
Update 16.6., 18.30 Uhr: Die Stadt Essen gibt ihren Widerstand gegen den geplanten AfD-Bundesparteitag in der Grugahalle auf. Die Fraktionen hätten sich darauf verständigt, nicht mehr weiter gerichtlich gegen den Parteitag am 29. und 30. Juni vorzugehen, sagte eine Sprecherin der Stadt. Die „WAZ“ hatte berichtet.
Die Stadt Essen habe nun entschieden, nicht in die nächsthöhere Instanz zu gehen, sagte die Sprecherin. Ein bisher noch ausstehender Verhandlungstermin am Landgericht Essen an diesem Montag wurde nach Angaben der Stadt und der AfD aufgehoben. Dort sollte es ebenfalls um die Auseinandersetzung gehen.
Streitpunkt NS-Parolen
Die Messe hatte von der AfD ursprünglich eine Selbstverpflichtung eingefordert, wonach diese die Verantwortung für eventuell geäußerte strafbare NS-Parolen auf dem Parteitag übernehmen sollte. AfD-Vize Peter Boehringer hatte dagegen argumentiert, es sei unmöglich, „bei 1800 Teilnehmern und externen, parteifremden Besuchern einer Veranstaltung jede strafrechtlich heikle Wortmeldung vorab kennen und verhindern zu können“. Durch das Einlenken der Stadt aufgrund des Verwaltungsgerichtsurteils wird nun auch diese juristische Auseinandersetzung nicht weiter geführt. Auf Anweisung der Stadt hat die Messe Essen den Anspruch der AfD auf Zugang zur Grugahalle auch ohne Selbstverpflichtungserklärung anerkannt.
Die AfD will auf dem Parteitag am letzten Juni-Wochenende unter anderem den Vorstand neu wählen. Gegen das Treffen haben zahlreiche Organisationen Widerstand angekündigt. Die Polizei rechnet mit mehreren Zehntausend Teilnehmern bei den Gegendemonstrationen – es wären die größten Proteste in der Stadt seit langer Zeit.
Update 15.6., 21 Uhr: Der Oberbürgermeister Thomas Kufen und weitere Politiker aus dem Essener Stadtrat haben nach Angaben der WAZ am Samstag (15.6.) beschlossen, sich dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen zu beugen und den geplanten AfD-Bundesparteitag in der Grugahalle stattfinden zu lassen. Damit sind eine Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster und eine Fortsetzung des Streits in der nächsten Instanz vom Tisch.
AfD darf Essener Grugahalle für Parteitag nutzen
Im Rechtsstreit um den geplanten Bundesparteitag der AfD Ende Juni in Essen hat die Partei einen ersten Sieg erreicht: Die Stadt muss der AfD die städtische Grugahalle zur Verfügung stellen – so hat es das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen am Freitag (14.6.) entschieden. Die Stadt hatte den Mietvertrag für die Halle vergangene Woche gekündigt. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster einlegen.
Der Streit um den Bundesparteitag ist ebenfalls noch anhängig am Landgericht Essen. Über die Zivilklage will das Gericht am Montag in mündlicher Verhandlung entscheiden.
Die AfD nannte die Verwaltungsgerichts-Entscheidung in einer Erklärung am Freitag „nachvollziehbar und richtig“. In der Begründung verwies die 15. Kammer auf den Anspruch der AfD auf Gleichbehandlung. Sie dürfe nicht anders behandelt werden als andere politische Parteien. In der Vergangenheit hatten zahlreiche andere Parteien Parteitage in der Grugahalle abgehalten.
Streit zwischen AfD und Stadt Essen: Stadt sieht „fortschreitende Radikalisierung“
Die Stadt hatte die Vertragskündigung mit einer von ihr beobachteten „fortschreitenden Radikalisierung“ der AfD begründet und auf die Verurteilung des thüringischen Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke wegen der strafbaren Verwendung der SA-Losung „Alles für Deutschland“ verwiesen. Es gebe „konkrete Anhaltspunkte“, dass bei dem Parteitag ähnliche Äußerungsdelikte zu erwarten seien, so die Stadt, die sich dabei auf ein Gutachten des Soziologen Andreas Kemper stützt.
Um solche Äußerungen beim Parteitag zu verhindern, verlangte der Stadtrat eine Selbstverpflichtung der AfD – was diese verweigerte. Daraufhin wurde der Vertrag gekündigt.
Das Gericht entschied, die Nutzung dürfe der AfD nur versagt werden, wenn die Gefahr strafbarer Handlungen bestehe. Bei der Beurteilung dieser Frage müsse allerdings im Fall von politischen Parteien ein strenger Maßstab angelegt werden. Das Gericht konnte keine hinreichende Tatsachengrundlage dafür erkennen, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Rechtsverletzungen kommt.
Eine weitere Klage der Essener AfD-Stadtratsfraktion, die sich unter anderem auf formale Bedenken wegen der Ladungsfristen für den entscheidenden Beschluss im Stadtparlament bezog, lehnte das Gericht ab.
dpa