundesparteitags protestiert. Mit Straßenblockaden versuchten Aktivisten am Samstagmorgen, die Delegierten an der Anreise zu hindern. Immer wieder kam es zu Rangeleien mit der Polizei, die setzte teilweise Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Einige Delegierte wurden unter massivem Polizeischutz zu Fuß durch die aufgebrachte Menge in die Grugahalle geleitet, wo die AfD zusammenkam. Elf Polizisten und mehrere Aktivisten wurden verletzt. Der Parteitag begann leicht verspätet.
Ab dem späten Vormittag dominierte dann der friedliche Protest von vielen Bürgern: Zehntausende – darunter viele Familien – beteiligten sich an einer großen Demonstration durch die Stadt. Bei strahlendem Sonnenschein entwickelte sich im beliebten Einkaufs- und Ausgeh-Viertel um die Rüttenscheider Straße anschließend ein buntes Treiben.
Bei einer zentralen Versammlung, die die Stadt Essen am Nachmittag auf dem riesigen Messeparkplatz P2 organisiert hatte, blieben die Teilnehmerzahlen aber deutlich hinter den Erwartungen zurück. Von „kumuliert 25.000 Teilnehmern“ sprach eine Stadtsprecherin – allerdings waren die allermeisten davon nur kurz nach dem Ende des Demozugs dort geblieben und hatten noch vor Beginn des Bühnenprogramms den Heimweg angetreten.

Update 29.6. 16.26 Uhr: Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen sieht die Demokratie unter Druck und hat für Vielfalt, Toleranz und Freiheit geworben. „Wenn Extremisten in unserem Land ihr undemokratisches und menschenfeindliches Weltbild verbreiten, müssen wir, als Demokratinnen und Demokraten, unsere Stimme dagegen erheben“, sagte der CDU-Politiker bei einer Großveranstaltung mit mehreren Zehntausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern in der Ruhrgebietsstadt. Demokratie, Gewaltenteilung, Gleichberechtigung und Rechtsstaatlichkeit seien nicht verhandelbar, betonte er laut Redemanuskript.
„Wir wollen heute gemeinsam für unsere Demokratie, für Freiheit, Vielfalt und Toleranz einstehen und uns klar gegen Ausgrenzung und Extremismus stellen“, sagte der OB am Samstag auf der Veranstaltung in der Nähe der Grugahalle, wo die AfD ihren zweitägigen Bundesparteitag abhält. In Zeiten, in denen „die Stimmen derer, die unsere Demokratie und unsere freiheitliche Gesellschaft offen ablehnen, immer lauter werden, ist es gut so viele Menschen zu sehen, die dagegen ein starkes Zeichen setzen.“ Auch in Essen gebe es keinen Platz für Hass und Hetze.
Ein breites Bündnis beteiligte sich am Samstag an der zentralen Protestversammlung, die die Stadt Essen auf einen Messeparkplatz organisiert hatte.

Update 29.6. 15.25 Uhr: Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat den zehntausenden Protestierenden und der Polizei während des AfD-Parteitags für ihren Einsatz gedankt. „Die vielen tausenden Demonstranten in Essen zeigen: In Nordrhein-Westfalen ist kein Platz für Hetze, Hass und Rechtsextremismus“, sagte der Regierungschef der Deutschen Presse-Agentur am Samstag. „Es ist ein starkes Zeichen der Zivilgesellschaft für unsere Demokratie, dass so viele Menschen gegen Antidemokraten auf die Straße gehen.“
Klar sei aber auch: Gewalt werde nicht akzeptiert. „Jeder kann so hart in der Sache diskutieren, wie er möchte – aber Gewalt darf nie das Mittel der Wahl sein“, stellte der CDU-Politiker klar. Die friedlich demonstrieren Menschen setzten das Zeichen „Herz statt Hetze, Respekt statt Rassismus“. In Essen hält die AfD einen zweitägigen Bundesparteitag bis Sonntag in der Grugahalle ab.
Reul zu Störaktionen: Kritik ist legitim, Krawall nicht
Update 29.6. 15.20 Uhr: NRW-Innenminister Herbert Reul hat gewalttätige Proteste gegen Polizistinnen und Polizisten rund um den AfD-Parteitag in Essen verurteilt und auf die besondere Herausforderung für die Einsatzkräfte hingewiesen. „Seit Wochen befasst sich die Polizei mit diesem Parteitag. Tausende Kräfte sind vor Ort, schützen die Veranstaltung wie übrigens auch die Gegenveranstaltungen. Und das parallel zur EM“, schilderte der CDU-Politiker. Das sei ein massiver Kraftakt. „Wenn ich höre, dass einige Demonstranten unsere Einsatzkräfte dann als „Nazipolizisten“ oder anderweitig beschimpfen, werde ich wirklich wütend“, sagte Reul der Deutschen Presse-Agentur.
„Diese Frauen und Männer stehen da für unsere Demokratie. Sie halten ihren Kopf hin für Sicherheit und Ordnung. Sie schützen die Freiheiten und Rechte der Bürger – und zwar aller Bürger“, stellte er klar. „Was da auf dem Parteitag gesprochen wird, verurteile auch ich. Aber er darf stattfinden. Das ist Demokratie.“
Proteste seien erlaubt. „Aber wer über die Stränge schlägt, wer gewalttätig wird, wer andere in Gefahr bringt, um den werden wir uns kümmern.“ Gewalt „unter dem Deckmantel friedlicher Demonstrationen“ werde nicht hingenommen, sagte der Innenminister, der oberster Dienstherr der Polizei ist. Kritik sei legitim, Krawalle seien es aber nicht.
Weidel und Chrupalla bleiben an AfD-Spitze
Update 29.6. 14.34 Uhr: Tino Chrupalla und Alice Weidel bleiben Chefs der AfD. Der Parteitag in Essen bestätigte beide für die kommenden zwei Jahre mit großem Rückhalt im Amt. Gegenkandidaten gab es keine. Weidel und Chrupalla schlugen sich gegenseitig vor. Zuvor hatten sich die Delegierten mit deutlicher Mehrheit dafür entschieden, dass die Partei weiterhin von einer Doppelspitze geführt werden soll. Auch eine Einzelspitze wäre laut Satzung möglich.
Chrupalla bekam 82,72 Prozent der Stimmen und damit ein deutlich besseres Ergebnis als beim letzten Parteitag vor zwei Jahren in Riesa. Damals hatte der 49-Jährige 53,4 Prozent geholt. „Ich bin wirklich ein Stück weit überwältigt“, sagte Chrupalla nach seiner Wahl. 426 der 531 abgegebenen Stimmen waren „Ja“-Stimmen, 89 Delegierte stimmten mit „Nein“, 16 enthielten sich.
Polizisten bei Störaktionen verletzt
Update 29.06. 13.09 Uhr: Rund um den AfD-Bundesparteitag in Essen sind am Samstag bei Störaktionen von Gegnern mehrere Polizeibeamte leicht verletzt worden. Es handele sich um eine noch nicht genau bekannte Zahl von Polizistinnen und Polizisten im einstelligen Bereich, sagte eine Polizeisprecherin am Mittag. Die Kräfte seien an mehreren Orten in der Stadt bei verschiedenen Störaktionen verletzt worden. Zu Beginn des AfD-Parteitags in der Grugahalle war es auch zu einigen gewalttätigen Aktionen gekommen. Demonstranten hatten sich teilweise vermummt und Einsatzkräfte angegriffen.
Friedlicher Demonstrationszug
Update 29.06. 12.55 Uhr: Ein Demonstrationszug mit vielen Tausend Menschen ist parallel zum Beginn des AfD-Bundesparteitags in Essen laut und friedlich durch die Stadt gezogen. Man gehe von rund 20.000 Teilnehmenden aus, hieß es am Samstag aus dem Innenministerium. Hinzu kämen weitere Protestveranstaltungen mit tausenden Menschen. Das Aktionsbündnis Gemeinsam Laut hatte zu der Großdemonstration aufgerufen. Vom Hauptbahnhof setzte sich am Morgen ein Protestzug in Gang, der sich am frühen Mittag vorbei an der Grugahalle – dem AfD-Tagungsort – zu einem Messeparkplatz bewegte, wo ab Mittag eine Großveranstaltung mit bis zu 45.000 erwarteten Teilnehmerinnen und Teilnehmern stattfinden sollte.
Parteitag hat begonnen
Update 29.06. 11 Uhr: Begleitet von massiven Protesten hat in Essen der AfD-Parteitag begonnen. Delegierte wurden zum Teil unter Polizeischutz von ihren Hotels zum Veranstaltungsort in der Grugahalle gebracht. Gegendemonstranten versuchten, mit Blockaden die Anreise zu verhindern und besetzten in der Umgebung des Veranstaltungsorts, der Grugahalle, Straßen und Kreuzungen.
Blockaden sollen Parteitag verhindern
Update 29.6. 9.40 Uhr: In Essen haben am Samstagmorgen Aktivisten versucht, die Anreise von Delegierten zum AfD-Bundesparteitag zu verhindern. In der Umgebung des Veranstaltungsortes, der Grugahalle, besetzten sie Straßen und Kreuzungen. An einer Autobahnauffahrt saßen mehrere hundert Menschen auf den Fahrbahnen. Eine Sprecherin der Blockade-Aktion „widersetzen“ sprach von „einigen Tausend“ Teilnehmerinnen und Teilnehmern an den Aktionen.
Die Polizei sprach von „mehreren Tausend“ Demonstranten. „Es sind keine Autobahnen blockiert“, betonte ein Sprecher.
Der Parteitag soll um 10.00 Uhr beginnen. Die Polizei ist mit einem Großaufgebot vor Ort. Auch Wasserwerfer-Fahrzeuge waren in Bereitschaft.
Mehrere Bundestagsabgeordnete berichteten, Sie seien von der Polizei am Hotel abgeholt und zum Veranstaltungsort gebracht worden. Einige Delegierte gelangten zu Fuß völlig unbehelligt zur Grugahalle. Von einer Brücke riefen Demonstranten Teilnehmern des AfD-Parteitags und Journalisten zu: „Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda.“

Demonstranten wollen Sperre überwinden
Update 29.6. 9.10 Uhr: Wenige Stunden vor Beginn des AfD-Bundesparteitags in Essen hat es am Samstagmorgen gegen 5.45 Uhr einen ersten Zusammenstoß von Demonstranten mit der Polizei gegeben. Eine größere Personengruppe habe versucht, eine Sperrstelle zu überwinden, berichtete eine Polizeisprecherin. Dies sei unter Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken von Kräften einer Hundertschaft verhindert worden. Ob es aufseiten der Demonstranten Verletzte gab, wurde zunächst nicht bekannt. Zuvor sei die Nacht zum Freitag insgesamt ruhig gewesen, sagte die Sprecherin weiter.
„Bass gegen Hass“: Rave-Demo am Freitag vor AfD-Parteitag
Update 28.6. 20.08 Uhr: Unter dem Motto „Bass gegen Hass“ haben in Essen nach Angaben des Veranstalters zwischen 4.000 und 5.000 Menschen gegen die AfD protestiert. Bei der Rave-Demo, die vom Essener Hauptbahnhof in Richtung Süden zum Messegelände zog, legten am Freitagabend szenebekannte DJs auf und fuhren auf Musiktrucks zur Grugahalle. Dort trifft sich die AfD am Samstag und Sonntag zu ihrem Bundesparteitag. Die Polizei sprach gegen 20.00 Uhr von einem friedlichen Verlauf. Zur Teilnehmerzahl will sich die Polizei erst nach der Abschlusskundgebung äußern.
Vernagelte Fenster, massive Kontrollen vor dem AfD-Parteitag
Update 28.6. 17.43 Uhr: Vernagelte Fenster, geschlossene Geschäfte, massive Polizeikontrollen: Vor dem AfD-Parteitag an diesem Wochenende in Essen haben die Sicherheitsvorkehrungen den beliebten Einkaufs- und Ausgeh-Stadtteil Rüttenscheid schon am Freitag teilweise lahmgelegt. Bewohner kamen nur noch zu Fuß und nach einer Ausweiskontrolle in ihr Zuhause. Autofahrer mussten die Grugahalle, in der sich die AfD am Samstag und Sonntag trifft, weiträumig umfahren. Über der Stadt kreiste ein Polizeihubschrauber. Auch der beliebte Grugapark mit dem großen Freibad war aus Sicherheitsgründen nicht mehr geöffnet.
„Unfreiwillig geschlossen“war auf einem Schild in einem Geschenkeladen an der eigentlich sehr belebten Rüttenscheider Straße zu lesen. „Wenn die Kunden sowieso nicht zu uns kommen, kann ich den Laden auch gleich zu lassen“, sagte eine sichtlich genervte Einzelhändlerin. An einigen Ladenlokalen waren aus Angst vor Ausschreitungen Bretter vor die Schaufenster geschraubt.

Update 28.6. 17.40 Uhr: Einige Kilometer außerhalb der Stadt auf einer Freifläche an der Ruhr füllte sich am Freitag ein Zeltlager für Demonstranten. Das „Camp gegen Rassismus“ war ursprünglich an einer zentraleren Stelle geplant, wurde dort aber wegen Sicherheitsbedenken von der Polizei untersagt – sehr zum Ärger der Veranstalter. Nun müssen die bis zu 4000 Aktivisten ihre Zelte auf einer Wiese an der Stadtgrenze zu Bochum aufschlagen.
AfD-Parteitag in Essen: 100.000 Demonstranten erwartet
Update 28.6. 17.33 Uhr: Im Laufe des Wochenendes rechnet man bei dem umstrittenen AfD-Bundesparteitag in Essen mit bis zu 80.000 Demonstranten, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Es könnten auch 100.000 werden, ergänzte ein Ministeriumssprecher am Freitag.
Ein besonderes Auge lege die Polizei auf rund 1000 Linksextremisten, die in Essen erwartet werden. Aus der Szene gibt es Ankündigungen, den Parteitag auch mit gewalttätigen Aktionen möglichst zu verhindern. Die Polizei zeigte am Freitag an zentralen Stellen in der Stadt bereits deutliche Präsenz.
Warum ist der Parteitag so umstritten?
Monatelang hat die Stadt Essen nach Möglichkeiten gesucht, den Anfang 2023 mit der AfD abgeschlossenen Mietvertrag für die Grugahalle doch noch zu kündigen – und den Parteitag so zu verhindern. Schließlich forderte die Stadt von der AfD eine Verpflichtung, dass während des Parteitags keine strafbaren NS-Parolen verwendet werden – bei Verstößen sollten 500.000 Euro Strafgeld drohen. Die AfD verweigerte das und zog gegen die daraufhin ausgesprochene Kündigung des Mietvertrags vor Gericht. Mit Erfolg: Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen urteilte, dass die Stadt die AfD nicht anders behandelt dürfe als andere politische Parteien.
Worum wird es auf dem Parteitag inhaltlich gehen?
Vor allem ums Personal: Die Co-Chefs Alice Weidel und Tino Chrupalla wollen die Partei nach zwei Jahren an der Spitze weiter führen. Zwar landete die AfD bei der Europawahl mit 15,9 Prozent weit unter dem, was noch am Jahresbeginn für möglich gehalten wurde – und es gibt Unzufriedenheit auch mit der Parteiführung. Gegenkandidaten haben sich bisher aber nicht öffentlich in Stellung gebracht. Theoretisch möglich wäre es auch, dass sich die Delegierten dafür entscheiden, die AfD künftig von nur noch einer Person führen zu lassen. Die Wahrscheinlichkeit dafür wurde vorab aber als eher gering eingeschätzt.
mit dpa